Lange wurde es erwartet, nun macht der italienische Großaktionär Media for Europe (MFE) Nägel mit Köpfen und möchte ProSiebenSat.1 übernehmen. „Es ist Zeit, einen Gang höher zu schalten“, sagte MFE-CEO Pier Silvio Berlusconi zum Übernahmeangebot.
„Wir glauben, dass ProSiebenSat.1 einen starken Aktionär braucht, der Expertise und Erfahrung in der Branche mitbringt und einen aktiven Beitrag zu seinem Wachstumskurs leistet. Die Absicht, unsere Beteiligung zu erhöhen, und das daraus resultierende Übernahmeangebot sind notwendig, um konkret und konstruktiv mit ProSieben zusammenzuarbeiten und einen Mehrwert für alle Aktionäre zu schaffen, bevor es zu spät ist“.
MFE plant Übernahme zu minimalem Preis
Aktuell hält MFE 29,99 Prozent an dem deutschen Medienhaus. Obwohl bei Übernahmen üblicherweise ein Aufschlag des Aktienkurses bezahlt wird, planen die Italiener nur den gesetzlich vorgeschriebenen Dreimonatsdurchschnittskurs als Preis anzubieten. Hintergrund ist, dass der Aktienkurs von ProSiebenSat.1 in den vergangenen Monaten bereits durch die Übernahmespekulationen gestiegen war.
Zur Finanzierung des Vorhabens will MFE einen Konsortialkredit in Höhe von 3,4 Milliarden Euro aufnehmen – angeführt von der italienischen Großbank Unicredit, wie die italienische Tageszeitung Il Messaggero unter Berufung auf Insider-Informationen berichtete.
Die Finanzierung des Übernahmeangebots soll dabei zu 78 Prozent in bar erfolgen. Die restlichen 22 Prozent will MFE in Form neu ausgegebener eigener Aktien leisten.
Darüber hinaus gab MFE bekannt, dass ein bestehender Aktionär von ProSiebenSat.1 schon zugesichert hat, einen Teil seiner Anteile an die Italiener zu veräußern. Damit würde MFE nach Abschluss des Übernahmeangebots die 30-Prozent-Schwelle am Grundkapital überschreiten – ein Schwellenwert, der gemäß deutschem Übernahmerecht ohnehin ein verpflichtendes Angebot ausgelöst hätte.
Das Interesse von MFE an ProSiebenSat.1 ist nicht neu
Bereits seit einiger Zeit kursieren Spekulationen über eine mögliche Übernahme von ProSiebenSat.1 durch den italienischen Medienkonzern. Eine konkrete Transaktion stellte MFE jedoch stets unter die Bedingung, dass sich ProSiebenSat.1 zuvor wieder stärker auf sein Kerngeschäft im Medienbereich fokussiert. In diesem Zusammenhang hatte MFE-Mehrheitsaktionär Pier Silvio Berlusconi in der Vergangenheit öffentlich Druck auf das Unternehmen ausgeübt.
Ein bedeutender Schritt in diese Richtung erfolgte im April 2024 auf der Hauptversammlung von ProSiebenSat.1. MFE brachte dort einen Antrag ein, der die Abspaltung der Unternehmenssegmente Commerce & Ventures sowie Dating & Video zum Ziel hatte. Dieser Vorstoß scheiterte jedoch aus zwei Gründen: Zum einen fehlte MFE mit einem Anteil von etwa 27 Prozent direkt sowie rund 2 Prozent durch Finanzinstrumente die notwendige Mehrheit. Zum anderen unterstützte auch die Konzernführung von ProSiebenSat.1 den Antrag nicht und sprach sich gegen eine Abspaltung zu diesem Zeitpunkt aus.
Trotzdem bekräftigte der Aufsichtsratsvorsitzende von ProSiebenSat.1, Andreas Wiele, in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ im Jahr 2024, dass das Unternehmen grundsätzlich offen für eine Trennung von Mehrheitsbeteiligungen sei. Ein vorschnelles Handeln lehnte er jedoch ab.
Der Druck von MFE ging aber nicht spurlos an der Konzernführung vorbei. Vor wenigen Tagen erst verkündete ProSiebenSat.1 den Verkauf seines Vergleichsportals Verivox für 232 Millionen Euro an die Moltiply Group aus Italien.