Nach 19 Jahren, sechs davon als CFO, verlässt Burkhard Lohr den Baukonzern Hochtief nach der verlorenen Abwehrschlacht gegen die feindliche Übernahme durch den spanischen Konkurrenten ACS. Sein Wechsel zu K+S deutet zunächst auf eine leichtere Aufgabe hin. Doch dann kommt alles anders.
Burkhard Lohr ist ein Kind des Ruhrgebiets, sein Vater war Bergmann in Essen. Bodenständig wächst er auf, familien- und dem Ruhrgebiet verbunden ist er geblieben. Eine solche Beständigkeit strahlt auch Lohrs Werdegang aus: Nach dem Abitur macht er zunächst eine Lehre als Industriekaufmann bei Hochtief. Anschließend absolviert er ein berufsverbundenes BWL-Studium in Köln. Nach zwei Jahren im Controlling bei Mannesmann holt ihn 1993 der damalige Hochtief-CFO Hermann Cobet in die Revision von Hochtief und stellt ihm einen systematischen Aufstieg in Aussicht. Das gefällt Lohr, der zum Start gleich ein Sonderprojekt erhält: Der Gleisbau der Reichsbahntöchter wurde von Hochtief übernommen und zu einem Unternehmen zusammengeführt. Danach werden die Aufgaben immer größer: Quasi im Zwei-Jahrestakt erhält er neue Aufgaben und die Managementverantwortung in immer größeren Hochtief-Einheiten.
Promoviert hat Lohr in dieser Zeit berufsbegleitend obendrein. Zwischen 1998 und 2000 entwirft er ein Bewertungsmodell für Bauunternehmen. Diese Phase, die er bereits als junger Vater erlebt, „erleidet“ Lohr mehr als dass er sich gern daran erinnert. Denn auch beruflich steigen die Anforderungen. Als er 2002 CFO von Hochtief Construction wird, ist er für das europäische Baugeschäft im Umfang von 2,5 Milliarden Euro verantwortlich.
2006 schließlich rückt er noch unter Hans-Peter Keitel als CFO in den Konzernvorstand ein. Sein bis dato vollzogener Werdegang hat sein Verständnis der CFO-Rolle geprägt: Lohr sieht sich nicht als „interner Investmentbanker“ des Unternehmens. Er sieht den Konzern als lebendes Wesen und will durch „das Verstehen und Durchdringen der internen Prozesse“ zur Wertsteigerung beitragen.
Der hochgewachsene frühere Leichtathlet – immerhin war er Stadtmeister über 110 Meter Hürden –versteht sich auch auf das diplomatische Fach. So muss die australische Hochtief-Tochter Leighton, an der die Essener 55 Prozent hielten, quasi ferngesteuert geführt werden. „Der unabhängige Teil des Boards spielt eine wichtige Rolle“, sagt Lohr, der einen Balanceakt vollzieht: Hochtief muss Leighton dominieren, ohne dass dies als externe Steuerung wahrgenommen wird.
Dramatischer Höhepunkt der fast 20 Jahre bei Hochtief ist zweifellos der am Ende erfolglose Abwehrkampf gegen die feindliche Übernahme. „Die M&A-Schlacht gegen ACS war psychisch und physisch das Intensivste, was ich je erlebt habe“, sagt Lohr. Zwei Mal steht die Transaktion auf der Kippe – am Ende machen die Spanier aber dann doch das Rennen. Lohr bleibt bis Oktober 2011 an Bord – anders als andere Top-Manager. Nach der feindlichen Übernahme bleiben wollte er aber nicht. Neben ihm zieht der gesamte Vorstand die Change of Control-Klausel. Danach verordnet sich Lohr ein Sabbatical. Die Zeit bei der Familie hat er genossen: „Ich bin niemand, der eine Mount Everest-Besteigung machen muss“, sagt Lohr.
Ein Headhunter bringt ihn Mitte 2012 zu K+S. Dort sieht es zunächst für Lohr nach einer weniger dramatischen Aufgabe aus. Doch im August 2013 springen die Alarmzeichen auf Rot, als Uralkali-Chef Wladislaw Baumgertner einen Preiskrieg vom Zaun bricht.
Lohr, in dessen Pflichtenheft die Verantwortung für das 4 Milliarden kanadische Dollar große kanadische Kaliprojekt Legacy steht, ist erneut gefordert. Der Markt reagiert verunsichert, straft die K+S-Aktie ab: „Bis Sommer 2016, wenn die Produktion startet, kann sich eine Menge wandeln. Aber gewiss ist, dass das neue Werk die Wettbewerbsfähigkeit der K+S Gruppe stärken wird“, sagt Lohr. Dass er über eine gute Kondition verfügt, hat er bereits bewiesen.
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