Newsletter

Abonnements

Euro-Echtzeitzahlungen kommen schleppend voran

Die deutsche Bankenlandschaft kommt in Sachen Instant Payments langsam voran.
Sean Pavone/iStock/Thinkstock/Getty Images

Ein Jahr nach dem offiziellen Start der Euro-Echtzeitzahlungen Ende November 2017 fällt die Zwischenbilanz durchwachsen aus. Einerseits unterstützen immer mehr Banken die sogenannten Sepa Instant Payments. Andererseits ist die Zahl der teilnehmenden Geldhäuser geringer, als Zahlungsverkehrsspezialisten dies noch zu Jahresbeginn erhofft hatten. Entsprechend selten kommen Echtzeitzahlungen bislang zum Einsatz.

Das neue Verfahren ermöglicht es, 365 Tage im Jahr rund um die Uhr Geld in Echtzeit an Geschäftspartner zu überweisen. Anders als etwa bei Direktzahlarten wie Paypal ist das Geld sofort final auf dem Konto des Empfängers gutgeschrieben.

Das kann auch für Unternehmen von Vorteil sein – etwa als Ersatz für Bargeldtransaktionen, bei Gehaltszahlungen, dringenden Lieferungen oder M&A-Deals. Einige Finanzabteilungen hoffen zudem darauf, mit Hilfe von Instant Payments künftig ihr Cash Management in Echtzeit steuern zu können. Bis das Realität wird, dürften allerdings noch einige Jahre vergehen. Das hat verschiedene Gründe.

Kein Instant Payment ohne Echtzeitinformation

Problem Nummer 1: die fehlende Informationsübermittlung in Echtzeit. Was hat etwa ein Online-Händler davon, wenn ein Kunde per Instant Payment bezahlt, das Unternehmen aber nicht sofort von dem Zahlungseingang erfährt? Er kann den Versand der Ware nicht schneller anstoßen und der Kunden hätte keinen Vorteil davon, in Echtzeit zu bezahlen. Das gleiche gilt im Übrigen an der Supermarktkasse, am Fahrkartenautomaten, aber auch in der B2B-Logistik.

Lösungen für diese Probleme gibt es noch nicht. Allerdings laufen Bemühungen, einen Industriestandard für die Informationsübermittlung zu finden: So arbeitet eine Gruppe aus Vertretern deutscher Banken, Zahlungsverkehrs-IT-Spezialisten und Unternehmen wie die Otto Group, die Deutsche Telekom und die Deutsche Post DHL an genau diesen Fragestellungen.

Unternehmen müssen sofort über den Eingang einer Echtzeitzahlung informiert werden, sonst bringt das neue Verfahren keine Vorteile.

Das kommende Jahr könnte hier einen Durchbruch bringen. Denn ab Herbst 2019 sind die Banken im Zuge der Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 dazu gezwungen, ihre Systeme für Wettbewerber zu öffnen („Open Banking“). Fintechs und andere Banken können dann über offene Schnittstellen, sogenannte APIs, auf Kontodaten der Kunden zugreifen, sofern diese das wünschen. Über diese APIs sollen Unternehmen dann auch über Zahlungseingänge in Echtzeit informiert werden, so die Idee.

Das bedeutet im nächsten Schritt aber auch: Unternehmen, die die Vorteile von Instant Payments wirklich nutzen wollen, müssen ihre internen Systeme ebenfalls echtzeitfähig machen. Davon sind viele Firmen noch weit entfernt.

Grenze bei Echtzeitüberweisungen als Hemmschuh

Problem Nummer 2: die Betragsobergrenze. Aktuell beschränken die Banken den Maximalbetrag je Instant Payment auf 15.000 Euro. So wollen sie die reibungslose und sichere Markteinführung der neuen Echtzeitzahlungen sicherstellen. Schließlich müssen Zahl- und Abwicklungssysteme ununterbrochen auch nachts und am Wochenende laufen. Das erfordert umfassende IT-Umstellungen bei den Banken – zumal auch Checks rund um Finanzkriminalität in Echtzeit erfolgen müssen.

Für Zahlungen im B2B-Bereich sind 15.000 Euro jedoch in aller Regel zu wenig. Deshalb nutzen bislang fast ausschließlich Privatkunden das neue Verfahren. Das European Payment Council (EPC), das das Instant-Payments-Verfahren definiert hat, prüft jährlich die Anhebung dieser Grenze. Doch im gerade veröffentlichten neuen Regelwerk – was jedes Jahr Ende November erscheint – entschied sich das EPC dagegen, ein Grenze zu erhöhen. Jetzt werden sich die Unternehmen also mindestens noch ein Jahr gedulden müssen.

85 Prozent der Banken unterstützen Instant Payments

Problem Nummer 3: die niedrige Reichweite. Die Teilnahme am Instant-Payment-Verfahren ist für die Banken freiwillig. Das ist problematisch, denn damit eine Überweisung als Instant Payment durchgeführt werden kann, reicht es nicht, dass die sendende Bank Echtzeitzahlungen auslösen kann. Die Empfängerbank muss diese auch als solche verarbeiten und den Kunden sofort gutschreiben.

Richtig ist: Die deutsche Bankenlandschaft hat sich in Sachen Echtzeitzahlungen bewegt. Bot zu Beginn lediglich die Hypovereinsbank ihren Kunden Instant Payments an, sind Stand Mitte Dezember 85 Prozent der deutschen Finanzinstitute per Echtzeitüberweisung erreichbar. Das erklärte die Deutsche Kreditwirtschaft, ein Zusammenschluss der deutschen Bankenverbände, auf Anfrage von FINANCE. 

Die deutsche Bankenlandschaft hat sich in Sachen Echtzeitzahlungen bewegt. Doch es fehlen wichtige Institute wie die Commerzbank.

Commerzbank arbeitet „intensiv“ an Umsetzung

Unklar ist allerdings, für wie viel Prozent des deutschen Zahlungsverkehrsmarktes diese Institute stehen, die bereits heute per Instant Payment erreichbar sind. Denn mit der Commerzbank hat sich ein wichtiger Spieler im deutschen Zahlungsverkehr noch nicht dazu geäußert, wann er Echtzeitzahlungen anbieten will. Man arbeite „intensiv an der technischen Umsetzung“, erklärte die Bank lediglich gegenüber FINANCE.

Von der Deutschen Kreditwirtschaft heißt es, man erwarte „in den kommenden Jahren eine nahezu vollständige Marktdurchdringung“. Genauer definieren wollte die Dachorganisation diese Zeitspanne allerdings nicht. Planungen für eine flächendeckende Umstellung sämtlicher Überweisungen auf Instant Payments, wie sie etwa die Niederlande hegt, gebe es in Deutschland aber nicht.

Die europäische Perspektive der Echtzeitzahlungen

Im europäischen Ausland liegt die Echtzeit-Erreichbarkeit der Banken und Zahlungsdienstleister derzeit etwa bei 60 Prozent, wie aus Zahlen von Eba Clearing hervorgeht. Anfang des Jahres hatte der Chef des paneuropäischen Clearinghauses Hays Littlejohn noch eine Marktabdeckung von 80 Prozent in Aussicht gestellt. „Die angekündigten Teilnehmer haben ihre Pläne nicht abgebrochen, sondern nur ihre jeweiligen Zeitpläne neu ausgerichtet“, erklärte das Clearinghaus nun auf Anfrage von FINANCE. Man beurteile die Erreichbarkeit als „sehr positiv“.

Eba Clearing hat nach eigenen Angaben 36 Banken direkt an ihre Echtzeitzahlungsplattform RT1 angeschlossen, darunter aus Deutschland die Hypovereinsbank, Deutsche Bank, DZ Bank sowie LBBW und Helaba. Über diese seien europaweit 2.321 Zahlungsdienstleister aus zwölf EU-Ländern erreichbar.

Bis Mitte Dezember wurden über RT1 insgesamt über 8 Millionen Transaktionen verarbeitet, bis zum Jahreswechsel sollen es rund 10 Millionen Transaktionen sein. Pro Tag wickelte das System zuletzt im Schnitt 100.000 Transaktionen ab. Zum Vergleich: Über das Massenzahlungssystem Step2 laufen täglich etwa 17 Millionen Sepa-Überweisungen.

Es müssen also noch viele Baustellen beseitigt werden, bevor Echtzeitzahlungen die neue Normalität werden. Banken und Unternehmen sind gefordert, ihren Teil dazu beizutragen.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de

Themen