Herr Bührdel, warum kommt die neue Finanzierung ausgerechnet jetzt – der bestehende Kredit wäre noch zwei Jahre gelaufen?
Die Refinanzierung zum jetzigen Zeitpunkt ist nach meiner Überzeugung ein sehr wichtiger Schritt. Wir haben uns mit zwei Jahren Vorlauf darum gekümmert, um uns frühzeitig eine langfristig stabile Finanzierungsgrundlage zu sichern. Für uns bestand zwar kein unmittelbarer Handlungsdruck, da die bestehenden Kreditverträge noch bis Mitte 2014 liefen. Mit der neuen Finanzierung verschaffen wir uns aber Planungssicherheit und Ruhe. Wir wollten damit eventuellen Turbulenzen auf den Finanzmärkten aus dem Weg gehen. Die Möglichkeit, einen unbesicherten Kredit aufnehmen zu können, eröffnet uns Flexibilität. Zum Beispiel können wir später einmal eine Anleihe platzieren.
Warum konnten Sie die Konditionen jetzt verbessern?
Das ist das Ergebnis unserer Geschäftsentwicklung in den vergangenen Jahren. Von 2005 bis 2011 konnten wir beispielsweise unseren Umsatz durchschnittlich um 8 Prozent pro Jahr und unser Operational EBITDA von rund 80 Millionen Euro auf über 130 Millionen Euro steigern. Die Nettoverschuldung der Ströer-Gruppe haben wir seit dem Börsengang verringert: 2011 haben wir sie auf das 2,3-fache des Operational EBITDA zurückgeführt und liegen damit bei dem niedrigsten Wert der vergangenen zehn Jahre. Dies beweist, dass wir in der Vergangenheit unsere Hausaufgaben gemacht haben. Die Verbesserung der Kreditbedingungen kostet uns zwar eine geringfügig höhere Marge. Unterm Strich erzielen wir immer noch einen Zinsvorteil, der sich ab 2013 positiv auf unser Zinsergebnis und den Cashflow auswirken wird.
Die Euro-Krise hat wieder an Fahrt gewonnen. Hat sie die Kreditverhandlungen beeinträchtigt?
Die Eurokrise schlägt immer stärker auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung durch, solange sie nicht gelöst ist. Sie hat aber auf unsere Kreditverhandlungen mit den Banken zum Glück keinen direkten Einfluss gehabt. Bei den Kreditgebern stehen die Robustheit unseres Kerngeschäfts und eine längerfristige Perspektive stärker im Vordergrund. Ein Großteil der an der Refinanzierung beteiligten Banken begleitet uns schon seit Jahren. Trotz der momentan schwächeren Entwicklung konnten wir sie davon überzeugen, dass unsere Wachstumsaussichten weiterhin gut und die strukturellen Trends in unseren Märkten intakt sind. Und wir haben in der Vergangenheit unter Beweis gestellt, dass wir auch in Zeiten mit weit höherem Risiko das Unternehmen umsichtig managen.
Welche Projekte stehen dieses Jahr noch bei Ströer an?
Seit dem Börsengang 2010 haben wir in den Ausbau zukunftsfähiger Strukturen investiert und ein Infrastrukturprogramm begonnen. Mit dem Kauf von ECE Flatmedia im Herbst 2011 konnten wir unser digitales Portfolio auf große deutsche Einkaufszentren ausdehnen. In der Türkei haben wir außerdem unser Vertragsportfolio gestärkt: Wir haben in Großstädten wie Antalya, Izmir und Erzurum, aber vor allem in Istanbul wichtige Verträge akquiriert und weiten dort derzeit unsere Kapazitäten aus. Diese Projekte werden wir weiter fortführen.
Info
Die Finanzierung
Das Finanzierungspaket mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro läuft über fünf Jahre und wurde von einem internationalen Bankenkonsortium bereitgestellt. Es refinanziert die bestehende syndizierte Kreditvereinbarung mit Darlehen von 395 Millionen Euro und 63 Millionen Euro schweren revolvierenden Linien, sowie den bisherigen Nachrangdarlehen über rund 21 Millionen Euro. Die neue Finanzierungsstruktur setzt sich aus einem endfälligen Darlehen über 275 Millionen Euro und einer flexibel nutzbaren Kreditlinie in Höhe von 225 Millionen Euro zusammen.