Schwierige erste Schritte für Young Professionals

Geopolitische Herausforderungen, Transformationen und digitale Trends: Viele Unternehmen stehen derzeit unter großem Druck. Das spüren auch Young Professionals. So gestaltet sich der Berufseinstieg für junge Leute momentan schwieriger als noch vor zwei oder drei Jahren. Wie eine Studie des Personalmarktforschungsunternehmens Index Research zeigt, sank die Zahl der ausgeschriebenen Stellen für Hochschulabsolventen und Professionals mit bis zu drei Jahren Berufserfahrung 2024 um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2023. Der Arbeitsmarkt hat sich also abgekühlt. Das zeigt sich auch in den Finanzabteilungen. „Unternehmen sind aktuell deutlich zögerlicher bei Neueinstellungen“, beobachtet Kathrin Schmitz, Personalberaterin bei Page Personnel. „Vor allem in der Finanzabteilung ist es derzeit schwierig, das richtige Personal zu finden. Unternehmen schauen deutlich kritischer auf die Bewerber.“ Laut Schmitz haben Unternehmen momentan vor allem offene Positionen in der Bilanz- und Finanzbuchhaltung oder im Controlling. Carina Denker blickt auf eine 15-jährige Karriere zurück. Foto: Douglas Auch wenn sich der Jobmarkt abgekühlt hat, ist es für Young Professionals aktuell eine spannende Zeit, findet Carina Denker, Head of Accounting DACH bei Douglas, ein Omnichannel-Anbieter für Premium-Beauty. Die Abteilungsleiterin schaut auf eine 15-jährige Karriere zurück, in der sie unter anderem in der Steuerberatung, in Start-ups und in Familienunternehmen tätig war. Heute leitet sie bei dem SDax-Konzern Douglas ein 44-köpfiges Team. „Für Young Professionals ist jetzt die Zeit, sich selbst zu verwirklichen und sich ein Standing im Unternehmen zu verschaffen“, sagt sie. „Für diese ist der Karriereweg ein großes Thema. Sie wollen Perspektiven haben und kommen selten wegen des Geldes in ein Unternehmen und in die Finanzabteilung“, fügt Schmitz hinzu. Tech-Kompetenz bei Young Professionals gefragt Doch der Berufseinstieg ist im aktuellen Markt kein Kinderspiel. Wie können sich Young Professionals in dem momentanen wirtschaftlichen Umfeld behaupten? Mit technischen Fähigkeiten und bestimmten Soft Skills, sagen Expertinnen und Experten. „Künstliche Intelligenz bietet jungen Leuten in der Finanzabteilung die Chance, sich im volatilen Markt hervorzutun“, sagt Managing Director Schmitz. Zudem beobachtet sie, dass Zuverlässigkeit und präzises Arbeiten immer relevanter werden. „Young Professionals sollten den Mut haben, Prozesse zu hinterfragen“, sagt auch Accounting-Leiterin Denker. Dabei könnten sie sich abheben, indem sie sich ein Big Picture der Vorgänge verschafften und diese verstünden. Speziell bei neueren Technologien wie künstlicher Intelligenz können junge Finanzer nach dem Berufseinstieg punkten. „Der Druck, dass es ständig Neuerungen im Hinblick auf die Märkte und Technologien gibt, ist enorm hoch“, sagt Denker. Vielen Führungskräften fehlt Zeit und manchmal Interesse, sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen. Jüngere Leute bringen in dieser Hinsicht meist mehr Interesse und als Digital Natives auch einen intuitiveren Umgang mit Neuerungen mit. „Dadurch ist die Meinung eines Young Professionals stärker gefragt als früher“, ordnet Schmitz ein. „Unternehmen interessieren sich mittlerweile stärker für die Sichtweisen und Meinungen von Young Professionals.“ Wichtig ist hierfür jedoch immer, dass Berufseinsteiger die Herausforderungen und Abhängigkeiten des eigenen Unternehmens verstehen. In der Finanzabteilung die Extrameile gehen Douglas-Managerin Denker sieht die jungen Finanzer in der Pflicht: „Wenn man etwas erreichen will, muss man auch hin und wieder mal die Extrameile gehen und sich sichtbar machen im Unternehmen.“ Young Professionals in der Finanzbranche sollten sich ihr zufolge immer fragen, wie sie mit neuem Wissen und Ideen ihre Position verbessern können. Schmitz von Page Personnel stimmt ihr zu: „Die Mitarbeiter sollten, um sichtbar zu werden und zu bleiben, in ihre eigene Weiterentwicklung investieren“, sagt sie. Sich auf seine Weiterentwicklung zu konzentrieren und, wenn es nicht im Unternehmen realisierbar ist, auch extern nach Möglichkeiten zu suchen, empfehlen beide unisono. Veränderung bringt für gewöhnlich Widerstände mit sich. Um den etwas älteren Kollegen nicht auf die Füße zu treten, sollten Young Professionals empathisch sein und nicht erwarten, dass jeder Vorschlag für Neuerungen mit Begeisterung aufgenommen wird. Teilweise stellen sich Kollegen quer: „Das Wissen von Älteren zu erlangen, gestaltet sich hin und wieder schwierig – viele ältere Kollegen haben Angst, ersetzt zu werden“, sagt Denker. Young Professionals können von Mentoren profitieren Zudem sei es essentiell, Feedback durch Vorgesetzte, Kollegen oder Mentoren einzuholen, empfiehlt Schmitz von der Personalvermittlung Page Personnel. Das falle zwar vielen Young Professionals schwer, sei aber enorm wichtig. Besonders Mentorenprogramme rücken hier in den Fokus. „Diese Programme können sehr ausschlaggebend für die weitere Karriere sein“, so Schmitz. Auch in der CFO-Welt gibt es Finanzchefinnen und Finanzchefs, die Mentoren an ihrer Seite hatten und es mit ihrer Hilfe nach ganz oben geschafft haben. So etwa Eva Scherer, Finanzchefin des Nutzfahrzeugherstellers Daimler Truck, und Jochen Schmitz, CFO von Siemens Healthineers. Beide Manager haben während ihrer Karriere bei Siemens von CFO Ralf P. Thomas gelernt – und stehen beide nun mit an der Spitze von Großkonzernen. Für den eigenen Karriereweg sei auch das Thema Networking ein wichtiger Bestandteil, wie Douglas-Buchhaltungsleitung Denker erläutert. „Wenn man Karriere machen möchte, brauchen Young Professionals ein gutes Netzwerk.“ Man solle auch extern dafür sorgen, dass die Leute einen kennen. Sie selbst habe das berufliche Netzwerken am Anfang unterschätzt. „Ich habe erst nach fünf oder sechs Jahren meinen Fokus darauf gelegt. Durch ein breites Netzwerk können sich immer neue Möglichkeiten auftun.“ Nur wer während seiner Karriere neugierig bleibe, bekomme neue Möglichkeiten und Karrierechancen. Mehr zum Thema Young Professionals: Frischer Wind für die Finanzabteilung Unternehmen suchen händeringend nach Nachwuchskräften, doch nur wenige finden den Weg in die Finanzabteilungen. FINANCE hat mit fünf Young Professionals über Wünsche und Erwartungen gesprochen. Mehr lesen Berufseinstieg: eigene Stärken ausspielen Insgesamt hat sich der Markt für Stellengesuche in den vergangenen Monaten verschoben. Konnten Berufsanfänger bis vor Kurzem gute Konditionen und Gehälter fordern, macht die derzeitige wirtschaftliche Lage den Karriereeinstieg komplizierter. Wer seine Stärken, etwa beim Thema KI, ausspielt, hat aber weiterhin gute Chancen. „Young Professionals sollten sich in der Finanzabteilung vor allem technologisch auf dem Laufenden halten, um sich von anderen Mitarbeitern abheben zu können“, empfiehlt Schmitz, Managing Director bei Page Personnel. Auch regulatorische Entwicklungen seien dabei wichtig. „Am Ende des Tages müssen Young Professionals für sich selbst einstehen“, sagt Douglas-Abteilungsleiterin Denker. „Ich kann jungen Leuten nur empfehlen, sich nicht mit anderen zu vergleichen und sich dadurch unter Druck setzen zu lassen.“ Jeder gehe am Ende seinen eigenen Weg nach oben. Unternehmen erwarten im Gegenzug von Anfang an eine offene Kommunikation. „Young Professionals sollten Begeisterung für ihre Arbeit mitbringen und lernbereit sein“, sagt Denker. Wenn Motivation und Begeisterung stimmten, dann sei auch ein Studium zweitrangig, findet sie. „Viele Wege führen nach oben. Eine gute fachliche Ausbildung ist trotzdem essentiell.“

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