Der Hamburger Wind- und Solarparkbetreiber Encavis könnte bald in in das Portfolio von Finanzinvestor KKR wandern. Über die Verhandlungen rund um eine mögliche Übernahme hat Bloomberg bereits gestern erstmalig berichtet. Demnach sollen die Gespräche zwischen KKR und Encavis bereits fortgeschritten sein. Auch einen möglichen Übernahmepreis von 2 Milliarden Euro nennt der Bericht unter Berufung auf Insider.
In einer kurzen Stellungnahme hat Encavis den Kontakt zu KKR inzwischen bestätigt. „Da sich diese Gespräche noch in einem sehr frühen Stadium befinden, gibt es keine Garantie, dass eine mögliche Transaktion vorgeschlagen oder durchgeführt wird“, heißt es jedoch in der Mitteilung.
Die Windkraft-Branche ist krisengeplagt
Windkraftbetreiber wie Encavis durchlaufen derzeit eine herausfordernde Phase. Die Gewinnentwicklung wurde zuletzt stark von fallenden Strompreisen beeinträchtigt, was die gesamte Branche unter Druck setzte. Nicht wenige Akteure stecken bereits länger in ernsten Schwierigkeiten, die sie offenbar nicht in den Griff bekommen. So sind Qualitätsprobleme, ein unzureichender Fokus der Produktpalette sowie mangelhaftes Kosten- und Risikomanagement seit vielen Jahren nicht nur in Deutschland anzutreffende Phänomene.
Die Branche hat offenbar zu stark auf politische Unterstützung gesetzt, konstatieren Branchenkenner. Encavis zieht nun die Reißleine und wagt den Blick über den Tellerrand. Das scheint auch die Investoren neugierig zu machen: Seit Jahresbeginn verzeichnete die Encavis-Aktie einen Rückgang von etwa 25 Prozent und zählte damit zu den fünf schwächsten im MDax. Mit den aufgekommenen Gerüchten wurde das Minus zwar reduziert, noch ist der Wert von mehr als 15 Euro je Aktie zum Jahreswechsel aber unerreicht. Im Höchststand 2022 erreichte sie sogar fast 25 Euro. Am Donnerstagvormittag notierte die Aktie bei 13,74 Euro.
KKR sieht einen günstigen Zeitpunkt
Für KKR könnte sich eine Übernahme von Encavis durchaus lohnen. So könnte der Finanzinvestor derzeit zu einem sehr günstigen Preis einsteigen. Die Krise in der Green-Tech-Branche wird nicht dauerhaft anhalten, und langfristig führt kein Weg an der Wind- und Solarenergie vorbei. Das Interesse von KKR signalisiert, dass die Bewertungen in der krisengeplagten Branche allgemein attraktiv geworden sind und aktuell neue Chancen bieten.
Encavis betreibt eigenen Angaben zufolge europaweit über 80 Windparks und über 200 Solarparks, die mehr als 2,2 Millionen Haushalte mit grünem Strom versorgen. Darüber hinaus bauen und warten die Hamburger über eine italienische Tochtergesellschaft auch Wind- und Solarparks. Im vergangenen Jahr rechnete Encavis aufgrund sinkender Strompreise mit einem Umsatzrückgang auf etwas mehr als 460 Millionen Euro (2022: 487,3 Millionen Euro). Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll auf gut 310 Millionen Euro zurückgehen (2022: 350 Millionen Euro).
Esra Laubach ist Redakteurin bei FINANCE und widmet sich schwerpunktmäßig den Themen Transformation, Restrukturierung und Recht. Sie ist Sprach- und Kommunikationswissenschaftlerin. Vor FINANCE war sie rund fünf Jahre als Legal-Journalistin für den Juve Verlag in Köln tätig, wo sie auch ihr journalistisches Volontariat absolvierte. Esra Laubach arbeitete während ihres Studiums multimedial u.a. für das ARD-Morgenmagazin, mehrere Zeitungen und moderierte beim Hochschulradio Kölncampus.
