Big City Beats: Corona-Stress und Private Equity

Eigentlich hätte diesen Sommer in Frankfurt mit dem World Club Dome wieder ein großes Elektromusik-Festival stattfinden sollen, das über drei Tage verteilt 180.000 Besucher anlockt. Doch daraus wurde nichts. Wegen der Coronavirus-Pandemie blieb der Frankfurter Deutsche Bank Park, wo die Party seit 2013 steigt, genauso leer wie die Kassen des Veranstalters Big City Beats. Grund genug, dass bei Beyond Capital Partners – dem Private-Equity-Investor gehört seit Oktober 2018 die Mehrheit an Big City Beats – und dem Unternehmen die Alarmglocken schrillen müssten. Wie groß ist der entstandene wirtschaftliche Schaden? Was davon ist reparabel? Und wie geht es weiter mit dem Unternehmen? Big-City-Beats-Gründer Bernd Breiter und Beyond-Capital-Partners-Gründer Christoph Kauter geben sich im Interview kämpferisch und angriffslustig. Herr Breiter, mit den Big City Beats verbindet man in erster Linie das Musikfestival World Club Dome, das alljährlich im Frankfurter Deutsche Bank Park (früher Commerzbank-Arena) stattfindet. Das Coronavirus hat die Party komplett gekillt. Hand aufs Herz, wie groß war der Schock für Sie? Breiter: Die Big City Beats sind nicht nur der World Club Dome. Aber es stimmt schon, dass das Event unser Aushängeschild ist. Allein im vergangenen Jahr hat es über drei Tage verteilt 180.000 Besucher angezogen. Dass dieses Jahr überhaupt niemand kommen konnte, war schon ein bisschen doof. Aber das Coronavirus existiert nun einmal und ist in den Köpfen der Menschen. Diese Situation muss man akzeptieren und versuchen, das beste aus ihr zu machen. Ihr Kerngeschäft ist komplett weggebrochen. Wie können Sie darin etwas Gutes sehen? Breiter: Die ganze Pandemie ist eine unglaublich negative Energie. Wir haben uns überlegt, wie wir das in ein bisschen positive Energie umwandeln können: Also haben wir unsere Fan-Community weiterhin bespielt. Wir haben den World Club Dome im Stadion zusammen mit einigen Fußballspielern von Eintracht Frankfurt trotzdem gefeiert und ins Internet gestreamt. Wir wollten den Leuten das Big-City-Beats-Wochenend-Gefühl nach Hause bringen. Aus Marketing-Gesichtspunkten leuchtet das ein. Aber damit konnten Sie sicherlich nicht den wirtschaftlich Schaden kompensieren, der durch den abgesagten World Club Dome entstanden ist. Breiter: Wir haben kostendeckend gearbeitet. Aber natürlich kann man keinen Umsatz auffangen, der aus einem mehrtägigen und gutbesuchten Event entsteht. Big City Beats entgehen 7 Millionen Euro Umsatz Wir haben mal nachgerechnet: 3-Tages-Tickets für den World Club Dome kosten zwischen 99 und 120 Euro. Bei 60.000 verkauften Tickets dürfte Ihnen das allein in etwa zwischen 6 und 7,2 Millionen Euro Umsatz bringen. On top kommen noch Werbeerlöse und die Vermietung von Logen. Ist dieses Geschäft dieses Jahr komplett verloren? Breiter: Genaue Unternehmenszahlen kann ich nicht kommentieren. Natürlich fehlen uns der Gewinn und Umsatz für ein Jahr. Aber wir haben viele treue Fans, die keine Rückerstattung wollten und bei einem Ticket-Tausch für das nächste Jahr mitgemacht haben. Glücklicherweise hatten wir für das Event noch nicht so viel Geld ausgegeben. Wir hatten Marketing-Ausgaben, aber die Künstlergagen wurden zum Beispiel komplett in das nächste Jahr geschoben. Und die Ausgaben, die nicht storniert werden konnten, werden teilweise auch von Versicherungen getragen. „Natürlich kann man keinen Umsatz auffangen, der aus einem mehrtägigen Event entsteht.“ Bernd Breiter, CEO, Big City Beats Aber reicht das aus, damit die Big City Beats am Endes des Jahres keinen Verlust machen? Breiter: Wenn es jetzt im nächsten halben Jahr halbwegs gut läuft und wir wieder kleinere Events machen dürfen, dann können wir aus diesem Jahr vielleicht mit einer schwarzen Null rausgehen. So oder so laufen wir nicht Gefahr, dass jetzt alles den Bach runtergeht. Was macht Sie da so sicher? Kauter: Da möchte ich Bernd einmal loben. Er hatte seine Kosten immer im Griff. Außerdem haben die Big City Beats einen siebenstelligen Eurobetrag auf der hohen Kante. Mit diesen Reserven kann das Unternehmen mit dem bestehenden Kostenapparat zur Not auch ohne Umsätze noch zwei oder drei Jahre durchhalten. Breiter: Wenn 2021 die Festival- und Konzertsaison wieder ausfallen sollte, haben nicht nur wir ein Problem. Dann wird es die komplette Branche nicht mehr geben. Ich bin trotzdem optimistisch für das nächste Jahr, beim Fußball dürfen nun ja mitunter auch wieder 10.000 Leute ins Stadion kommen. Wir planen darum für das nächste Jahr voll durch. Auch die Winter-Edition des World Club Domes im Januar 2021? „Mit den Reserven kann das Unternehmen zur Not noch zwei oder drei Jahre durchhalten.“ Christoph Kauter, Gründer, Beyond Capital Partners Breiter: Absolut. Wir haben vor zwei Monaten mit den Vorbereitungen begonnen. Wenn die Politik zum Jahresende ein Signal gibt, dass das Event durchgeführt werden kann, wollen wir bereit sein. Natürlich läuft der Ticketverkauf nicht so bombig wie vergangenes Jahr, aber wir verkaufen immerhin jeden Tag Tickets. Allein darauf können Sie sich aber doch nicht verlassen. Überlegen Sie sich alternative Geschäftsideen für die Big City Beats? Breiter: Wir haben die Coronakrise genutzt, um die ein oder andere Innovation auszuprobieren. Wir waren die ersten, die ein Autokonzert veranstaltet haben. Jetzt wird dieses Konzept weltweit kopiert. Im Frankfurter Shopping-Center My Zeil gibt es die längste Rolltreppe der Welt. Da haben wir einen DJ hoch und runter fahren lassen und über 50 Leute pro Stockwerk entertaint. Wir waren schon immer mehr als nur der World Club Dome. Wir machen auch kleinere Events wie die Big City Beats Club Kitchen oder das Influencer-Festival Glam. Wir haben neulich auch ein Mitarbeiter-Event mit Rolles Royce auf Sylt gemacht. Bringt Sie das wirtschaftlich nennenswert weiter? Breiter: Solche Events wie die Firmenfeier mit Rolls Royce helfen uns perspektivisch für den VIP-Bereich des World Club Domes, wo wir Logen verkaufen. Den World Club Dome kann man auf diese Weise einem breiteren Publikum erklären. Wir brechen die Marke herunter und schicken sie in kleinen Einzelteilen auf Tour und halten so die Story heiß. Man muss jetzt First Mover sein und Sponsoren kleine und bezahlbare Events und Produkte anbieten. Von der Gewinnstruktur decken wir damit unsere laufenden Kosten, bringen uns aber in Stellung, wenn die großen Events wieder losgehen können. BigCityBeats 2020 Escalator-Party: In der Coronakrise haben die Big City Beats im Frankfurter Einkaufszentrum My Zeil einen DJ Rolltreppe fahren lassen. Beyond Capital Partners hält an Big City Beats fest Ab wann das wieder geht, steht aber immer noch in den Sternen. Herr Kauter, haben Sie als Private-Equity-Investor die Geduld, um das auszusitzen? Kauter: Für uns waren die Big City Beats immer ein langfristiges Thema. Wenn wir das Unternehmen dieses oder nächstes Jahr verkaufen müssten, wäre das natürlich keine gute Zeit, aber ein Exit stand und steht gerade nicht auf der Agenda. Ist denn Ihre Investment-These für Big City Beats noch aufrechtzuerhalten? Schließlich ist das Kerngeschäft bedroht. Kauter: Neue Sponsoren, neue Fans, neue Reichweite: Der Investment-Case ist heute noch genauso valide wir vor knapp zwei Jahren, als wir eingestiegen sind. Man muss unabhängig von Corona sagen, dass bisher rund 95 Prozent unserer Ziele erreicht sind. Der World Club Dome ist heute eine globale Marke mit acht Veranstaltungen auf drei Kontinenten. Auch mit außereuropäischen Ländern wurden für nächstes Jahr Verträge unterschrieben. FINANCE-Themenseite Private Equity In die Private-Equity-Branche fließt so viel Geld wie nie. Das heizt den Wettbewerb der Finanzinvestoren um Zielunternehmen an. Lesen Sie mehr auf der FINANCE-Themenseite. Mehr zum Thema Trotzdem müssen Sie als Finanzinvestor irgendwann verkaufen. Das liegt in der Natur der Sache. Welcher Private-Equity-Investor kauft nach den Corona-Erfahrungen auf absehbare Zeit ein Unternehmen aus dem Eventbereich? Kauter: Momentan wäre das natürlich schwierig. Was 2022 oder 2023 ist, muss man schauen. Sobald die Entertainment-Branche wieder zur Normalität zurückkehrt, werden die Big City Beats auch wieder für Käufer interessant. Wir sind für vier bis fünf Jahre angetreten, da haben wir jetzt noch nicht einmal die Hälfte des Weges hinter uns. Mit Blick auf den Gewinn wird zumindest das Jahr 2020 ein verlorenes Jahr werden, vielleicht drohen sogar noch weitere verlorene Jahre. Haben Sie ihre Rendite-Erwartungen für die Big City Beats schon nach unten korrigiert? Kauter: Nein, wir haben nichts korrigiert. In unserem Marktsegment wird generell erwartet, dass wir mit einem Investment in etwa 3,5x Geld verdienen. Das ist mit den Big City Beats weiterhin möglich. Stand heute spricht auch nichts dagegen, dass das Ausstiegs-Multiple über unserem Einstiegs-Multiple liegen wird. Aber bevor Sie gleich nachhaken: Zahlen kann ich dazu nicht nennen. „Die Big City Beats verbrennen kein Geld.“ Christoph Kauter Sie haben zu Beginn des Gesprächs die konservative Unternehmensführung der Big City Beats gelobt. Wie konservativ waren Sie selbst? Arbeiten Sie bei den Big City Beats mit Leverage? Kauter: Nein, das ist ein reines Equity-Investment. Da kein Leverage drin ist, haben wir in der Coronakrise auch keinen Stress mit den Banken gehabt. Die Big City Beats wurden und werden auf Guthabenbasis geführt. Das hilft in so einer Krise. Hat Beyond Capital Partners frisches Geld nachschießen müssen? Kauter: Das war bisher zum Glück nicht nötig. Sollte sich das ändern, wären wir dazu aber bereit. Bernd und ich haben bis jetzt auch keine staatlichen Corona-Hilfen für Big City Beats in Anspruch genommen. KfW-Hilfen haben wir geprüft, aber das hätte uns keinen Mehrwert gebracht. Wir verfolgen aber regelmäßig die politische Entwicklung zu dem Thema und werden dann im Sinne der Firma aktiv werden, wenn es sinnvoll erscheint. Ganz ohne Stabilisierungsmaßnahmen werden Sie aber sicherlich nicht ausgekommen sein. Kauter: Für einen Teil der Mitarbeiter wurde Kurzarbeit angemeldet, aber sonst ist der Kostenblock der Big City Beats wirklich gering. Da das Unternehmen keinen Leverage hat, gab es auch keine Linien, die wir kurzfristig hätten ziehen können. Das war aber auch alles nicht nötig, denn die Big City Beats verbrennen kein Geld. Ich bin guter Dinge, dass das Unternehmen gestärkt durch diese Krise gehen wird. philipp.habdank[at]finance-magazin.de Info Noch mehr Hintergrundinformationen zum deutschen Beteiligungsmarkt finden Sie auf der FINANCE-Themenseite Private Equity.

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