Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende: Gestern zog die DFL die Notbremse, nachdem sie es erneut geschafft hat, den Bieterprozess für eine strategische Partnerschaft mit einem privaten Investor in den Sand zu setzen.
„Eine erfolgreiche Fortführung des Prozesses scheint in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen nicht mehr möglich“, schreibt die DFL in ihrer Stellungnahme. Die Auseinandersetzungen zur Frage, ob ein Private-Equity-Investor an Bord geholt werden soll oder nicht, würden „mit zunehmender Vehemenz den Spielbetrieb, konkrete Spielverläufe und damit die Integrität des Wettbewerbs gefährden“, heißt es weiter. Mit anderen Worten: Die Fans mit ihren Protesten sind schuld.
Schlechte Kommunikation führte zum ersten Scheitern
Doch so einfach ist nicht. Das erneute Scheitern hat sich die DFL selbst zuzuschreiben. Der erste Versuch, den Weg für einen Private-Equity-Investor freizumachen, scheiterte im Mai vergangenen Jahres am Widerstand der Vereine, die sich nicht ausreichend informiert fühlten und mangelnde Transparenz beklagten.
Versuch zwei wurde in abgespeckter Form vergangenen Spätsommer gestartet. Dieses Mal betonte die DFL, dass sie rote Linien gegenüber dem Investor einziehen würde. Damit wollte sie den Fans den Wind aus den Segeln nehmen, die fürchten, ein Investor wie CVC oder Blackstone würde den Spieltag weiter zerstückeln oder einzelne Ligaspiele ins Ausland verlegen, um den Profit zu maximieren.
Auch wenn die DFL es immer wieder vehement verneinte, wie standhaft sind diese roten Linien wirklich, wenn sich die Medieneinnahmen nicht wie gewünscht steigern lassen? Bleibt es dann dabei, dass keine Ligaspiele im Ausland ausgetragen werden oder keine weiteren Anstoßzeiten hinzu kommen?
So lagen die ganze Zeit schon Zweifel in der Luft. Doch die DFL wagte den zweiten Anlauf, die Abstimmung über einen möglichen Einstieg fand schon Anfang Dezember 2023 statt. Zwar war der Informationsfluss nun etwas klarer, doch auch er hakte. Für viele Vereine wurde der Prozess zu kurzfristig aufgesetzt, um ihre Mitglieder abstimmen zu lassen oder wenigstens ein aussagekräftiges Stimmungsbild einzuholen.
Unnötig intransparente Abstimmung
Das Fass zum Überlaufen brachte der unnötig intransparente Abstimmungsprozess. Warum die DFL die Abstimmung als geheime Wahl abhielt und damit den Spekulationen Tür und Tor öffnete, wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Allein, dass dadurch die Möglichkeit im Raum stand, dass einzelne Klubvertreter gegen die 50+1-Regel verstoßen haben könnten, fachte den Protest unnötig an und trieb ihn erst aus den Ultrakurven ins weite Stadionrund.
Jene 50+1-Regel ist eine deutsche Besonderheit. Sie soll dafür sorgen, dass der Stammverein der meist in Kapitalgesellschaften ausgegliederten Profiabteilungen das letzte Wort hat, selbst wenn ein Investor mehr als 50 Prozent der Anteile hält. Es ist nachvollziehbar, dass Fans daran zweifeln, dass die DFL bei ihren roten Linien gegenüber dem Investor bleiben wird, wenn sie schon diese rote Linie leichtfertig in Gefahr bringt.
Diesen Punkt räumt die DFL nun in einer Pressemitteilung nach wochenlangen Fanprotesten selbst ein. Es dürfe nicht „verkannt werden, dass es diesem Votum aufgrund der Vorgänge um Hannover 96 an breiter Akzeptanz fehlt”.
Der DFL würde professionelle Hilfe guttun
Dass der Prozess zum Abschluss einer Vermarktungspartnerschaft jetzt abgebrochen wurde, ist deshalb eine gute Entscheidung, um die Situation in den Stadien nicht weiter eskalieren zu lassen. Es ist aber vermutlich auch eine gute Entscheidung, weil der DFL in der Zwischenzeit potentielle Investoren abhandengekommen sind.
Von den einstmals fünf interessierten Investoren Blackstone, Bridgepoint, Advent, CVC oder EQT war nach dem Rückzug von Blackstone nur noch CVC als möglicher Bieter übriggeblieben, der erhoffte Bieterkampf blieb aus. Die DFL hatte nur noch die Wahl, das Angebot von CVC anzunehmen. Sie befand sich in einer schwachen Verhandlungsposition, deshalb ergibt der Rückzieher Sinn.
Dass der Prozess zum Abschluss einer Vermarktungspartnerschaft jetzt abgebrochen wurde, ist aber auch eine schlechte Nachricht. Denn die beiden verkorksten Abstimmungsprozesse zeigen, dass die DFL dringend professionelle Hilfe braucht. Die hätte ein Private-Equity-Investor liefern können. Jetzt muss die DFL nach einer neuen Lösung suchen, womöglich folgt ein neuer Anlauf. Dann muss die DFL aber alle relevanten Stakeholder vorher ins Boot holen, sonst wäre auch der nächste Anlauf zum Scheitern verurteilt.
Falk Sinß ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Soziologie, Politologie und Neuere und Mittlere Geschichte in Frankfurt am Main sowie in Mainz Journalismus studiert, wo er auch einen Lehrauftrag inne hatte. Vor seiner Zeit bei FINANCE war Falk Sinß drei Jahre Redakteur der Zeitschrift Versicherungswirtschaft und zehn Jahre für verschiedene Medien des Universum Verlags tätig.
