Die Unicredit hält trotz der Ankündigung der Finanzagentur der Bundesrepublik Deutschland, keine weiteren Commerzbank-Anteile verkaufen zu wollen, an ihrem Ziel einer Übernahme fest. Wie das italienische Bankhaus heute mitteilte, habe es behördlichen Antrag für den Erwerb von bis zu 29,9 Prozent der Anteile eingereicht.
Darüber hinaus hat Unicredit laut eigener Aussage Finanzinstrumente für den Erwerb weiterer 11,5 Prozent der Anteile abgeschlossen. Die physische Abwicklung kann erst erfolgen, wenn die Europäische Zentralbank dem Antrag für die Erhöhung der Anteile auf bis zu 29,9 Prozent genehmigt hat. Damit würde Unicredit dann rund 21 Prozent der Anteile halten und zum größten Aktionär der Commerzbank werden.
Angesichts des bei Vorlage der Halbjahreszahlen angekündigten Aktienrückkaufprogramms in Höhe von 600 Millionen Euro dürfte der Anteil der Unicredit sogar noch größer werden.
Commerzbank-Spitze berät über Verteidigungsstrategien
Mit der Ankündigung erhöht sich der Druck auf die Commerzbank-Spitze und die Bundesregierung im Übernahmepoker mit der Unicredit. Die Finanzagentur des Bundes hatte am Freitag noch mitgeteilt, die Eigenständigkeit der Commerzbank unterstützen zu wollen. Allerdings werden mittlerweile Zweifel laut, ob die Bundesregierung wirklich geschlossen gegen eine Übernahme der Commerzbank ist. Laut eines Berichts des „Platow Briefs“ soll Staatssekretär Jörg Kukies der mit dem Verkaufsprozess der Bundesanteile betrauten US-Bank J.P. Morgan über das Interesse der Unicredit informiert haben.
Unicredit hatte für Bank und Bund überraschend vor zwei Wochen mitgeteilt, mehr als 9 Prozent der Commerzbank-Aktien erworben zu haben, darunter jene 4,5 Prozent, die die Finanzagentur im Zuge einer Auktion verkauft hatte.
Auf der am heutigen Montag beginnenden Strategietagung von Vorstand und Aufsichtsrat will die Commerzbankführung über Verteidigungsstrategien gegen die Übernahmepläne der Unicredit beraten. Auch die Nachfolge des scheidenden CEOs Manfred Knof dürfte auf der Tagesordnung stehen. Dieser hatte kurz vor Bekanntgabe des Unicredit-Einstiegs verlauten lassen, seinen Ende 2025 auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. Auch ein vorzeitiger Wechsel an der Spitze ist denkbar. Als Favoritin für Knofs Nachfolge wird zurzeit unter Beobachtern CFO Bettina Orlopp gehandelt.
Falk Sinß ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Soziologie, Politologie und Neuere und Mittlere Geschichte in Frankfurt am Main sowie in Mainz Journalismus studiert, wo er auch einen Lehrauftrag inne hatte. Vor seiner Zeit bei FINANCE war Falk Sinß drei Jahre Redakteur der Zeitschrift Versicherungswirtschaft und zehn Jahre für verschiedene Medien des Universum Verlags tätig.
