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Private Equity und Agenturen: So klappt’s

Hat für Afinum einen neuen CFO gefunden: Afinum-Manager Burkhard von Wangenheim.
Afinum

Herr von Wangenheim, vor kurzem hat Afinum seine Anteile an der Werbeagentur Avantgarde an die Beteiligungsgesellschaft EMH verkauft. Viele Ihrer Private-Equity-Kollegen haben schlechte Erfahrungen mit Agenturen im Portfolio gemacht. Sie auch?

Nein, Avantgarde war für uns ein erfolgreiches Investment mit dem wir unseren Einsatz in etwa verdoppelt haben. Das Ebitda hat sich während unserer Haltedauer mehr als verdoppelt und ist mittlerweile deutlich zweistellig. Mittelfristig sollte es die 20 Millionen Grenze überschreiten. Grundsätzlich ist die Agenturbranche für Private Equity wahrscheinlich jedoch eher ein schwierigeres Pflaster. 

Warum floppen Ihrer Meinung nach viele Private-Equity-Investments in Agenturen?

Das klassische Agenturgeschäft unterliegt zunehmendem Preisdruck und man sollte schon sehr gut verstehen, wie sich die jeweilige Agentur hier differenzieren kann. Oftmals verstehen Private-Equity-Investoren zudem vielleicht nicht ausreichend, wie eine Agentur wirklich funktioniert. Der Erfolg einer Agentur steht und fällt mit den Personen, der Kultur und einer klaren Vision, auf die alles ausgerichtet wird. Agenturen sind besondere Ökosysteme mit einem speziellen Lifestyle. Wenn dieses Gefüge von Private-Equity-Investoren konterkariert wird, weil man meint, mit den klassischen Tools zur Prozess- und Kostenoptimierung, schnell zum Erfolg zu kommen, geht der Schuss meist nach hinten los.

Aber das sollte ein Private-Equity-Investor vorher doch wissen. 

Wahrscheinlich. Fakt ist aber, dass sich die Anzahl von erfolgreichen Agentur Investments im deutschen Private Equity Umfeld doch sehr in Grenzen hält, insbesondere auch, wenn ich an die Umsetzung von Buy-and-Build-Strategien als wesentlichen Werthebel denke. Das hat in den wenigsten Fällen nachhaltig funktioniert. Zwar ist der Markt sehr fragmentiert, aber die Integration von Agenturen ist viel schwieriger als bei produzierenden Unternehmen. Ein Private-Equity-Investor darf auch die einzelnen Agenturen nicht frontal in den Wettbewerb zueinander stellen. 

Was lief bei Avantgarde anders als bei anderen Investments? 

Wir sind seinerzeit bewusst nur eine Minderheitsbeteiligung von rund 40 Prozent eingegangen. Wir haben damals im Wesentlichen passive Alt-Gesellschafter herausgenommen, die operativ nicht mehr aktiv waren, um gemeinsam mit dem Führungsteam um Martin Schnaack (CEO), Guido Emmerich (COO) und Alexander Böttcher (CDO) eine Wachstumsstrategie und klare Vision umzusetzen. Das Investment war zudem „all Equity“, wir haben die Beteiligung also ohne Fremdkapital finanziert, weil wir zur Umsetzung der Strategie maximale Flexibilität sicherstellen wollten. Entscheidend war aber, dass wir die Vision des Managements geteilt haben und keine Notwendigkeit sahen, strukturell etwas zu verändern. 

Afinum installierte 30-jährigen CFO

Das heißt, Sie waren nur Beifahrer?

Nein, ich wollte damit verdeutlichen, dass wir Avantgarde keine neue Strategie übergestülpt haben. Das geht vielleicht in anderen Fällen, aber nicht bei Agenturen, die sehr stark von einzelnen Personen abhängig sind. Entweder Sie teilen die Vision des Managements oder Sie haben sich in einen Problemfall eingekauft, der selten gut ausgeht. Hier muss auf beiden Seiten absolute Klarheit herrschen. 

„Ein trockener, analytischer Zahlen-CFO hätte dort auch nicht funktioniert.“

Burkhard von Wangenheim, Partner, Afinum

Entscheidungen in Agenturen müssen noch mehr als in anderen Unternehmen auch von innen heraus getroffen werden. Wir haben uns vor allem auf den Bereich Finance & Controlling und die Suche nach einem geeigneten Finanzchef konzentriert, der das Controlling weiterentwickeln sollte, ohne die Agentur und deren kreative Dynamik zu sehr abzubremsen. Das Controlling ist oftmals nicht die größte Stärke von Agenturen, aber ein trockener, analytischer Zahlen-CFO hätte dort auch nicht funktioniert. 

Fündig wurden Sie schließlich bei EY und Robert Müller. Was zeichnet einen Agentur-CFO aus?

Robert Müller war bei seinem Einstieg mit gerade 30 Jahren für einen Private-Equity-CFO und die Unternehmensgröße eigentlich zu jung, aber er hat neben seiner hohen fachlichen Kompetenz auch mit seiner offenen Art und emotionalen Intelligenz sehr gut in die Avantgarde gepasst und auch schnell gelernt, die Sprache der Mitarbeiter zu sprechen. Seine Aufgabe bestand nicht nur darin, ein KPI-orientiertes Reporting aufzubauen, er sollte auch eine Methodik entwickeln, anhand derer jederzeit beurteilt werden kann, ob einzelne Projekte im Soll und somit profitabel verlaufen oder man frühzeitig handeln, und mit dem Kunden in einem Dialog treten muss. 

Es gibt wenige Agenturen, die verlässlich sagen können, mit welchen Kunden sie wie viel Geld verdienen. Agenturen sind stark projektgetrieben mit Unschärfen in der Kostenrechnung, zudem erfolgt der substanzielle Cash-Zufluss meist erst am Projektende. Wenn man das nicht richtig trackt, kann es passieren, dass die Agentur erst ex-post – oder im schlimmsten Fall gar nicht – feststellt, dass sie mit einem Projekt gar kein Geld verdient hat. 

Und Avantgarde hat nun absolute Transparenz über den Cashflow?

Ich würde behaupten ja. Robert Müller kann den Cashflow auf Basis aktueller Parameter verlässlich für zwölf Monate prognostizieren. Sein Team sieht die Cash-Bewegung auf Tages- und Monatsbasis, und auf Basis der jeweiligen Projekte. Als Agentur muss man versuchen, die typischen Cash-Zyklen zu durchbrechen. Avantgarde hat mit seinen Kunden zunehmend auch Vereinbarungen abgeschlossen, die monatliche Zahlungen beinhalten. Die durchschnittliche Cash Conversion Rate, also das Verhältnis von Free Cashflow zu Ebitda lag 2018 bei über 75 Prozent. 

„Die durchschnittliche Cash Conversion Rate lag 2018 bei über 75 Prozent.“

Sie haben Avantgarde vier Jahre gehalten. Hat die Umsetzung Ihrer Strategie so lange gedauert?

Ehrlich gesagt haben wir uns in den ersten beiden Jahren sehr stark mit dem Unternehmen selbst beschäftigt. Wir mussten uns erst mit den jeweiligen Persönlichkeiten und der internen Unternehmenskultur besser vertraut machen. Es gab aber auch Themen, die wir erst lernen mussten. In einer Agentur können Sie zum Beispiel keine harte Zeiterfassung mit einem Stempelsystem einführen. Man muss den Mitarbeitern bewusst Zeit für vermeintlich unproduktives Brainstorming und Beisammensein lassen. Seit der Gründung der Avantgarde im Jahre 1985 hat das Unternehmen seinen Umsatz im Schnitt jede 5 Jahre verdoppelt. Irgendetwas muss man also richtig gemacht haben.

Avantgarde soll spätestens in fünf Jahren an die Börse

Ein Private-Equity-Investment ohne Zukäufe ist aber schon sehr ungewöhnlich. Waren Add-ons nie ein Thema?

Wir haben uns natürlich auch andere Agenturen angesehen, uns letztendlich aber immer gegen den Zukauf anderer Agenturen entschieden. Das liegt auch an der Besonderheit von Avantgarde. Dessen Gründer und CEO Martin Schnaack ermuntert Mitarbeiter mit neuen Ideen, diese inhouse umzusetzen. Die Agentur hat dadurch inzwischen einen ganzen Pool an eigenen Start-ups, die von Mitarbeitern eigenständig weiterentwickelt werden können. Man wächst somit im Grunde genommen ausreichend aus sich selbst heraus.

Dafür wird in letzter Konsequenz auch eine neue GmbH aufgesetzt, an welcher der entsprechende Mitarbeiter meist auch Anteile zugeteilt bekommt. Ein Beispiel wären die Avantgarde Experts & Talents. Der Personalvermittler setzt in diesem Jahr rund 90 Millionen Euro um und ist vor sechs Jahren bei Null gestartet. Aus dem ehemaligen Start-up ist ein eigenständiges Unternehmen entstanden, das mittlerweile rechtlich und operativ vollkommen autark von der Agentur agiert, profitabel ist und weiter stark wächst. 

Wie gestaltete sich der Verkaufsprozess der Agentur?

„Die Vision beinhaltet unter anderem die Ambition eines Börsengangs in drei bis fünf Jahren.“

Der war ähnlich untypisch wie eigentlich das komplette Investment. Wir hatten vor Beginn unseres Einstiegs mit Martin, Guido und Alexander vereinbart, dass wir keine klassische Auktion wollen. Wir mussten also selbst einen Käufer finden, der zur Kultur und Vision von Avantgarde passt. Dies bedeutet unter anderem die Ambition eines Börsengangs in drei bis fünf Jahren. Wichtig waren dabei viele persönliche Treffen zwischen dem Management und ausgewählten Investoren. Mit durchgetakteten Management-Präsentationen, Datenräumen und polierten Info Memos kommt man da nicht weit. 

Warum erhielt am Ende EMH den Zuschlag?

Die beiden Gründer von EMH sind selbst erfolgreiche Start-up-Unternehmer. Gleiches galt für den verantwortlichen Partner, Thomas von Werner, der auch einen unternehmerischen Hintergrund hat. Das hat dem Management gefallen. Auch dass beide Häuser in München sitzen und man sich auf kurzem Dienstweg treffen konnte, spielte dabei in die Karten.

Für EMH wiederum war es hilfreich, dass Avantgarde auf der Finanz und Controlling Seite system- und personalseitig aufgeräumt war, aber vor allem auch Cashflow-Stabilität und Transparenz zeigen konnte. Dadurch hatte EMH die Möglichkeit, einen Teil der Übernahme mit Banken fremd zu finanzieren. Das wäre bei unserem Einstieg damals undenkbar gewesen.