Unicredit setzt mit Übernahmeplänen auf Größe

Die italienische Großbank Unicredit überraschte im Herbst mit zwei großen, öffentlichen Deals: dem Einstieg bei der Commerzbank und dem Übernahmeangebot für die italienische Konkurrentin Banco BPM. Beides fiel in den Zeitraum weniger Wochen. Ein Blick auf das Umfeld und die Zahlen zeigt: Der Antrieb der Unicredit dürfte in beiden Fällen unterschiedlich gelagert sein, das Ziel jedoch ist identisch: Die Bank will sich im europäischen Wettbewerb weiter stärken. Crédit Agricole hat Anteile an BPM erhöht Mit beiden Vorhaben stößt sie jedoch auf politischen Widerstand. Bei der BPM mit Hauptsitzen in Mailand und Verona ist Mitte Dezember zudem die französische Wettbewerberin Crédit Agricole auf den Plan getreten: Sie erhöhte ihren Anteil an der BPM von 9,9 auf 15,1 Prozent. In Deutschland sorgte die Unicredit im September für Aufsehen, als sie einen Teil des Aktienpakets an der Commerzbank erwarb, das die Bundesrepublik seit der Finanzkrise hielt. Zusätzlich kaufte sie am Markt Aktien hinzu und kommt so aktuell auf gut 9,5 Prozent. Darüber hinaus haben sich die Mailänder über Finanzinstrumente weitere 11,7 Prozent an der Commerzbank gesichert. Die Strategie dürfte insbesondere auf das deutsche Firmenkundengeschäft abzielen, in dem eine Kombination aus Unicredits Deutschlandtochter Hypovereinsbank und Commerzbank auf lange Sicht zum Branchenprimus aufsteigen könnte. Doch auch ein Vergleich der Geschäftszahlen in den Heimatländern der beiden Institute, Italien und Deutschland, ist erhellend. Die Unicredit bezifferte ihre Einnahmen im Heimatmarkt 2023 auf knapp 10,9 Milliarden Euro und kam netto auf einen operativen Gewinn von rund 6,6 Milliarden Euro. Die Commerzbank wies in ihrer Länderberichterstattung für Deutschland einen Umsatz von 8,4 Milliarden aus und kam auf einen Gewinn vor Steuern von 3,1 Milliarden Euro. Unicredit erzielte in Italien mehr als 6,5 Milliarden Euro Gewinn Externer Inhalt von Datawrapper Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen. Immer entsperren Einmalig entsperren Beim Personal lagen die beiden Banken in ihrem jeweiligen Kernmarkt, in dem auch die Konzernzentralen liegen, nicht weit auseinander: die Commerzbank bei knapp 24.500 Beschäftigten, die Unicredit bei etwa 26.700. Diese Angaben zu Einnahmen, Gewinn und Personal in den Geschäftsberichten 2023 sind nicht völlig vergleichbar. Dennoch zeigen sie: Die italienische Großbank ist in ihrem Heimatmarkt deutlich effizienter als die Commerzbank hierzulande. Bei der Suche nach Synergien würde Unicredit mutmaßlich an dieser Stellschraube drehen. Unicredit dürfte zu Einschnitten bereit sein Das spiegelten in den vergangenen Monaten auch Analystenberichte wider. Die Investmentbank Keefe, Bruyette & Woods (KBW) etwa verwies darauf, dass das Management des Mailänder Instituts einen Großteil seiner Aufmerksamkeit darauf verwende, die Werthaltigkeit des Unternehmens für die Aktionäre zu stärken. Das führe zu einer größeren Bereitschaft, leistungsschwache Bereiche zu verändern. Auch die politischen Vorbehalte in Deutschland gegen die Transaktion führen die Sicherheit der Arbeitsplätze bei der Commerzbank ins Feld. Eine gewisse Rolle in der Strategie der Unicredit könnte auch spielen, dass die Commerzbank in Polen mit der MBank präsent ist. Die Mailänder selbst sind in Zentral- und Südosteuropa sowie in Russland stark mit eigenen Tochterunternehmen vertreten, hatten sich aber aus Polen 2016/17 zurückgezogen. Damals verkaufte Unicredit ihren Minderheitsanteil von 32,8 Prozent an der Bank Pekao für 2,5 Milliarden Euro an den Versicherer PZU und den polnischen Entwicklungsfonds PFR; weitere 7,3 Prozent gab sie über die Börse ab. Die Coba-Tochter MBank könnte das Osteuropa-Netzwerk der Unicredit ergänzen Externer Inhalt von Datawrapper Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen. Immer entsperren Einmalig entsperren Im Sommer nun kehrte Unicredit indirekt auf den Markt zurück, indem sie in einem Paket den polnischen Banking-as-a-Service-Dienstleister Vodeno sowie die belgische Aion Bank erwarb und dafür 370 Millionen Euro ausgab. Anders gelagert dürfte das Interesse der Unicredit an der drittgrößten italienischen Bank sein, der BPM. Zwar geht es Unicredit bei ihrem Angebot ebenfalls darum, ihre „Wettbewerbsposition zu stärken“, doch im Fokus steht in diesem Fall eher das Retail-Banking. Dort liegt der Löwenanteil des BPM-Geschäfts, das Firmenkundengeschäft machte 2023 mit rund 920 Millionen Euro einen überschaubaren Teil der Gesamteinnahmen von 5,3 Milliarden Euro aus. BPM dreht selbst am Transaktionsrad Die Banco BPM lehnt das Angebot seit Herbst ab, schob aber selbst zwei Transaktionen an: Sie kaufte sich mit 5 Prozent bei der Wettbewerberin Banco Monte dei Paschi di Siena (MPS) ein und unterbreitete ein öffentliches Übernahmeangebot für den italienischen Asset Manager Anima – aus eigenkapitalrechtlichen Gründen über ihre Versicherungstochter Banco BPM Vita. An diesem hält die BPM bereits 22,3 Prozent. Unicredit ist in Zentral- und Osteuropa stark vertreten Externer Inhalt von Datawrapper Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen. Immer entsperren Einmalig entsperren Das Übernahmeangebot durch Unicredit ist also eingebettet in ein Transaktionsumfeld im italienischen Markt, und die Mailänder Großbank lässt sich den Schritt einiges kosten: Allein für die Integration der BPM veranschlagt sie 2 Milliarden Euro – im ersten Jahr. Unicredit hat den europäischen Wettbewerb im Blick Unicredit ordnet das Angebot jedoch auch als Schritt im europäischen Wettbewerb der Finanzinstitute ein, denn der Zusammenschluss werde zu einer „dringend nötigen Konsolidierung des europäischen Bankenmarkts ermutigen“, schrieb das Institut in einer Mitteilung. Damit gerät sie der französischen Wettbewerberin Crédit Agricole ins Gehege, die in der Folge Mitte Dezember ihren Anteil an der BPM deutlich ausbaute. Eine Parallele zur Commerzbank bleibt: Die BPM wies für 2023 Einnahmen von 5,3 Milliarden Euro aus, also grob halb so viel wie die Unicredit in Italien. Sie beschäftigte aber mehr als 19.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, also mit Blick auf die anderen Kennzahlen deutlich mehr als die Unicredit. Auch im Übernahme-Szenario der norditalienischen Bank durch Unicredit rückt damit die Sicherheit von Arbeitsplätzen in den Fokus.

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