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CFO Christoph Schmitz macht Wild Flavors fit für die Börse

Wild Flavors

Länger als bei Mannesmann, wo er inklusive Berufsausbildung und berufsbegleitendem Studium 13 Jahre lang war, hält es ihn nie. Gern wäre der Kölner noch länger geblieben. Doch als Christoph Schmitz 1999 nach der Entsendung zur Essener Metallgesellschaft Lurgi Lentjes Bischoff („eine hervorragende Controllingschule“) auf seine erwartete Beförderung im Konzern hofft, wird Mannesmann gerade von Vodafone geschluckt und  in seine Einzelteile zerlegt. „Mein Netzwerk fiel auseinander“, erinnert sich Schmitz.

Es folgt ein lukratives Angebot, das aber wie so oft mit hohem Risiko verbunden ist. Einen fünfjährigen Vorstandsvertrag bietet ihm Professor Ignaz Walter für ein Sanierungsprojekt in Australien: Die Walter Construction Group in Sydney, Australientochter der Walter Bau, soll saniert werden. Bei einem Umsatz von einer knappen Milliarde  australischen Dollar belaufen sich die jährlichen Verluste auf 50 Millionen Dollar. Die Vorgabe für Neu-CFO Schmitz: die Verlustserie beenden. „We stopped the bleeding“, resümiert Schmitz das Projekt. Als die Verluste begrenzt sind, steckt dann aber der Mutterkonzern nach dem Ende des Wiedervereinigungsbooms in Deutschland tief in der Krise: Covenants werden gerissen, die Refinanzierung wackelt.

Das MBO-Angebot findet Ignaz Walter inakzeptabel

Zur Reduzierung der Verschuldung sollen Assets verkauft werden, auch die australische Tochter wird zum Verkauf gestellt. Schmitz und der damalige CEO bringen einen MBO ins Spiel, sie wollen zusammen mit anderen Mitarbeitern  die Walter Construction Group  übernehmen. Doch die  Offerte missfiel dem eigensinnigen Unternehmenschef Walter der sich daraufhin sowohl von Schmitz als auch von dem CEO trennt – „in beiderseitigem Einvernehmen“, wie sich versteht.

In der Bewerbungsphase für einen  neuen Job  versucht Schmitz sich „down under“ in der Selbstständigkeit, an einem Retail-Coffee-Shop-Konzept, einer Art besserem Starbucks. Die darauffolgenden Jahre haben den damals 37-Jährigen dann „gut geerdet“, wie er findet. Er hat selbst angepackt, wie es sich für ein Start-up gehört. Ein durchschlagender finanzieller Erfolg wird das Retailgeschäft mit zwischenzeitlich sechs Filialen aber nicht.
Dann kommt wieder das Netzwerk ins Spiel: Jürgen Koch ruft, den er noch aus seiner Zeit bei der Metallgesellschaft kennt. Koch bietet ihm Integrationsaufgaben beim damals ebenfalls stark gewachsenen Pfleiderer-Konzern in Nordamerika an. Dort sind Tochterunternehmen in Montreal und Raleigh, North Carolina zu integrieren. Dass er sich den nächsten Sanierungsfall angelacht hat, ahnt Schmitz da noch nicht.

Pralle M&A-Agenda bei Wild Flavors

Es folgt zwischen Australien und Kanada nicht nur ein Temperaturunterschied von 60 Grad Celsius, sondern auch ein harter physischer Test. „Ich hatte bis zu 270 Reisetage pro  Jahr“, erinnert sich Schmitz. Pfleiderer gerät in die amerikanische Immobilienkrise, das Zahlenwerk in Schieflage. CFO Koch hat Pfleiderer verlassen. Schmitz‘ Hoffnungen, zum Konzern-CFO aufzusteigen, zerschlagen sich, als Derrick Noe geholt wird. Und der treibt Pfleiderer weiter in Richtung Expansion. „Strategisch richtig, aber mit denkbar ungünstigem Timing und zu überhöhten Preisen“, findet Schmitz rückblickend2010 macht  er den Absprung zu Wild Flavors. Er ist der erste Vorstand, den die beiden Gesellschafter KKR und Hans-Peter Wild gemeinsam berufen. Über insgesamt 14 Runden zieht sich der Auswahl- und  Verhandlungsmarathon, erinnert sich Schmitz.

Es folgt Aufbauarbeit, die Konzernfinanzierung muss über einen syndizierten Kredit und ein Schuldscheindarlehen neu aufgesetzt werden Die M&A-Agenda ist stramm:  A.M. Todd, Cargill Juice & Blends und Amazon Flavors – auf drei Kontinenten werden Zukäufe realisiert, die Wild Flavors in eine andere Größenordnung katapultieren. Inzwischen steht Wild Flavors laut Branchendienst Leffingwells mit rund 850 Millionen Euro Umsatz auf Rang 6 der weltweit größten Aromenhändler. Nach der erfolgreichen Entwicklung der letzten Jahre könnte demnächst der Exit des PE-Investors KKR erfolgen. Geht dieser über die Börse, kann Schmitz bleiben, kommt ein strategischer Käufer zum Zug, wohl eher nicht.

marc-christian.ollrog[at]finance-magazin.de

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