ChatGPT & Co.: Macht Private Equity mit KI bessere Deals?

Seit Ende des vergangenen Jahres kommt man kaum um den Chatbot ChatGPT herum. Überall experimentieren Menschen mit dem generativen KI-Tool und testen seine Grenzen aus. Anwendungsbereiche in der Corporate-Finance-Welt gibt es dabei viele, wie etwa im Controlling. Gibt es noch weitere Einsatzmöglichkeiten, etwa im Private-Equity-Geschäft? FINANCE hat sich umgehört. Die erste Recherchestation: ChatGPT selbst. Was antwortet der Chatbot auf die Frage, wie er das Private-Equity-Business effizienter machen kann? Laut ChatGPT gibt es fünf wesentliche Möglichkeiten, das Tool nutzwertig bei PE-Deals einzusetzen: Im Dealsourcing, bei der Due Diligence, bei Unternehmensbewertungen, bei der Portfolio-Optimierung sowie bei Prognosen und Trendanalysen. Die Künstliche Intelligenz verspricht, große Datenmengen zu analysieren und damit zum Beispiel potentielle Investitionstargets zu finden oder die Due Diligence zu beschleunigen. Mithilfe von Vergleichsdaten will ChatGPT auch Unternehmensbewertungen vornehmen oder Branchentrends analysieren können. Antworten von ChatGPT auf die Frage, ob generative KI das Private-Equity-Geschäft effizienter machen kann. Foto: ChatGPT Private-Equity-Berater nutzen KI für ESG-Analyse In dem Ausmaß, wie ChatGPT selbst verspricht, genutzt werden zu können, kommt das Tool aber bei weitem noch nicht zum Einsatz. Im Gegenteil: Der Großteil der von FINANCE befragten Investment Professionals steht generativen KI-Tools noch sehr skeptisch gegenüber. Ein Private-Equity-Fonds, der namentlich nicht genannt werden möchte, berichtet, dass zwar nicht er selbst, aber von ihm engagierte Beratungsunternehmen Künstliche Intelligenz bei der ESG-Analyse von Portfoliounternehmen einsetzen. Die Maschine hat auf der Basis von eingespeisten Daten die ESG-Bewertung der Unternehmen unterstützt. Darüber hinaus wollte sich aber kein Finanzinvestor auf Nachfrage von FINANCE zu den Einsatzmöglichkeiten und Risiken von Tools wie ChatGPT äußern – bis auf eine Ausnahme. Montagu ist offen gegenüber ChatGPT Daniel Fischer, Partner bei Montagu, findet generative KI und Tools wie ChatGPT interessant und hilfreich. Er und seine Mitarbeiter nutzen den Chatbot schon eifrig. „Vor allem unsere Juniors testen ChatGPT für ihr Research, sie überprüfen Thesen und lassen Informationen validieren“, berichtet Fischer. Er ist der Überzeugung, dass man sich mithilfe von ChatGPT schnell in ein nischiges Thema einarbeiten und ein gutes, anfängliches Grundverständnis eines Sachverhalts erhalten kann. „Der Bot kann einen groben Überblick über Sektoren oder die Zusammenspiele in einer Branche liefern – ähnlich einer Landkarte“, so der Montagu-Partner. Darüber hinaus sieht Fischer weitere zukünftige Einsatzmöglichkeiten des Tools, die sich mit der Antwort des Chatbots decken: „Ich kann mir gut vorstellen, dass wir Künstliche Intelligenz irgendwann für das Target Screening oder das Durcharbeiten und Zusammenfassen von Unternehmensprofilen nutzen werden“, sagt der Private-Equity-Investor. Auch bei der Due Diligence sieht er Potential: „Dabei sind wir mit Unmengen von Daten konfrontiert, wie zum Beispiel mit Kundenlisten und Finanzkennzahlen sowie deren Entwicklung. Wenn ein Tool diese künftig vorstrukturieren könnte, wäre das eine echte Erleichterung.“ Zudem setzt Fischer große Hoffnung in Microsofts Copilot. Die Anwendung will Künstliche Intelligenz in das gesamte Microsoft-Universum bringen, von Word über Excel bis hin zu Powerpoint. Auf der Webseite wird etwa damit geworben, dass das Tool auf Basis von Gesprächsnotizen ein Meeting-Protokoll oder Präsentationen erstellt sowie automatisiert Grafiken aus Excel-Tabellen bastelt. „Es wäre traumhaft, wenn wir mithilfe von KI Memos oder Unternehmenspräsentationen nach standardisierten Vorlagen schreiben und bauen könnten“, findet der Partner. Insgesamt fünf Aspekte hat ChatGPT ermittelt, wie generative KI Private Equity effizienter machen kann. Foto: ChatGPT Darauf muss Private Equity bei ChatGPT achten Der Private-Equity-Mann sieht aber auch Risiken bei der Nutzung von ChatGPT. „Man kann sich bis jetzt nicht auf die Ergebnisse verlassen, sie sind noch zu oft fehlerbehaftet. Und die Zeitersparnis ist aktuell auch noch nicht signifikant“, gibt Fischer zu bedenken. Auch die Themen Daten und Datensicherheit treiben ihn herum. Einerseits sind bislang nur öffentlich verfügbare Informationen bis Herbst 2021 verfügbar. Das heißt, die Informationen, die Montagu erhält, kann auch ein Wettbewerber abrufen. Außerdem kann das Tool keine Vorhersagen treffen, da der Datenschatz zeitlich begrenzt ist. Andererseits ist nicht garantiert, dass ChatGPT mit vertraulichen Daten von Nutzern auch vertraulich umgeht. Denn der Betreiber OpenAI speichert personenbezogene Daten auf seinen Servern, damit der Chatbot diese zum Lernen verwenden kann. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass er die Informationen an anderer Stelle wieder ausspuckt. In einer hochvertraulichen Branche wie dem Private-Equity-Markt ist das ein absolutes No-Go. Wer das Tool trotzdem verwenden möchte, kann vertrauliche oder personen- und unternehmensbezogene Daten allerdings anonymisiert einspeisen. Fischers Fazit fällt trotz der Risiken positiv aus: „Ich glaube, dass wir perspektivisch so viel Zeit mit der Nutzung von KI-Tools einsparen, dass wir unsere Ressourcen verstärkt in die Aufgaben stecken können, die definitiv menschliche Interaktion erfordern: Experteninterviews führen, Netzwerken und Investment-Entscheidungen treffen.“ Mehr zum Thema „Reine Excel-Controller brauchen wir nächstes Jahr nicht mehr“ ChatGPT scheint die Arbeitswelt im Sturm zu erobern. FINANCE spricht mit zwei Experten darüber, wie die generative KI das Controlling und die Finanzabteilung verändern wird. Mehr lesen Altor investiert in Künstliche Intelligenz Einen etwas anderen KI-Ansatz fährt der Midcap-Investor Altor: Die Skandinavier haben Künstliche Intelligenz als Investment-These ausgemacht und vor rund einem Jahr in das finnische Unternehmen Silo AI investiert. Gegründet im Jahr 2017, will das Unternehmen AI-Wissenschaftler miteinander vernetzen und Unternehmen dabei unterstützen, KI-Lösungen zu entwickeln. Über 240 Mitarbeiter haben seit der Gründung mehr als 200 KI-Projekte umgesetzt. „Künstliche Intelligenz ist ein spannender Bereich. Wir haben in Silo AI unter anderem auch deshalb investiert, um über dieses Portfoliounternehmen selbst zu lernen, was sich in dem Markt tut und möglich ist“, berichtet Giovanna Maag, Partnerin bei Altor in Zürich. Und hinter dem Investment steckt noch eine weitere Idee: Altor will Silo AI nicht nur als Investment weiterentwickeln, sondern auch Synergien im Portfolio heben. „Silo AI arbeitet mit unseren Beteiligungen zusammen, um KI-Lösungen auf den Weg zu bringen“, ergänzt Altor-Partner Hajo Krösche. Beide Altor-Partner sehen großes Potential in generativer KI und anderen Lösungen wie Large Language Models. Doch bis diese in großem Stil im Private-Equity-Geschäft eingesetzt werden können, dauere es „noch ein bisschen“. Ob Private Equity dann sogar bessere Deals machen kann, wird sich zeigen müssen. Und bis es so weit ist, wird sich Private Equity – wie alle anderen Branchen auch – wohl damit zufriedengeben müssen, dass die Informationen, die Tools wie ChatGPT ausspucken, vorerst noch mit Vorsicht zu genießen sind.

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