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Immobilien in der Krise – eine Chance?

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Das müssen Unternehmen gerade bei ihren Immobilien beachten. Foto: gui yong nian - stock.adobe.com
Das müssen Unternehmen gerade bei ihren Immobilien beachten. Foto: gui yong nian - stock.adobe.com

Seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs wird viel über eine Immobilienkrise diskutiert. Dabei sah es für Bauunternehmen, Projektentwicklungsgesellschaften, Investoren und andere Marktteilnehmer in der Vergangenheit ganz anders aus. Günstige Zinsen führten im geschäftlichen wie privaten Bereich zu großer Nachfrage. Das setzte sich auch in der Corona-Pandemie fort.

Durch den Russland-Ukraine-Konflikt und den substantiellen Auswirkungen auf die Industrie änderte sich die Lage. Die Beschaffung von Rohstoffen wurde schwieriger und teurer. Die Folgen sind Bauverzögerungen und höhere Baukosten. In der aktuellen Diskussion häufig ausgeblendet sind die Unternehmen mit Bestandsimmobilien, die einerseits durch Mietausfälle und andrerseits durch Vorfinanzierung der gestiegenen Nebenkosten betroffen sind.

Immobilienkrise: Reaktionen der Wirtschaft

Die Wirtschaft hält sich im Immobilienbereich zurück. Es werden weniger neue Aufträge vergeben, viele Projekte werden vorübergehend gestoppt, teilweise werden sie noch in der Projektphase beendet.

„Bei früh erkannten Krisen bis hin zum Stadium der „nur“ drohenden Zahlungsunfähigkeit bestehen die größten Handlungsspielräume für alle Beteiligten.“

Mit diesen Ausfällen haben dann wiederum die nachgelagerten Unternehmer zu kämpfen. Wird ein Bauprojekt nur vorübergehend gestoppt, stellen sich für die beteiligten Unternehmen dann nicht nur Liquiditätsprobleme, sondern in deren Folge auch (insolvenz-)rechtliche Fragen. Die jüngste Erhöhung der Leitzinsen durch die EZB hat eine Finanzierung für die zusätzliche Projektdauer verteuert und wirkt sich negativ auf die Rendite aus den Bauprojekten aus.

Immobilienkrise: Reaktionen der Politik

Ohne speziell auf die Immobilienbranche zu zielen, hat die Bundesregierung eine erneute Erleichterung bei den Insolvenzantragsantragsgründen angekündigt. Zwar sollen zahlungsunfähige Unternehmen weiterhin Insolvenzantrag stellen müssen, aber nicht, wenn eine Zahlungsunfähigkeit nur droht. Hier stellte sich bislang das Problem, dass eine drohende Zahlungsunfähigkeit innerhalb der nächsten zwölf Monate die Fortbestehensprognose entfallen lässt und daher die Insolvenz aufgrund der Überschuldung (verpflichtend) zu beantragen ist. Durch eine Verkürzung auf einen viermonatigen Prognosezeitraum will die Bundesregierung hier Abhilfe schaffen. Nur darf in dieser Zeit keine Zahlungsunfähigkeit eintreten. Letztlich werden den Unternehmen also bestenfalls acht Monate Zeit verschafft. 

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Restrukturierung

Sparprogramme, Verlagerungen, Bilanzsanierung: Kaum ein Unternehmen kommt über die Jahre ohne eine Restrukturierung aus. Für Sanierungsberater ist das ein gutes Geschäft.

Das Bundesministerium für Justiz geht davon aus, dass „Unternehmen profitieren, die im Kern gesund und auch langfristig unter den geänderten Rahmenbedingungen überlebensfähig sind“. Solche Unternehmen „sollen Zeit gewinnen, um ihre Geschäftsmodelle anpassen zu können“. Die zusätzlichen maximal acht Monate sind ein durchaus sportlicherZeitrahmen, ein Geschäftsmodell anzupassen. Bei Unternehmen der Immobilienbranche, insbesondere wenn sie bereits in der Bauphase von Projekten sind, wird eine Änderung des Geschäftsmodells in diesem Zeitraum kaum möglich sein.

Anstelle des Geschäftsmodells können Unternehmen jedoch bei einzelnen Projekte – auch im fortgeschrittenen Baustadium – die Nutzungsplanung ändern. Im besten Fall wird das Objekt in eine Quartiersplanung integriert und eine gemischte Nutzung aus Wohnen und Gewerbe angestrebt.

Das sind mögliche Handlungsoptionen

Sowohl für die Unternehmen selbst (sowie der Geschäftsführung) als auch für finanzierende Kreditinstitute ist in einem ersten Schritt eine schnelle Analyse der (insolvenz-)rechtlichen Situation erforderlich. Bei früh erkannten Krisen bis hin zum Stadium der „nur“ drohenden Zahlungsunfähigkeit bestehen die größten Handlungsspielräume für alle Beteiligten. Hier sind neben der rein liquiditätsorientierten Betrachtung bei der Planung insbesondere operative Bauleitungs- und Überwachungskenntnisse gefordert. Ob sich die bisherige Geschäftsführung durch einen CRO verstärkt oder von den Beteiligten eine Treuhandlösung bevorzugt wird, hängt von den Umständen der einzelnen Immobilie ab.

Phillip-Boie Harder ist Rechtsanwalt bei Anchor in Düsseldorf, zu seinen Schwerpunkten zählt die insolvenzrechtliche Gläubiger-, Management- und Gesellschafterberatung.

Alexander Reus ist Partner bei Anchor. Zu seinen Schwerpunkten zählt die Beratung zu verschiedenen Sanierungsoptionen wie Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren.

Vincenz von Braun ist Partner bei Anchor. Zu seinen Schwerpunkten zählt die Eigenverwaltung und die Fortführung von insolventen Unternehmen.