Die Relevanz des Forderungsverkaufs für die Liquiditätsoptimierung und die Risiko-Mitigation hat in den vergangenen Jahren und infolge der weltweiten Finanzkrise im europäischen Raum stark zugenommen. Dabei hat sich das Anforderungsprofil an ein Forderungsfinanzierungsprogramm nicht nur aufgrund immer komplexer werdender internationaler Lieferketten geändert.
Das zeigt das Beispiel des MDax-Unternehmens Knorr-Bremse, ein Automobilzulieferer für Brems- und weitere Systeme für Schienen- und Nutzfahrzeuge. Knorr-Bremse setzte auf ein vollautomatisiertes Multibankforderungsfinanzierungsprogramm. Dabei war das Thema Flexibilität für den Zulieferer enorm wichtig. Der Zeitpunkt und die Höhe des Forderungsverkaufs sollten jederzeit vollständig flexibel gesteuert werden können, um Risiken rechtzeitig mitigieren und das Working Capital optimal steuern zu können.
Transparenz und Skalierung benötigt
Dazu benötigt es Transparenz und Skalierung. So spielt das Aufbrechen der Wertschöpfungskette bei einem Forderungsverkauf ebenfalls eine immer wichtigere Rolle für das Treasury. Die technische Infrastruktur sollte von der Finanzierung getrennt werden, um mehr Transparenz auf der Kostenseite zu generieren.
Plattformen können wettbewerbsorientierte Finanzierungsbedingungen, die durch den Forderungsverkäufer gesteuert werden können (zum Beispiel maximal akzeptierter Banken-Spread), ermöglichen. Zudem besteht immer wieder die strategische Notwendigkeit, im Rahmen der internationalen Skalierung zusätzliche Finanzierungspartner, Jurisdiktionen oder Währungen einfach und unkompliziert hinzuzunehmen.
Die aktuelle Marktsituation zeigt sehr deutlich, wie wichtig die flexible und skalierbare Cashflow-Steuerung mit einer verlässlichen Finanzierungsstruktur ist. Die Finanzierungspartner sollten aus einem großen Pool frei wählbar sein, damit die Gesamtabdeckung der zu verkaufenden Debitorenrisiken gewährleistet ist. Zudem sollten diese im Wettbewerb miteinander stehen, um ein attraktives Pricing sicherzustellen oder bei Bedarf exklusive Zuteilungen für ein aktives Wallet Sharing zu ermöglichen.
Im Vergleich zu traditionellen Banken- und Factoringansätzen ziehen dazu Unternehmen auch Fintech-Lösungen hinzu. Diese automatisieren zusätzlich relevante Prozesse, wie beispielsweise die Verbuchung von verkauften Forderungen im ERP-Accounting-System des Unternehmens.
Weiterer Baustein in Digitalisierungsstrategie von Knorr-Bremse
Seitens Knorr-Bremse war das Forderungsfinanzierungsprogramm ein weiterer bedeutender Baustein der unternehmensweiten Digitalisierungsstrategie, die der Finanzbereich seit einiger Zeit treibt.
Ein weiterer Vorteil durch ein Multibankforderungsfinanzierungsprogramm ist die identische Vertragsdokumentation für alle Finanzierungspartner. Dabei können verschiedene jurisdiktionsspezifische Anforderungen zu Beginn, aber auch zu einem späteren Zeitpunkt flexibel aufgenommen werden, um einen regresslosen Forderungsverkauf samt Bilanzabgang sicherstellen zu können.
Hintergrund für die Aufnahme eines Multibankforderungsfinanzierungsprogramms seitens des Automobilzulieferers Knorr-Bremse waren die Risiko-Mitigation von Debitorenrisiken sowie die flexible Optimierung des Cash Conversion Cycle. Der Vorteil für Finanzierungspartner bei solchen Programmen liegt insbesondere in der Fokussierung auf Debitorenrisiken, Jurisdiktionen und Währungen, in denen Kreditappetit vorhanden und die eigene Wettbewerbsfähigkeit gegeben sind.
Autor
Tim Kallenborn ist Head of Sales bei der CRX Markets AG in München.
Kontakt: kallenborn[at]crxmarkets.com