Warum Private Equity die Festivalbranche liebt

Private Equity hat die Festivalbranche für sich entdeckt. Und das nicht erst seit der 1,3 Milliarden Euro schweren Übernahme von Superstruct Entertainment, der Firma hinter Festivals wie Wacken oder Parookaville, durch KKR und Providence. Das Potential der Branche ist immens: Festivals wie Wacken sind innerhalb der ersten Stunden direkt für das nächste Jahr ausverkauft. Dieses Jahr sollen allein im deutschen Konzert- und Festivalmarkt fast 1,6 Milliarden Euro umgesetzt werden – Tendenz steigend. „Seit dem Ende der Corona-Pandemie wollen die Menschen wieder mehr im echten Leben zusammenkommen. Sie wollen Abenteuer erleben und Erinnerungen schaffen“, sagt Lorrain de Silva. Er ist Managing Director bei Best Nights VC (BNVC), der Venture Capital Investment-Einheit von Jägermeister. Mit BNVC investiert er in Technologie-Startups, die weltweit und rund um das Nachtleben operieren, wie beispielsweise das Start-up Woov, das mittels künstlicher Intelligenz die Festivalperformance und mit einer Festival-App das Kundenerlebnis auf den Events verbessern will. Doch während sich KKR von der Superstruct-Übernahme ein erfolgreiches Investment erhofft, scheitern andere Private-Equity-Investoren mit Investments in der Branche. So etwa vor kurzem Beyond Capital Partners mit Big City Beats, das Unternehmen hinter dem World Club Dome in Frankfurt. Big City Beats musste Anfang Juli Insolvenz anmelden, wie FINANCE damals exklusiv berichtete. Trotz der teils schwierigen Rahmenbedingungen scheint das Interesse von Private Equity an Festivalbetreibern dennoch ungebrochen. Woran liegt das? Private Equity bevorzugt breites Portfolio von Festivals Punkt eins: das Margenprofil der Festivalveranstalter. Die Margen sollen vor allem bei großen Festivals und Festivalverbunden gut sein und können Branchenexperten zufolge auch noch weiter optimiert werden, unter anderem mit der verstärkten Nutzung von Technologien, wie es beispielsweise das Start-Up Woov mit dem Einsatz von KI versucht, der Verbesserung von Sanitäranlagen oder dem Einführen von eigenen Ticketing-Systemen. Info Während Metalfans im Jahr 2011 für Wacken-Tickets rund 130 Euro gezahlt haben, lag der Preis für die diesjährige Ausgabe bei 333 Euro. Und die happigen Preiserhöhungen dürften nicht nur auf Inflationseffekte und steigende Kosten zurückzuführen sein. Einnahmen durch Tickets, Sponsoring und Essen sowie Getränke sind gut skalierbar, wie man aus Investorenkreisen hört – gerade, wenn Fonds wie KKR in ein ganzes Festivalportfolio investieren und nicht nur in ein einzelnes Event. Denn im Verbund kommen Synergie- und Skaleneffekte ins Spiel. Wenn, wie bei Superstruct, über 80 Festivals zum Portfolio gehören, können beispielsweise Rabatte bei Dienstleistern für den Aufbau oder das Servicepersonal herausgehandelt werden. Ein weiterer Vorteil eines breiten Portfolios: Fällt ein Festival mal aus, lässt sich der Verlust durch die anderen Festivals gut auffangen. Hinzu kommt, dass das „disruptive Potential“ der Branche von Private Equity als relativ gering eingeschätzt wird. „Das Erleben von Live-Musik wird immer eine analoge Erfahrung bleiben, weil die Menschen genau das wollen: Momente von Gemeinschaft spüren. Das Grundkonzept Live-Musik wird sich deshalb nicht großartig verändern“, ist Johannes Everke, Geschäftsführer des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, überzeugt. Die Branche scheint damit per se zukunftssicher und bis auf wenige Ausnahmen – wie etwa die Corona-Lockdowns – relativ krisenfest. Coronakrise machte Big City Beats zu schaffen Doch wenn das Erleben von Musik einen so wichtigen Stellenwert für Menschen hat, was war dann das Problem bei Beyond Capital Partners und Big City Beats? Ein anonymer Marktbeobachter bringt die Fokussierung von Beyond auf Big City Beats ins Spiel: „Während Unternehmen wie Superstruct eine Vielzahl von Festivalmarken unter einem Dach vereinen, ist Big City Beats hauptsächlich für den World Club Dome bekannt. In den vergangenen Jahren startete der Betreiber zwar verschiedene Events unter der Marke. Die Synergieeffekte dürften trotzdem weitaus geringer ausgefallen sein als bei Konkurrenten.“ Daneben hört man im Markt aber auch, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Big-City-Beats-Gründer Bernd Breiter, der als Enfant Terrible innerhalb der Szene gilt, und Beyond Capital Partners nicht immer einfach gewesen sein soll. Hat der World Club Dome ein Standortproblem? Vielleicht war aber auch das Konzept des World Club Dome an sich ein Problem. Im Gegensatz zu anderen Festivals soll die Miete einen deutlich größeren Kostenpunkt darstellen als bei anderen Festivals, hört man von Insidern. Denn der World Club Dome findet, im Gegensatz zu Festivals wie Wacken, nicht auf einem Acker statt, sondern in der Spielstätte von Eintracht Frankfurt, dem Deutsche-Bank-Park und kann damit als sogenanntes Inner-City- oder Urban-Festival kategorisiert werden. Das ist Fluch und Segen zugleich: Inner-City-Festivals sind vor allem durch die einfache Erreichbarkeit attraktiv. Begeistern die Headliner oder die Qualität des Festivals jedoch nicht, kann es schnell an Anziehungskraft verlieren. Denn Festivalbesucher der Inner-City-Events sind der Veranstaltung in der Regel bei weitem nicht so treu, und mit ihnen lassen sich meist geringere Umsätze für Verpflegung oder Unterbringung erzielen. Warum kleine und ganz große Festivals am besten performen Anders ist es bei kleineren Festivals mit Besucherzahlen in den niedrigen bis mittleren Tausenderzahlen, die meistens etwas außerhalb von Metropolen stattfinden und eine hohe Wichtigkeit für die entsprechende Community besitzen. Festivalbesucher strömen die Veranstaltungs-Location oft für mehrere Tage, zelten vor Ort und machen auch von den Verpflegungsoptionen Gebrauch – mitten in einer Großstadt ist das eher weniger eine Option. „Top of the market“-Events mit Hunderttausenden Zuschauern haben dafür den Vorteil, dass die Marke allein schon eine große Strahlkraft hat und in der Regel automatisch für großes Interesse sorgt, meist sogar unabhängig von den Headlinern. Verbandsgeschäftsführer Everke fasst zusammen: „Events wie das Wacken Open Air sind moderne Pilgerstätten. Die Menschen kommen aus der ganzen Welt, um für mehrere Tage Teil einer Community zu sein. Bei urbanen Festivals, wo nicht gecampt wird, ist dieses Community-Gefühl schwerer zu erreichen.“ Das muss Private Equity bei Festival-Investments beachten „Die Festivalbranche ist eine hochspannende Branche für Private Equity“, fasst Venture-Capital-Investor de Silva zusammen. Seiner Meinung nach sind dabei sowohl die Event-Veranstalter als auch Infrastrukturanbieter rund um ein Festival interessante Übernahmeziele. Sein Tipp für neugierig gewordene Private-Equity-Investoren: „Man sollte das eigene Portfolio divers aufstellen und, wenn möglich, nicht nur in ein Festival oder eine Festivalreihe investieren. Das minimiert das Risiko.“ Trotz Diversifikation bleiben gewisse Restrisiken aber bestehen. Eine neue Pandemie oder zunehmende Extremwetterereignisse sind Risiken, denen sich Private Equity bewusst sein muss.

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