Ehe im zweiten Anlauf: Nachdem die erste Verlobung vor zweieinhalb Jahren gelöst wurde, startet der Keramikhersteller Villeroy & Boch einen neuen Versuch und will den belgischen Konkurrenten Ideal Standard übernehmen. Wie Villeroy & Boch am heutigen Montag mitteilte, habe das Unternehmen bereits Verträge zum Erwerb aller operativen Gesellschaften der Ideal Standard Gruppe unterzeichnet.
Für die Transaktion will das saarländische Familienunternehmen eigenen Angaben zufolge 600 Millionen Euro auf den Tisch legen. Den Kaufpreis will Villeroy & Boch sowohl aus vorhandenen liquiden Mitteln finanzieren als auch mit Fremdkapital in Höhe von 250 Millionen Euro. Zudem übernehmen die Mettlacher Gesellschafterdarlehen in Höhe von rund 93 Millionen Euro, um den Verschuldungsgrad der Ideal Standard Gruppe zu reduzieren, hieß es in der Mitteilung.
Ideal Standard ist in Private-Equity-Händen
Mit dem M&A–Deal verdoppele sich laut Villeroy & Boch der Umsatz des Unternehmens in der Sparte Bad und Wellness auf 1,4 Milliarden Euro. Beide Keramikhersteller würden sich „optimal ergänzen in ihrer regionalen Präsenz, ihren Vertriebsstrategien und hinsichtlich ihres Produkt- und Markenportfolios“, teilte der Konzern mit. Nach dem Zusammenschluss werde man zu den umsatzstärksten Badprodukteherstellern Europas gehören. Das Closing der Transaktion wird vorbehaltlich der regulatorischen Prüfungen Anfang 2024 erwartet.
Die Ideal Standard Gruppe trennt sich mit dem Deal von seinen bisherigen Eigentümern Anchorage Capital Group und CVC Credit Partners. Die beiden Private-Equity-Firmen hatten die Belgier im März 2018 von dem Investor Bain Capital übernommen, nachdem der Badausrüster in finanzielle Schieflage geraten war.
Ideal Standard beschäftigt weltweit mehr als 7.000 Mitarbeiter an elf Produktionsstandorten in Europa und Nahost. Im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielte die Gruppe einen Umsatz von 737 Millionen Euro und einen bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in Höhe von knapp 74 Millionen Euro.
Villeroy & Boch: Erster M&A-Anlauf 2021 geplatzt
Für den Keramikproduzenten Villeroy & Boch ist es nicht der erste Versuch den belgischen Konkurrenten zu übernehmen. Anfang 2020 stellte das im Jahr 1748 gegründete Familienunternehmen erstmals eine mögliche Akquisition in Aussicht. Der platzte jedoch vor rund zweieinhalb Jahren. Der Grund waren interne Unstimmigkeiten unter der Großaktionärs-Familie.
Bereits damals zeigte sich Villeroy & Boch verhalten gegenüber den Übernahmeplänen und gab an, dass man zunächst prüfen müsse, wie Ideal Standard durch die Corona-Krise komme. Dann werde man „noch mal bewerten, ob wir da weitermachen oder nicht“, hieß es damals seitens des Vorstandschefs Frank Göring. Kurz darauf gab Villeroy & Boch an Ideal Standard nicht übernehmen zu wollen.
Jasmin Rehne ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die Themen Controlling, Gehalt und Personal. Sie hat in Marburg Sprache und Kommunikation studiert. Neben ihrem Studium arbeitete Jasmin Rehne bereits als studentische Hilfskraft bei FINANCE.
