Dreistellige Millionenverluste durch kriminelle Aktivitäten: Ende August musste der Hamburger Kupferhersteller seine Jahresprognose einkassieren, nachdem ein Metalldiebstahl bekannt geworden war. Jetzt ist klar, wie viel der Diebstahl Aurubis kosten wird. Die außerordentliche Inventur brachte hervor, dass der Multi-Metall-Anbieter einen Verlust von 185 Millionen Euro bei Edelmetallen einstecken muss.
Diese Erkenntnisse wirken maßgeblich auf die Jahresprognose ein. Während das operative Ergebnis für das laufende Geschäftsjahr einst auf 450 Millionen bis 550 Millionen Euro geschätzt wurde, musste Aurubis das Ergebnis auf 310 Millionen Euro bis 350 Millionen Euro nach unten korrigieren. Auch die Rendite auf das eingesetzte Kapital musste das Unternehmen um vier Prozentpunkte auf 8 bis 12 Prozent verringern.
Auch Großaktionär Salzgitter muss seine Prognose anpassen: Der Stahlkonzern ist mit 29,99 Prozent an Aurubis beteiligt. Daher kalkuliert der Konzern durch die jüngsten Ergebnisse von Aurubis mit einem EBITDA zwischen 650 Millionen Euro und 700 Millionen Euro (zuvor: zwischen 750 Millionen Euro und 850 Millionen Euro) sowie einem Vorsteuergewinn zwischen 200 Millionen Euro und 250 Millionen Euro (zuvor: zwischen 300 Millionen Euro und 400 Millionen Euro).
Aurubis erwartet, dass es aus Versicherungsleistungen rund 30 Millionen Euro beanspruchen und zudem arrestiertes Vermögen gelten machen kann. Diese beiden Maßnahmen würden demnach den negativen Ergebniseffekt zumindest teilweise kompensieren.
Landeskriminalamt ermittelt
Gleichzeitig kündigte CEO Roland Harings an, die Sicherheitsvorkehrungen so anzuheben, „dass Diebstahl und Betrug unmöglich werden“. Aurubis arbeite mit Hochdruck an der Aufklärung des Verbrechens und eng mit den Ermittlungsbehörden zusammen. Darüber hinaus seien externe Forensik-Spezialisten engagiert worden.
Aurubis hatte bei Routineprüfungen erhebliche Abweichungen vom erwarteten Metallbestand festgestellt, sowohl beim regulären Bestand als auch bei speziellen Proben von Recyclingmateriallieferungen. Das MDax-Unternehmen vermutet, dass diese Proben einen höheren Gehalt an wertvollen Metallen aufwiesen, als die tatsächlichen Lieferungen später enthielten. Dies führte letztendlich zu überhöhten Rechnungen.
Daraufhin hat Aurubis unmittelbar die Zugangsberechtigungen in sensible Bereiche eingeschränkt, Personen- und Fahrzeugkontrollen verstärkt und ihre Überwachung ausgeweitet.
Hengeler Mueller unterstützt Aufsichtsrat
Die ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen wurden von der eigens für diesen Fall neu gegründeten Task Force auf den Weg gebracht. Der Aufsichtsrat von Aurubis hat den Sonderausschuss „Sicherheit“ gebildet, der in regelmäßigen kurzen Abständen die Fortschritte aller Maßnahmen überwacht. Die Rechtsanwaltskanzlei Hengeler Mueller unterstützt den Aufsichtsrat bei dieser Aufklärung.
Die Nachricht über die Sonderinventur bewegte auch den Aktienmarkt – anders als vielleicht erwartet: Als die Mitteilung am Dienstag veröffentlicht wurde, legten die Aktien des Metalllieferanten deutlich zu: Ihr Aktienwert sprang von 67,16 Euro pro Aktie auf 71,26 Euro Höchstwert und umspielte am Nachmittag die 69 Euro Grenze. Nach Bekanntwerden des Diebstahls am 1. September war die Aktie bis zu 18,3 Prozent auf 62,50 Euro ein gebrochen – den tiefsten Stand seit vergangenem November.
Esra Laubach ist Redakteurin bei FINANCE und widmet sich schwerpunktmäßig den Themen Transformation, Restrukturierung und Recht. Sie ist Sprach- und Kommunikationswissenschaftlerin. Vor FINANCE war sie rund fünf Jahre als Legal-Journalistin für den Juve Verlag in Köln tätig, wo sie auch ihr journalistisches Volontariat absolvierte. Esra Laubach arbeitete während ihres Studiums multimedial u.a. für das ARD-Morgenmagazin, mehrere Zeitungen und moderierte beim Hochschulradio Kölncampus.
