Kaum von KarstadtQuelle als CFO zum Immobilienkonzern Patrizia gewechselt, muss Arwed Fischer seinen neuen Arbeitgeber 2008 und 2009 vor der Pleite bewahren. Mit einer guten Portion Glück und ausgeprägter Beharrlichkeit gelingt es ihm, die Bankpartner auf seine Seite zu ziehen. Seitdem hat er Patrizia weit von den Risikogeschäften weg gesteuert. Die Schulden haben sich gedrittelt, die Erträge verstetigt. Nun bricht der Franke zu neuen Ufern auf.
Als Fischer im März 2008 zu Patrizia stößt, sieht er das Unheil kommen: Der Immobilienkonzern hat eine große Einkaufstour am Wohnimmobilienmarkt hinter sich, die Bilanz ist mächtig angeschwollen, der Leverage liegt mit 80 Prozent des bilanzierten Immobilienvermögens in einem kritischen Bereich. Die Subprime-Krise und der Lehman-Kollaps decken die Sprengkraft dieser Geschäftsstrategie auf – dem Unternehmen brechen die Bankpartner weg, plötzlich steht Patrizia mit dem Rücken zur Wand.
Fischer, als früherer Chef der Versandhändler Quelle und Neckermann und Vorstandsmitglied von KarstadtQuelle in Krisenfragen nicht unbeleckt, kämpft um das Überleben von Patrizia. Das Immobilienportfolio muss schrumpfen, die Schulden refinanziert werden. Bei taumelnden Banken wie der Eurohypo und der HRE stehen zahllose Immobilienfirmen Schlange – Fischer muss es schaffen, die Banken, denen selbst das Geld ausgeht, von der Werthaltigkeit des Immobilienvermögens zu überzeugen und Patrizia auf der Prioritätenliste nach oben zu bringen. Schlussendlich gelingt es ihm, Ende 2009 ist Patrizia über den Berg.
Bei aller Beharrlichkeit hat Fischer auch Glück: Der Immobilienmarkt im Großraum München, wo Patrizia die Mehrzahl der Investments getätigt hat, ist intakt geblieben – nach einer kurzen Schockstarre ziehen die Immobilienpreise wieder an und Patrizias Leverage sinkt. Fischer beweist aber auch Durchsetzungsvermögen und Weitblick, denn Patrizia nutzt die glücklichen Umstände nicht, um erneut auf Einkaufstour zu gehen, sondern für einen massiven Umbau des Geschäftsmodells.
Gemeinsam mit dem CEO, Firmengründer und Mehrheitsaktionär Wolfgang Egger, mit dem Fischer gut harmoniert, treibt er den Ausstieg aus dem kleinteiligen Immobilienhandel voran. Der Plan: Fortan soll Patrizia ihr Know-how in Bieterkonsortien einbringen und gemeinsam mit Co-Investoren große Wohnportfolios übernehmen und bewirtschaften. Von den dabei anfallenden Asset-Management-Erträgen verspricht sich Fischer eine stetigere Umsatz- und Ertragsentwicklung, von den Co-Investments eine breitere Streuung der Risiken.
Die Zahlen sprechen dafür, dass die neue Strategie funktioniert: Zwischen 2007 und Mitte 2013 führt Fischer die Konzernverschuldung von mehr als 1,2 Milliarden auf unter 400 Millionen Euro zurück. Gleichzeitig gelingt es Patrizia, die von ihr angeführten Konsortien bei gleich zwei der größten Immobiliendeals der vergangenen Jahre zum Erfolg zu führen: dem Kauf der LBBW-Immobilien für 1,4 Milliarden Euro und der Übernahme des Wohnportfolios der BayernLB-Tochter GBW für 2,5 Milliarden Euro. Die wiederkehrenden Managementerlöse machen inzwischen über 70 Prozent des operativen Ergebnisses aus.
Das neue, risikoarme Geschäftsmodell wollen Egger und Fischer nun auf Märkte außerhalb Deutschlands ausrollen. In Skandinavien, Großbritannien und Frankreich hat Patrizia Brückenköpfe errichtet, um Kontakte zu knüpfen und die regionalen Immobilienmärkte zu studieren. Langfristig strebt Fischer auch nach Ost- und Südeuropa. Dem Franken, der zwei erwachsene Kinder hat und einen Großteil seines Berufslebens im süddeutschen Raum verbracht hat, wird die Region südlich des Mains offenbar zu eng.
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