Warum der Anstieg aktivistischer Kampagnen den CFO bedroht

Aktivistische Investoren haben es immer stärker auf deutsche Unternehmen abgesehen. Schon 2023 zeichnete sich ab, dass hiesige Konzerne immer häufiger zur Zielscheibe der Aktivisten werden. Dieser Trend scheint sich im ersten Halbjahr 2024 zu halten: Mehr als ein Fünftel der Angriffe (22 Prozent) in Europa trafen in diesem Zeitraum deutsche Unternehmen. Damit zählt Deutschland – nach dem Spitzenreiter Großbritannien – zu den EU-Ländern mit den meisten aktivistischen Aktivitäten. Das ist überdurchschnittlich hoch: Von 2019 bis 2023 lag der Anteil bei 15 Prozent. Damit steigt die Anzahl der Aktivitäten bereits das zweite Jahr in Folge an. Das hat die Investmentbank Lazard für ihre „Review of Shareholder Activism“ für das erste Halbjahr 2024 analysiert. UK mit den meisten aktivistischen Kampagnen Im Vergleich zum Dauerspitzenreiter Großbritannien hat Deutschland nun stark aufgeholt. 25 Prozent aller europäischen Kampagnen im ersten Halbjahr 2024 fanden in Großbritannien an. Im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt von 2019 bis 2023, der bei 39 Prozent aller europäischen Kampagnen liegt, ist die Zahl der Angriffe auf britische Unternehmen in diesem Jahr aber bislang deutlich zurückgegangen. Auch bei Deutschlands Nachbar Frankreich ist die Zahl der aktivistischen Kampagnen in die Höhe geschnellt: In den vergangenen sechs Monaten fanden 19 Prozent aller europäischen Kampagnen bei französischen Unternehmen statt (Durchschnitt von 2019 bis 2023: 12 Prozent). Mehr zum Thema Deutschland ist die neue Zielscheibe der Aktivisten Deutsche Unternehmen wurden 2023 regelrecht von aktivistischen Investoren heimgesucht. Beunruhigend: Es sind nicht mehr nur die Mega-Konzerne, die sich vor Angriffen fürchten müssen. Mehr lesen Industriesektor bei Aktivisten am beliebtesten Der bei aktivistischen Investoren beliebteste Sektor ist Industrials. 22 Prozent aller europäischen Kampagnen richteten sich gegen Unternehmen aus diesem Sektor. Das liegt vor allem daran, dass Konzerne aus der Branche am stärksten in dem Index Stoxx 600 vertreten sind. Am zweithäufigsten wurden Unternehmen aus dem Sektor Financial Institutions (14 Prozent) Opfer von aktivistischen Angriffen. Attacken auf die Healthcare-Branche, die 2023 am zweithäufigsten betroffen war, nahmen 2024 stark ab – nur noch 8 Prozent der Kampagnen fanden in der Branche statt. Stattdessen sind die Medienbranche mit 14 Prozent (2023: 4 Prozent) und der Energiesektor, ebenfalls mit 14 Prozent (2023: 3 Prozent), stärker ins Visier der aktivistischen Investoren gerückt. Zahl der First Timer steigt Spannend: Die Zahl der „First Timer“, also derjenigen Investoren, die erstmals öffentlich Kampagnen gestartet haben, steigt weiter an. 36 Prozent der europäischen Kampagnen wurden in den vergangenen sechs Monaten von „First Timern“ angeleitet. Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2023 lag der Anteil bei 45 Prozent – bis dahin ist es also kein großer Sprung. Dennoch werden Unternehmen vermehrt von mehreren Aktivisten angegriffen. Laut Lazard wurden im ersten Halbjahr 16 Prozent der anvisierten europäischen Unternehmen parallel oder kurz nacheinander von mehreren Aktivisten angegriffen. 2023 lag der Anteil mit 19 Prozent auf einem ähnlichen Niveau. Der Aufstieg von „First Timern“ sowie die Schwarmbildung bei Aktivisten hängen laut der Investmentbank stark miteinander zusammen. „First Timer“ neigen nicht selten dazu, sich mit anderen Aktivisten zusammenzuschließen, um ihren Einfluss zu bündeln und zu verstärken. Die aktivsten Investoren und ihre Forderungen Zu den aktivsten Investoren im europäischen Raum zählen in der ersten Jahreshälfte Bluebell Capital mit 3 Angriffen, Amber Capital (2 Kampagnen), Deka Investment (2), Elliot (2) sowie Harris Associates (2) und Sycomore (2). Betroffen waren vor allem Mega-Cap- und Large-Cap-Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung ab 20 Milliarden US-Dollar. Wie Lazard herausfand, machten diese rund 26 Prozent der anvisierten Unternehmen im ersten Halbjahr aus. Die meisten Kampagnen haben der Investmentbank zufolge einen M&A-Bezug (23 Prozent). Forderungen nach einer Konzernaufspaltung haben beispielsweise an Gewicht verloren: 2023 erreichten M&A-Kampagnen mit einem Anteil von 43 Prozent ein neues Hoch. Derzeit rangieren diese auf dem Niveau der Jahre 2019 bis 2022. Die Forderung nach personellen Veränderungen im Aufsichtsrat hält sich mit 22 Prozent in etwa auf dem Vorjahresniveau. Nach Veränderungen im Vorstand begehrten hingegen lediglich 7 Prozent der aktivistischen Kampagnen auf. Die Kapitalallokation war in 15 Prozent der Kampagnen ein Thema. 16 Prozent der Angriffe zielten auf die Unternehmensstrategie oder andere operative Themen ab. In 9 Prozent der Fälle war die Governance des Unternehmens Thema. Mehr Wechsel auf der CEO-Position Unternehmen sollten den Forderungen weitestgehend nachkommen: Interessant ist nämlich, dass europäische Unternehmen, die von aktivistischen Angriffen angegriffen werden, doppelt so häufig Wechsel auf ihrer CEO-Position haben, als Unternehmen, die nicht ins Visier der Aktivisten geraten, zeigt das Lazard-Paper. Damit ist auch der CFO in der Pflicht, denn es liegt auch an ihm, mit den Investoren gut zu verhandeln und den Forderungen nachzugehen. Kommen Finanzchefinnen und Finanzchefs ihren Pflichten nicht nach, könnten sie am Ende des Tages auch um ihre Positionen bangen müssen.

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