Nordrhein-Westfalen hat die seit Längerem angekündigte Initiative für ein bundesweites Unternehmensstrafrecht auf den Weg gebracht. Vor Kurzem hat NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) den Gesetzesentwurf vorgestellt. Danach soll es künftig möglich sein, dass auch Unternehmen als Einheit für bestimmte Delikte wie Korruption, Steuerhinterziehung oder Produktpiraterie bestraft werden. Ihnen würden dann Sanktionen wie Geldstrafen, der Ausschluss von öffentlichen Vergaben oder Subventionen oder im schlimmsten Fall die erzwungene Auflösung drohen. ´
Verankert werden sollen die Vorschriften in einem eigenständigen neuen Gesetz – dem „Verbandsgesetzstrafbuch“. Davon betroffen wären unter anderem juristische Personen, Vereine und nicht-rechtsfähige Personengesellschaften sowie Rechtsnachfolger.
Die Mitarbeiter als Bauernopfer?
Bislang gibt es in Deutschland anders als in vielen anderen Staaten kein formelles Unternehmensstrafrecht. Zwar sieht das Ordnungswidrigkeitenrecht eine Verbandsgeldbuße vor, diese Regelung geht der rot-grünen Regierung in NRW aber nicht weit genug. Das allgemeine Strafrecht kennt nur Vorschriften zur Bestrafung von natürlichen Personen. Die Mitarbeiter würden daher oft zu Bauernopfern gemacht, kritisierte Kutschaty. Zudem müssten auch ehrliche Unternehmer gegenüber Wettbewerbern, die auf unlautere Methoden zurückgreifen, geschützt werden.
Der Entwurf soll am 14. November auf der Justizministerkonferenz in Berlin präsentiert werden. Kutschaty erhofft sich Unterstützung von den Ländervertretern im Bundesrat. Experten halten einen Erfolg des Vorstoßes allerdings für ausgesprochen unwahrscheinlich: „Der Entwurf wäre ein Fremdkörper im bestehenden Strafprozess- und Sanktionenrecht“, sagt der Wirtschaftsstrafrechtler André Szesny von der Kanzlei Heuking. „Die geplante Verbandsstrafe würde neben das geltende Recht der Verbandsgeldbuße treten. Wie sich die Instrumente miteinander vertragen, lässt der Entwurf aber im Dunkeln. Sollte der Entwurf überhaupt weiterverfolgt werden, wäre noch eine Menge nachzuarbeiten.“
Herbe Kritik aus der Wirtschaft
Auch inhaltlich schlägt dem Vorhaben schon jetzt Ablehnung von der CDU-Fraktion in Nordrhein-Westfalen entgegen: Es sei wirtschafts- und industriefeindlich, hieß es. Auch Interessenverbände kritisierten die Pläne deutlich. Auch die IHK NRW bezeichnete den Vorstoß als „überflüssig“. Auch die Tatsache, dass die Gesetzesvorlage mit Defiziten bei der Umsetzung des geltenden Rechts begründet wird, ruft Kritik hervor: „Die Ursache solcher Defizite liegt weniger in der aktuellen Rechtslage als in fehlenden Erfahrungen von Staatsanwaltschaften besonders im ländlichen Raum. Fortbildungen der Justiz kosten allerdings Geld – Gesetzesentwürfe nicht“, meint Szesny.