Baywas 2-Milliarden-Euro-Problem

Trotz Rettungspaket und Standstill-Vereinbarungen drückt Baywa unverändert ein hoher Schuldenberg. Zur Jahresmitte bestanden allein rund 2,1 Milliarden Euro an kurzfristigen Finanzschulden, die dann zur akuten Finanzierungskrise geführt haben. Diese Zahl teilte der angeschlagene Agrarkonzern auf FINANCE-Nachfrage mit. Insgesamt beliefen sich die Finanzschulden zuletzt auf mehr als 5 Milliarden Euro. Im Baywa-Geschäftsbericht waren zum 31. Dezember 2023 davon kurzfristige Finanzschulden in Höhe von 2,4 Milliarden Euro ausgewiesen, die binnen eines Jahres, also im Laufe des Jahres 2024, fällig werden. Zurückgezahlt wurden davon laut Baywa seit Jahresbeginn insbesondere ein Green Bond – teilweise refinanziert durch eine Brückenfinanzierung –, bilaterale Linien in Höhe von 100 Millionen Euro sowie kurz laufende Commercial Papers im Volumen von 320 Millionen Euro. Refinanzierungsprobleme bringen Baywa ins Wanken Speziell die zum 26. Juni fällig gewordene grüne Anleihe dürfte einen großen Anteil an der eskalierten Finanzmisere des Konzerns haben. Sie war 2019 mit einem Zinskupon von 3,125 Prozent jährlich begeben worden und hatte ein Volumen von 500 Millionen Euro. Die Mittel waren genutzt worden, um im Geschäftsbereich „Regenerative Energien“ Wind- und Solarenergieanlagen zu finanzieren. Einige Wochen vor dem Fälligkeitstermin im Frühjahr war die Platzierung einer neuen Anleihe mit einem Volumen von 250 Millionen Euro gescheitert, die bei der Refinanzierung hätte helfen können. Baywa begründete die abgeblasene Emission damals mit dem üblichen Verweis auf das Marktumfeld, aber Zweifel an dem SDax-Mitglied hatte es bei Investoren schon länger gegeben. Seit Ende 2022 befindet sich der Aktienkurs im Sinkflug, der große Absturz kam dann im Juli, als der Vorstand „eine angespannte Finanzierungslage“ eingestand und mitteilte, ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben zu haben. Mehr zum Thema 6 Dinge, die Sie zur Baywa-Krise wissen müssen Was ist bei der Baywa schiefgelaufen? Wie düster ist die Finanzierungslage? Und wie kann es weitergehen? Die wichtigsten Fragen und Antworten im FINANCE-Überblick. Mehr lesen Baywa: Finanzierung ist bis Ende September gesichert Mit dem im August kurzfristig geschnürten Finanzierungspaket haben die beiden größten Baywa-Gesellschafter, die Bayerische Raiffeisen Beteiligungs-AG (BRB) und die Raiffeisen Agrar Invest (RAIG), sowie die kreditgebenden Banken dem Agrarunternehmen Luft bis Ende September verschafft. „Der Liquiditätsbedarf bis Ende September ist über die getätigten Finanzierungsbeiträge der Stakeholder gedeckt“, versichert Baywa. Bis dahin soll das Sanierungsgutachten vorliegen und dem Agrarkonzern Wege aus der größten Krise seiner mehr als 100-jährigen Geschichte aufzeigen. Erst dann wird auch klar werden, in welcher Höhe Finanzschulden noch bis Jahresende fällig werden. Durch das Paket, das ein ganzes Bündel an Maßnahmen umfasst (siehe Infokasten), fließen Baywa kurzfristig insgesamt rund 550 Millionen Euro zu. „Die zusätzliche Liquidität sichert insbesondere den Ernteaufkauf in der Baywa AG und deren Tochtergesellschaften“, teilt der Konzern auf FINANCE-Anfrage mit. Ein Teil der Mittel soll auch zur Finanzierung des laufenden Geschäfts im internationalen Getreidemarkt und von Projektentwicklungen im Bereich der erneuerbaren Energien genutzt werden. Zudem wurden laut Baywa seit Jahresmitte rund 170 Millionen kurzfristige Commercial Papers abgelöst, mit denen der Konzern regelmäßig Finanzbedarfe deckt. Info So sieht das kurzfristige Baywa-Rettungspaket aus Die größten Aktionäre und die kreditgebenden Banken haben ein Rettungspaket geschnürt, das dem angeschlagenen Agrarkonzern Baywa kurzfristig zusätzliche Liquidität von rund 550 Millionen Euro verschafft. Das sind die Bestandteile: – 272 Millionen Euro stellen die Kernbanken in Form von Überbrückungskrediten bereit.– 125 Millionen Euro steuern die beiden größten Baywa-Aktionäre, die Bayerische Raiffeisen Beteiligungs-AG (BRB AG) und die Raiffeisen Agrar Invest (RAIG), als nachrangige Gesellschafter-Darlehen bei.– Für 120 Millionen Euro hat Baywa die Beteiligung an der BRB Holding an die BRB AG und die Frankfurter DZ Bank verkauft.– Für 10 Millionen Euro wurde zudem die Beteiligung an der BSV Saaten GmbH an die RWA AG veräußert.– 20 Millionen Euro wurden erlöst, indem Getreide zum Marktpreis an RAIG beziehungsweise ihr nahestehende Unternehmen verkauft wurden. Zudem wurde ein Stillhalteabkommen mit den kreditgebenden Banken abgeschlossen und fällige Darlehensrückzahlungen wurden bis Ende September 2024 ausgesetzt, um das Sanierungsgutachten fertigstellen zu können. Wie stark belastet die Krise Baywas laufendes Geschäft? Insbesondere die Landwirte im bayerischen Stammland von Baywa hatte die Krise des Agrarhändlers kurz vor der Erntezeit kalt erwischt, weil sie zwischenzeitlich nicht wussten, ob ihre Getreidelieferungen bezahlt würden. Zwischenzeitlich machen auch erste Berichte, unter anderem beim Fachblatt „Agrar heute“ die Runde, dass einige Produzenten ihre Lieferungen an Baywa reduzieren und nach alternativen Abnehmern suchen. Ob Baywa substanziell Handelsvolumen und damit Umsatz verloren geht, werden erst die Zahlen für das dritte Quartal zeigen. Bis dahin steht aber erst einmal noch die Veröffentlichung der Halbjahreszahlen an. Diese war wegen der laufenden Impairment-Prüfungen auf Ende September verschoben worden. Vorläufige Kennzahlen lassen nichts Gutes erahnen: Der Umsatz sank im ersten Halbjahr von 12,6 auf 10,7 Milliarden Euro, das operative Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen (Ebitda) brach auf 149,5 Millionen Euro ein, nach 322,1 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2023. Erst Ende September, wenn das Sanierungsgutachten und aktuelle Geschäftszahlen vorliegen, wird klar sein, wie hoch der weitere Liquiditätsbedarf ist und wie es für den strauchelnden Agrarkonzern nach einer umfassenden Restrukturierung weitergehen kann. Unternehmen und Stakeholder müssen also weiterhin die Zähne zusammenbeißen.

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