Joachim Lutz hat den Carve-out des Bioethanolherstellers CropEnergies aus dem Südzucker-Konzern vorangetrieben und seit dem Börsengang im Jahr 2006 das Unternehmen groß und ertragsstark gemacht. Der CFO brennt für seine Firma und das Thema Biokraftstoffe. Sein Job könnte so schön sein, wenn da nicht die Eurokraten in Brüssel wären.
Die Zeiten, in denen CropEnergies als Anhängsel des Mutterkonzerns Südzucker betrachtet wurde, sind schon lange vorbei. Obwohl Südzucker nach wie vor 69 Prozent an dem börsennotierten Ethanolhersteller hält, hat sich CropEnergies am Kapitalmarkt längst etabliert. Das liegt vor allem an CFO Joachim Lutz, der als Südzucker-Finanzmanager in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts den Carve-out des Bioethanolgeschäfts vorantrieb und konsequenterweise auch als CFO zu CropEnergies wechselte, als die Tochter 2006 an die Börse ging.
200 Millionen Euro sammelte Lutz gemeinsam mit seinem Co-Vorstand Lutz Guderjahn damals ein, seitdem hat er mehr als das Doppelte in den Ausbau der Bioethanolfabriken des Konzerns investiert, die sich in Zeitz (Deutschland), Wanze (Belgien) und Loon-Plage (Frankreich) befinden. Ende Juli 2013 fädelte Lutz den Kauf des Bioethanolwerks von Ensus im nordenglischen Teesside ein, wodurch die Produktionskapazität des Konzerns um 50 Prozent wächst. Spätestens im Geschäftsjahr 2014/2015 wird Cropenergies nun wohl die Milliardenumsatzgrenze knacken – und das bei Ebit-Margen von über 10 Prozent. Die Marktkapitalisierung liegt seit geraumer Zeit bei über 500 Millionen Euro.
Damit hat sich auch Lutz‘ Wahrnehmung am Kapitalmarkt verändert. 2006 beim IPO war der damalige Südzucker-Treasurer als CFO eines börsennotierten Unternehmens von der zweiten in die erste Reihe getreten. Spätestens seit der Rückkehr seines Vorstandskollegen Guderjahn zu Südzucker Anfang 2012 und den Rekordwerten, die CropEnergies im Geschäftsjahr 2012/2013 bei Umsatz und Ergebnis ablieferte, ist Lutz in die Phalanx der wichtigen CFOs in Deutschland vorgestoßen.
Man kann davon ausgehen, dass das Konzerneigengewächs Lutz auch auf seinem weiteren Berufsweg eng mit CropEnergies verbunden bleibt. Einen CEO hat er schließlich nicht mehr vor sich, er arbeitet gleichberechtigt mit einem jungen COO an seiner Seite. Der sympathische, engagierte Finanzchef „brennt“ für sein Unternehmen und kann sich mächtig über die Politiker in Brüssel echauffieren, wenn dort mal wieder die Spielregeln am Bioethanolmarkt über den Haufen geworden werden. Ende 2012 passierte das zuletzt, als die EU-Kommission bekannt gab, die Beimischquote von Bioethanol von 10 auf 5 Prozent zu halbieren. Im Handstreich hat Brüssel damit aus einem Wachstums- einen Verdrängungsmarkt gemacht, denn aktuell liegt der Bioethanolanteil in der EU schon nahe des neuen Deckels von 5 Prozent.
Dem CFO Lutz persönlich hat das neue Marktdesign zu schaffen gemacht, denn der Neubau von Bioethanolfabriken, die leicht mehrere hundert Millionen Euro verschlingen können, lohnte sich plötzlich nicht mehr. Und das in einer Zeit, in der CropEnergies so hohe freie Cashflows erwirtschaftete, dass die Nettoverschuldung unter 1x Ebitda absank und unter Investoren der Ruf nach Sonderdividenden und Aktienrückkäufen laut wurde.
Der Unternehmer Lutz hat jedoch einen Weg aus der Wachstumsfalle gefunden. Mit der Übernahme von Ensus stärkt er sein Unternehmen, ohne dem Bioethanolmarkt neue Kapazitäten zuzuführen. Die Investitionen von 60 Millionen Euro, die nötig sind, um das neue Werk in England profitabel zu machen, liefern einen unternehmerischen Verwendungszweck für den Cashflow des Konzerns – zumindest ein gutes Jahr lang. Lutz ist zuzutrauen, auch für die Zeit danach genügend neue Ideen auszubrüten – und die Zuversicht nicht zu verlieren, dass Brüssel den Marktdeckel auf mittlere Sicht doch wieder anheben wird.
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