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Immobilienkonzern Aroundtown quittiert Milliardenverlust

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Die Immobilienbranche sieht sich durch die Zinswende unter Druck. Auch der Immobilienkonzern Aroundtown verzeichnet im ersten Halbjahr einen Milliardenverlust. Foto: Timon - stock.adobe.com
Die Immobilienbranche sieht sich durch die Zinswende unter Druck. Auch der Immobilienkonzern Aroundtown verzeichnet im ersten Halbjahr einen Milliardenverlust. Foto: Timon - stock.adobe.com

Schlechte Nachrichten für Aroundtown: Der im MDax gelistete Immobilienkonzern vermeldet am heutigen Mittwoch für das erste Halbjahr 2023 einen Nettoverlust von rund 1,3 Milliarden Euro. Unter dem Strich steht eine Abwertung des Immobilienportfolios von 1,7 Milliarden Euro. Die Nettoeinnahmen sind in den vergangenen Monaten um 2 Prozent auf 589 Millionen Euro gefallen, noch im Vorjahr verzeichnete der in Luxemburg ansässige Konzern Nettoeinnahmen von 602 Millionen Euro.

Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) belief sich im ersten Halbjahr 2023 auf 498 Millionen Euro, das entspricht einem leichten Rückgang um 3 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum (511 Millionen Euro). Das Ergebnis sei durch Immobilienverkäufe in Höhe von 545 Millionen Euro – damit leicht unter dem Buchwert –, höhere Zinsen und höhere Kupons ihrer ewigen Anleihen zu erklären, so Aroundtown.

Diese Entwicklungen beeinflussten auch die in der Immobilienbranche wichtige Ergebnisgröße ‚Funds From Operations‘ (FFO), die den Cashflow im operativen Geschäft abbildet. Daran orientieren sich zum einen die Dividendenausschüttungen an die Aktionäre, zum anderen künftige Investitionen des Unternehmens. Im ersten Halbjahr sanken die FFO der überwiegend in Deutschland und den Niederlanden platzierten Büro-, Hotel- und Gewerbeimmobilien von Aroundtown um 6 Prozent auf 175 Millionen Euro (erstes Halbjahr 2022: 186 Millionen Euro).

Liquidität durch neue Bankverbindlichkeiten

Immerhin: Aroundtown sitzt auf einem stattlichen Liquiditätspuffer aus 2,5 Milliarden Euro an Barmittel und 1 Milliarden Euro aus geplanten Veräußerungen und Verkäuferdarlehen. Um weitere Schulden abzubauen, hat Aroundtown im laufenden Jahr Anleihen im Wert von etwa 1,3 Milliarden Euro (davon rund 1,2 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2023) zurückgekauft – zu einem Abschlag von 20 Prozent.

Zur Liquiditätsstärkung wurden neue besicherte Bankverbindlichkeiten in Höhe von 790 Millionen Euro mit einer durchschnittlichen Marge von 1,4 Prozent plus Euribor und einer durchschnittlichen Laufzeit von 7 Jahren aufgenommen. Davon hat Aroundtown 430 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2023 bereits gezogen. Durch die geschaffene Liquidität wurde zudem die Zeit bis zur Refinanzierung verlängert, der Konzern sieht sich nun bis Mitte 2026 ausfinanziert.

Der Immobilienkonzern hat außerdem seine Prognose leicht nach oben angepasst. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Aroundtown einen FFO-Wert zwischen 310 und 340 Millionen Euro. Zuvor war der Konzern von einer Spanne zwischen 300 und 330 Millionen Euro ausgegangen.

Immobilienbranche unter Druck

Aroundtown ist eins von vielen Immobilienunternehmen, das von den steigenden Zinsen getroffen wurde. Erst im März kündigte die Aroundtown-Tochter Grand City Properties wegen der unsicheren Marktlage an, auf die Zahlung einer Dividende zu verzichten. Selbiges Schicksal ereilte die Anleger der Hamburger TAG Immobiliengesellschaft oder etwa des Immobilienkonzerns LEG.

Erst kürzlich vermeldete auch der angeschlagene Wohnimmobilienkonzern Adler Group eine substanzielle Abwertung seines Immobilienportfolios: Durch gesunkene Mieterträge und gestiegene Zinsen musste Adler das Portfolio im ersten Halbjahr um rund 1 Milliarde Euro auf 6,4 Milliarden Euro abwerten.

Mehrere Insolvenzen im Immobiliensektor

Zuletzt gerieten der Luxuswohnungsbauer Euroboden und die Nürnberger Bauträgergruppe Project Immobilien ins Wanken: Euroboden hattewegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz angemeldet. Grund sei die weitere Verschlechterung der kurz- bis mittelfristigen Finanz- und Liquiditätsplanung.

Bei Project Immobilien haben bislang drei der vier Gesellschaften der Gruppe Insolvenz beantragt. Steigenden Zinsen haben die Kauflust der Kunden spürbar getrübt, hieß es im Konzernabschluss für 2021 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor), der am 19. Januar 2023 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden ist. Dort warnte die Gruppe damals aufgrund des Ukraine-Kriegs vor verstärkten Bewegungen in der Preisentwicklung bei Baustoffen und Energie. Dies werde die Rendite der Bauobjekte unter Druck bringen.

Esra Laubach ist Redakteurin bei FINANCE und widmet sich schwerpunktmäßig den Themen Transformation, Restrukturierung und Recht. Sie ist Sprach- und Kommunikationswissenschaftlerin. Vor FINANCE war sie rund fünf Jahre als Legal-Journalistin für den Juve Verlag in Köln tätig, wo sie auch ihr journalistisches Volontariat absolvierte. Esra Laubach arbeitete während ihres Studiums multimedial u.a. für das ARD-Morgenmagazin, mehrere Zeitungen und moderierte beim Hochschulradio Kölncampus.