Trump ist im Amt – und handelt

Die (Finanz-)Verantwortlichen in deutschen Unternehmen, für die die USA der größte Exportmarkt sind, blicken nach 2016/17 zum zweiten Mal nervös nach Washington: In welchem Ausmaß wird Trump seine Wahlkampfversprechen von Zöllen, Steuererleichterungen und Deregulierung der Märkte wahr machen? Sicher ist nicht erst seit den jüngsten Zollankündigungen, dass die Handelspolitik der USA auf absehbare Zeit protektionistisch bleibt. Denn dies ist kein Trump-exklusives Phänomen. Auch die demokratische Biden-Regierung hatte Teile der republikanischen Wirtschaftspolitik fortgesetzt, darunter den harten Kurs im Handel mit China und Steuererleichterungen. Nun verschärft sich der Kurs allerdings weiter. Nach Einschätzung von David Born, Leiter des Thinktanks Roland Berger Institute, begannen hiesige Unternehmen dieses Mal schon vor der US-Wahl im vergangenen November, sich vorzubereiten. Denn ein Sieg Trumps sei im Vorfeld viel wahrscheinlicher gewesen. Das heißt: In den Managementetagen wird schon länger intensiv in geopolitischen Szenarien gedacht, um sich zu wappnen. FINANCE-TV Was Trump 2.0 für deutsche Unternehmen bedeutet Steuern, Inflation Reduction Act, Handelskrieg: Was deutsche Unternehmen im Falle einer Präsidentschaft Trump 2.0 zu erwarten hätten, analysiert David Born von Roland Berger bei FINANCE-TV. Mehr lesen US-Märkte reagierten positiv auf Wahlsieg von Trump Ziemlich gelassen fielen nach der Wahl zunächst die Reaktionen in den USA aus. In der Studie „The CFO Survey“ blieben die Umsatzerwartungen der Finanzchefs für ihre Unternehmen im Jahr 2025 fast unverändert: Im dritten Quartal 2024, also vor der Wahl, erwarteten die Befragten ein Wachstum von 7,1 Prozent, drei Monate später hatte sich der Wert mit 7,0 Prozent nur unwesentlich verändert. Externer Inhalt von Datawrapper Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen. Immer entsperren Einmalig entsperren &nbsp Auch die Kapitalmärkte reagierten initial positiv auf die erneute Trump-Präsidentschaft. „Investoren erwarten im Allgemeinen einen positiven Ausblick für US-Aktien aufgrund des verbesserten Geschäftsklimas, der Deregulierung und der verstärkten Fusionsaktivitäten“, erläutert Tim Murray, Kapitalmarktstratege bei T. Rowe Price. Er rechnet damit, dass Small-Cap-Aktien von geringeren regulatorischen Belastungen und potentiellen Unternehmenssteuersenkungen profitieren könnten, „obwohl die Skepsis gegenüber weiteren Steuersenkungen wegen des Haushaltsdefizits des Bundes bestehen bleibt“. Heizen die Pläne der Trump-Administration die Inflation an? Ohne Risiken sind die wirtschaftspolitischen Pläne der Trump-Administration nämlich nicht. Zölle und auch eine neue Einwanderungspolitik könnten laut Murray und anderen Experten die Inflation erhöhen – so stark, dass die US-Notenbank Fed möglicherweise die Zinssenkungen aussetzen oder die Zinsen sogar wieder erhöhen müsse. Tatsächlich hat die Fed ihre Serie an Zinssenkungen Ende Januar vorerst gestoppt. Die Währungshüter beließen den Leitzins in der Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent, was durchaus erwartet worden war. Fed-Chef Jerome Powell begründete den Schritt unter anderem mit der Inflation. Die Teuerungsrate hatte in den USA zuletzt wieder etwas angezogen und lag im Dezember bei 2,9 Prozent. Angestrebt werden von der Fed 2 Prozent. „Wir wissen, dass eine zu schnelle oder zu starke Lockerung der geldpolitischen Restriktionen den Fortschritt bei der Inflationsbekämpfung beeinträchtigen könnte“, sagte Powell nach dem jüngsten Zinsentscheid. Den weiteren Kurs ließ er zunächst offen: Es gebe „keine Eile“. Keine Zinssenkung: Fed widersetzt sich Trumps Drängen „Die Unsicherheit bezüglich möglicher inflationstreibender Effekte der Politik von US-Präsident Donald Trump bildet ein zusätzliches Argument dafür, geldpolitisch erst einmal für einige Zeit innezuhalten“, kommentierte Elmar Völker von LBBW Research den Fed-Entscheid. Trump hingegen würde gern stärkere Zinssenkungen sehen und hatte die Fed in der Vergangenheit wiederholt wegen ihres Kurses kritisiert. Der Hedgefondsmanager und neue Finanzminister Scott Bessent hingegen sprach sich in seiner Anhörung vor dem Finanzausschuss des Senats zuletzt für unabhängige Entscheidungen des Fed-Gremiums aus. Wer hat Angst vorm „Tariff Man“? Risiken durch den politischen Wechsel sehen auch die im „CFO Survey“ befragten US-Finanzchefs. Das Spektrum an Problemen, die sie als dringlich einstufen, hat sich seit der Wiederwahl Trumps deutlich verändert. Unter den Top 10 finden sich nun drei Themen, die auch im Wahlkampf eine zentrale Rolle spielten: Handelsschranken, Migration und das politische Klima. Internationaler Handel und Zölle tauchen dabei zum ersten Mal überhaupt unter den zehn drängendsten Problemen seit Erhebungsbeginn 2004 auf. Zwar waren sie nur für gut 4 Prozent der teilnehmenden US-CFOs im Dezember 2024 das Top-Thema, doch der Zuwachs fiel deutlich aus. Hinzu kommt: Für diese CFOs trübte die Zollfrage den Ausblick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung erheblich ein. Sie blicken weniger optimistisch auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die ihres Unternehmens. Externer Inhalt von Datawrapper Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen. Immer entsperren Einmalig entsperren Trump verhängt Einfuhrzölle Tatsächlich hat Trump mittlerweile Tatsachen geschaffen: Am Wochenende verhängte er per Dekret Einfuhrzölle gegen die wichtigsten Handelspartner. Ab dem morgigen Dienstag (4. Februar 2025) sollen 25 Prozent auf Waren aus Kanada und Mexiko sowie weitere 10 Prozent auf Waren aus China fällig werden. Eine Ausnahme gilt für Energierohstoffe wie Öl und Gas aus Kanada, die mit einem Satz von 10 Prozent belegt werden. Auch die Reaktion folgte prompt: China will die Zölle bei der Welthandelsorganisation (WTO) anfechten. Kanada hat konkrete Gegenzölle angekündigt, und auch Mexiko will handeln. Wohin sich die Handelsbeziehungen nach der Eskalation entwickeln und ob US-Präsident Trump durch die verhängten Zölle den Ländern politische Zugeständnisse abringen kann, könnte sich rasch entscheiden. Trump hatte am Wochenende gegenüber Medien angekündigt, am heutigen Montag sowohl mit dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau als auch der mexikanischen Präsidentin Claudia Sheinbaum sprechen zu wollen. Zugleich wiederholte er seine Drohung, auch Waren aus der EU mit Einfuhrzöllen belegen zu wollen. Info Update am 4. Februar 2025, 9 Uhr US-Präsident Donald Trump hat die Einfuhrzölle auf Waren aus Mexiko und aus Kanada am 3. Februar und damit einen Tag vor Inkrafttreten um einen Monat ausgesetzt. Dafür machten die beiden Nachbarländer Zugeständnisse beim Grenzschutz und dem Kampf gegen grenzüberschreitende Kriminalität. China hat indes Gegenzölle für Importe aus den USA verhängt, die am 10. Februar in Kraft treten sollen: Zusatzzölle von 15 Prozent auf Kohle und verflüssigtes Erdgas, 10 Prozent auf Öl und landwirtschaftliche Maschinen. Auch mit China hat Trump zeitnahe Gespräche angekündigt. Angst vor Handelskrieg: Finanzmärkte geraten in Turbulenzen Die Aktienmärkte reagierten angesichts der neuen US-Zölle und der Sorge um einen eskalierenden Handelskrieg am Montagmorgen mit kräftigen Verlusten. Auch die Devisenmärkte gerieten in Bewegung. In den USA warnte unter anderem die US-Handelskammer als Interessenvertretung der Unternehmen vor Schäden für die heimische Wirtschaft und die Bevölkerung. Das Einführen von Zöllen sei beispiellos und werde die Probleme nicht lösen, „sondern nur die Preise für amerikanische Familien erhöhen und die Lieferketten stören“. Aus Mexiko werden vielfach Obst und Gemüse importiert, aus Kanada unter anderem Öl und Gas. US-Hersteller, darunter große US-Autobauer wie Ford, unterhalten zudem große Fertigungen in den Nachbarländern. Deutsche CFOs haben Zollfrage und Inflation im Blick Die Zölle stehen auch bei Finanzchefs und Regierungen diesseits des Atlantiks weit oben auf der Agenda. „Die USA sind mit deutlichem Abstand der größte Exportmarkt deutscher Unternehmen. Insofern sind die Zollpläne von Donald Trump neben der Entwicklung der Inflation sicher am relevantesten für deutsche CFOs“, ordnete Alexander Börsch, Chefökonom und Leiter Research bei Deloitte Deutschland, im November die Lage gegenüber FINANCE ein. Das Wirtschaftsministerium legte dem Deutschen Bundestag direkt nach den US-Wahlen einen Bericht vor, in dem es auf eine „Verschärfung der restriktiven US-Handelspolitik“ einstimmte. Die angekündigten Zollerhöhungen würden die wirtschaftliche Entwicklung bremsen, darunter in den USA selbst, in China sowie in Deutschland, „wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß“. Laut Modellsimulationen könnten Zollerhöhungen für das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) mittelfristig einen Rückgang um 0,5 bis 2,3 Prozent bedeuten. Für Deutschland wurde für das reale BIP ein Minus von 0,01 bis 1,4 Prozent prognostiziert. US-Einfuhrzölle könnten Autoindustrie hart treffen Die ohnehin gebeutelte europäische Auto- und Zulieferindustrie könnte es laut der Unternehmensberatung Kearney besonders hart treffen: „Rund 640.000 Fahrzeuge werden jährlich aus Europa in die USA exportiert. Abhängig vom Szenario könnten die Zölle zu Umsatzverlusten zwischen 3,2 Milliarden und 9,8 Milliarden US-Dollar auf Herstellerebene führen, was sich wiederum auf die europäischen Zulieferer auswirken würde“, erklärte Partner Nils Kuhlwein. Besonders betroffen wären laut Kearney neben Stellantis auch die deutschen Autobauer Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW – sowie deren Zulieferer. „Dass das nicht das Geschäftsmodell von Europa und speziell von Deutschland befördert, ist klar“, konstatierte Mercedes-Benz-CEO Ola Källenius bereits im Dezember in der „Süddeutschen Zeitung“ und übte sich in Diplomatie: „Aber in jeder Wirtschaftsbeziehung müssen beide Partner aufeinander schauen und sagen, was brauche ich, wie kann man Win-wins herstellen. Wir müssen auf die Amerikaner zugehen und schauen, ob wir einen Deal machen können. Deren Anliegen ernst nehmen, aber auch unsere Anliegen klar positionieren.“ Trumps Zollpläne seien seine Strategie, die negativen Handelsbilanzen der USA mit anderen Ländern zu verbessern. Info Vorauseilender Gehorsam der Großbanken Wie Unternehmen auf die neue politische Wetterlage in Washington reagieren, zeigte sich an den Großbanken, die zwischen Mitte Dezember und Mitte Januar aus der Net-Zero Banking Alliance (NZBA) ausgestiegen sind, einer seit 2021 bestehenden Initiative des UN-Umweltprogramms: Morgan Stanley, Bank of America (BofA), Citigroup, Wells Fargo, Goldman Sachs. Morgan Stanley betonte zwar, dass man sich weiter für Klimaschutz einsetze, aber aus der öffentlichen Schusslinie will man sich offenbar dennoch erst einmal nehmen. Zudem hat Blackrock die Net-Zero Asset Managers Initiative verlassen. Analysten führen die Rückzugswelle auf den erwarteten Politikwechsel in den USA zurück. Ein Grund könnte auch eine Klage sein, die Ende 2024 gegen Blackrock und andere Vermögensverwalter eingereicht wurde. Republikanisch geführte Bundesstaaten werfen ihnen darin vor, gegen das Kartellrecht zu verstoßen: Maßnahmen zum Klimaschutz würden die Kohleproduktion drosseln und die Energiepreise in die Höhe treiben. Produktionen könnten in die USA verlagert werden Källenius hoffte damals, wie andere Unternehmenslenker, dass die längst aufgebauten Fertigungen in den USA einen Unterschied machen könnten. Sein Unternehmen beschäftige in den USA mehr als 11.000 Mitarbeitende, mit Zulieferern seien es weit mehr als 80.000 Menschen, die dort im Mercedes-System arbeiten. „Wir sind einer der größten industriellen Exporteure aus den USA heraus“, hob Källenius hervor. Mercedes sei auch ein amerikanisches Unternehmen. „Ich hoffe, dass die amerikanische Administration das auch anerkennt.“ Andere Hersteller könnten sich durch die neuen Zölle zu einer weiteren Produktionsverlagerung veranlasst sehen – zumal, wenn etwaige Steuererleichterungen winken. Laut Deloitte-Chefvolkswirt Börsch bleibt der US-Markt für deutsche Unternehmen wegen niedriger Energiekosten, Energiesicherheit und des großen Binnenmarktes attraktiv. Gleichwohl könnten geopolitische Spannungen und eine stärkere Regionalisierung der Produktion die Geschäftsstrategien beeinflussen: „Eine Rückkehr zum Freihandel ist mehr als unwahrscheinlich. Industriepolitik und der Schutz strategischer Sektoren bleiben auf der Agenda.“ Europa muss sich „gut festschnallen“ Bereits Joe Bidens Politik kein Zuckerschlecken für die europäische Wirtschaft. Darauf wies Sadettin Yildiz, Chief Investment Officer der Privatbank Donner & Reuschel, in seinem Investmentausblick 2025 hin. Schon der Inflation Reduction Act habe große Investitionen in die USA bewegt – zuungunsten Europas. Yildiz rechnet damit, dass die USA versuchen werden, sich vom Rest der Welt wirtschaftlich mehr abzukoppeln – entgegengesetzt zur bisherigen Politik, unliebsame Staaten wie China vom Rest der Welt abzuschotten. China und die USA nahm auch Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz in der „Süddeutschen Zeitung“ in den Blick. Und er kam, ähnlich wie viele US-Beobachter, zu dem Schluss, Europa müsse sich „gut festschnallen“. Info The CFO Survey Die Studie „The CFO Survey” erscheint regelmäßig seit 1996, seit 2020 entsteht sie in Zusammenarbeit zwischen der Fuqua School of Business der Duke University und den Federal Reserve Banks von Richmond und Atlanta. Die Zahlen gehen auf ein Panel von 2.600 Finanzverantwortlichen in US-Unternehmen zurück.

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