Braucht die DFL einen Finanzinvestor? Ein FINANCE-Pro & -Contra

Pro: „Die strategische Partnerschaft ist eine gute Idee” Philipp Hafner Aller guten Dinge sind bekanntlich drei – so hoffentlich auch im Fall der am 11. Dezember anstehenden Abstimmung der 36 deutschen Bundesligaklubs über den Einstieg eines Private-Equity-Investors. Nach den gescheiterten Versuchen 2021 und Mitte dieses Jahres soll – manch einer sagt: muss – es diesmal klappen. Die Vorzeichen stehen dem Vernehmen nach gut, das neue Geschäftsführerduo Marc Lenz und Steffen Merkel hat sich in den vergangenen Wochen wohl ausreichend Rückhalt der bis dato renitenten Vereine, zu denen etwa der 1. FC Köln und der SC Freiburg gehören, gesichert. Besänftigt haben dürfte Letztere insbesondere die abgespeckte Variante des Deals: Statt wie zuletzt zwei Milliarden Euro, steht nun eine Finanzspritze in Höhe von 800 Millionen bis hin einer Milliarde Euro im Raum – mit entsprechend weniger Einfluss und Mitspracherechte der gerade bei den Fans hochumstrittenen Investoren. Dass es derer gleichwohl bedarf, ist ein offenes Geheimnis. Mehr zum Thema Vielleicht sollte die DFL doch zur Bank gehen Die Deutsche Fußball Liga scheiterte mit ihren PE-Plänen spektakulär. Kein Problem, meint unser Kolumnist Peter-Thilo Hasler. Die DFL sollte einfach zur Bank gehen. Mehr lesen DFL kämpft mit sinkenden TV-Einnahmen Wie prekär die Lage ist, zeigt exemplarisch der Blick auf die DFL-Haupteinnahmequelle „TV-Gelder“. Hier steht im nächsten Jahr die Neuvergabe der Übertragungsrechte für die Jahre 2025 bis 2029 an. Momentan kassieren die 36 Bundesligavereine noch insgesamt 1,1 Milliarden Euro pro Saison – in Vor-Pandemiezeiten waren es sogar mal bis zu 1,4 Milliarden Euro gewesen. Nun steht Insidern zufolge zu befürchten, dass es künftig eher 800 bis 900 Millionen Euro je Spielzeit sein werden. Dieser Abwärtstrend ist mit einem Festhalten am Status quo nicht zu stoppen: Der Heimatmarkt ist (über)sättigt, zudem haben die angeschlagenen Rechteinhaber Sky und Dazn mit eigenen Problemen zu kämpfen. Potential bietet das Ausland – zumindest in der Theorie: In Nordamerika oder China etwa wächst das Interesse am Fußball dynamisch, die Bundesliga wirkt hier im Wettbewerb mit starken Marken wie der britischen Premiere League oder der spanischen LaLiga bislang extrem blass. So wundert es auch nicht, dass hochpotente Streaming-Dienstleister wie Apple oder Amazon, die künftig auch beim Fußball den Ton angeben wollen, sich bislang nicht für einen Einstieg ins Bundesligageschäft begeistern ließen. An dieser Stelle ein neues Image mit mehr Schlagkraft für die Bundesliga zu erarbeiten, wird die gemeinsame Aufgabe von DFL und Investor sein. Dass Letzterer dabei von rein monetären Motiven geleitet wird, mag Fußball-Romantiker zur Weißglut bringen – wirklich rational ist es bei nüchterner Betrachtung nicht. Private-Equity-Vorbilder Spanien und Frankreich In Spanien und Frankreich etwa, wo unlängst der Private-Equity-Investor CVC an Bord geholt wurde, der auch hierzulande zu den Favoriten für den Zuschlag zählt, war der Widerstand zu Beginn ebenfalls groß. Doch der Ball rollt wie gewohnt weiter – mit mehr Geld für clubindividuelle Anliegen sowie zukunftsweisenden Gemeinschaftsprojekten. Die DFL-Pläne deuten diesbezüglich auf einen guten Mix hin: Anstatt den Löwenanteil der Investorengelder via dem gerade bei kleinen Vereinen unbeliebten Verteilerschlüssel direkt an die Klubs zu überweisen, sollen rund zwei Drittel für Gemeinschaftsprojekte, vor allem im Bereich Digitalisierung, zur Verfügung stehen. Eine gute Idee, denn da besteht für deutsche Vereine massiver Nachholbedarf: Wo bleiben die Tik-Tok-Kurzvideos direkt aus der Kabine, Vlog-Contents oder Blockchain-basierte Collectibles, wie sie Fans von ManCity, Barca oder PSG längst gewohnt sind? Solche Innovationen würden sicher auch ganz schnell die vielen aufgewühlten Fanseelen in Deutschland besänftigen. Contra: „Ein Investor löst das Hauptproblem nicht” Falk Sinß Neue Abstimmung, neues Glück. Immerhin: Im Vergleich zum gescheiterten Votum ein halbes Jahr zuvor, sind die größten Kritikpunkte der Klubs, die gegen eine strategische Partnerschaft mit Private Equity gestimmt hatten, abgeräumt. Es geht um weniger Anteile und weniger Geld zum Verteilen. Und ebenso wichtig: Der Investor soll keinen Einfluss auf die Spieltagsgestaltung haben. Doch ob diese roten Linien in der Praxis tatsächlich so wirksam sind, ist zweifelhaft. Die 50+1-Regel zum Beispiel soll verhindern, dass ein Investor bei einem Verein das letzte Wort hat. Wie gut diese Regel funktioniert, hat Hertha BSC nach dem Einstieg von Lars Windhorst erlebt und letztlich mit dem Abstieg bezahlt. Ein Investor will Einfluss haben Auch in der Wirtschaft zeigt sich immer wieder, welche Wucht die Forderungen von Investoren auf Unternehmensspitzen haben können, selbst wenn der Investor nur ein paar Prozent Anteile hält. Wer wirklich glaubt, Blackrock, Bridgepoint, Advent, CVC oder EQT, die immer wieder als Interessenten genannt werden, würden sich nach einem Einstieg 20 Jahre lang komplett zurückhalten, auch wenn es nicht wie gewünscht laufen sollte, ist zumindest naiv. Genauso naiv ist die Vorstellung, die Bundesliga könnte mit höheren Erlösen aus der Auslandsvermarktung zur Premier League aufschließen. Dieser Zug ist schon lange abgefahren. Oder glauben die Verantwortlichen der DFL wirklich, ein Spiel zwischen dem 1. FC Heidenheim und der TSG 1899 Hoffenheim wird in Asien oder den USA irgendjemanden vom Hocker hauen, wenn sich schon hierzulande nur die wenigen Die-Hard-Fans dafür interessieren? Geld schießt doch Tore Das ist natürlich kein Argument gegen den Aufbau einer Streaming-Plattform und einer strategischen Partnerschaft mit einem Investor. Aber dieser Deal, sofern er dieses Mal überhaupt durchkommen sollte, ändert nichts am Hauptproblem der 1. Bundesliga: der schwindenden Produktqualität. Geld schießt Tore. Und Geld ist in der Bundesliga sehr ungleich verteilt. Während Branchenprimus FC Bayern München mit einem Personaletat von fast 350 Millionen Euro in der Saison 2021/2022 operieren konnte, standen dem VfL Bochum als Verein mit dem geringsten Personaletat rund 31 Millionen Euro zur Verfügung. Das sind nur 6 Millionen Euro mehr als Top-Torjäger Harry Kane aktuell verdienen soll. Jetzt mag Bochum traditionell zu den eher finanzschwächeren Vereinen gehören, doch auch der Abstand zur Nummer 2 beim Personalaufwand, Borussia Dortmund, ist gewaltig; er beträgt 117 Millionen Euro. Damit liegt der BVB aber immerhin noch rund 65 Millionen Euro vor dem Drittplatzierten, Rasenballsport Leipzig, der 165 Millionen Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr ausgab. Auf Platz 4 rangiert Bayer 04 Leverkusen. „Big Four” rauben der Bundesliga die Spannung Diese Dominanz zeigt sich in der Endtabelle der vergangenen fünf Jahre. Immer stand Bayern München an erster Stelle. Die restlichen 15 Champions-League-Plätze, die in diesem Zeitraum vergeben wurden, wurden zwölfmal von Borussia Dortmund, RB Leipzig und Bayer Leverkusen belegt. Die Bundesliga ist zu einer vorhersehbaren Veranstaltung geworden. Spannung garantiert nur noch der Kampf um die Plätze ab Rang 5. Für ein Premiumprodukt, als dass die Bundesliga sich sieht, ist das ein Armutszeugnis. Mangelnde Spannung an der Spitze gefährdet aber die Wachstumspläne. TV-Einnahmen stagnieren schon jetzt Schon jetzt stagnieren die nationalen TV-Einnahmen, ob sie angesichts der Dominanz der „Fußball-Big-Four“ in einem aktuell schwierigen wirtschaftlichen Umfeld nochmal steigen werden, ist fraglich. Gleichzeitig hat mit der nordamerikanischen NFL ein Konkurrent die Arena betreten, der am Thron von Platzhirsch Bundesliga rüttelt und in den vergangenen Jahren bei den Beliebtheitswerten und Fernseh-Ratings massiv zulegte, dabei aber gleichzeitig deutlich mehr Spannung als die Bundesliga bietet. Wenn die Bundesliga hierzulande auch in zehn oder 20 Jahren noch unangefochtener Marktführer im Sportsentertainment sein will, muss sie jetzt reagieren. Eine strategische Partnerschaft mit einem Private-Equity-Investor allein, der hilft die Erlöse der Auslandsvermarktung von aktuell 200 Millionen pro Jahr zu verdoppeln, wird das Problem allerdings nicht lösen. Info Was ist Ihre Meinung? Schreiben Sie uns gerne an philipp.hafner@finance-magazin.de oder falk.sinss@finance-magazin.de.

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