Hugo Boss verlangt seinen Aktionären weiter Geduld ab. Das kommende Geschäftsjahr werde ein Jahr der Stabilisierung, teilte der MDax-Konzern heute bei seiner Londoner Investorenkonferenz mit. Erst 2018 will Boss wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren. Konkrete Zielvorgaben wollte der seit Mai amtierende Boss-Chef Mark Langer, der zugleich auch CFO ist, nicht nennen. Für neue Mittelfristziele vertröstete er die Anleger auf die Bilanzpräsentation im kommenden März.
Am Kapitalmarkt, der das seit langem angekündigte Strategie-Update von Langer mit Spannung erwartet hatte, kam das Ausbleiben konkreter Ziele nicht gut an: Der Aktienkurs des schwäbischen Modekonzerns brach allein heute Vormittag um 8 Prozent auf unter 56 Euro ein und weitete seine Verluste im weiteren Tagesverlauf sogar noch aus. Gestern hatte die Aktie noch zugelegt.
CEO Mark Langer dreht Strategie seines Vorgängers zurück
Auch strategisch bleibt Langer den großen Wurf schuldig. Im Kern dreht er in erster Linie die auf schnelle Expansion und Luxus getrimmte Strategie seines Vorgängers Claus-Dietrich Lahrs zurück. Das rasante Wachstum hatte dem Private-Equity-Investor Permira, der von 2007 bis 2015 investiert war, eine Rendite von 130 Prozent beschert. Hugo Boss leidet jetzt aber unter einer Kostenexplosion und dem schwierigen Umfeld der Modebranche.
Nun rückt Herrenmode wieder in den Fokus, und auch die Marktpositionierung ändert Langer: Statt im Luxussegment mit LVMH und Prada zu konkurrieren, sieht sich Hugo Boss wieder als „Premiumanbieter“. Zudem wird das Markenportfolio zusammengestrichen: Die Marken Green und Orange geben die Metzinger auf, künftig wird es mit Hugo für jüngere Kunden und Boss für die gehobene Premiummode nur noch zwei Marken geben. „Unsere Markenpositionierung hat zuletzt viele Fragen aufgeworfen“, räumt Langer ein. „Das wollen wir ändern und unser Profil schärfen.“
Zudem soll die bereits zu Beginn des Jahres angestoßene globale Preisangleichung forciert werden. In Europa müssen sich die Kunden damit auf höhere Preise einstellen, in Asien werden Boss-Anzüge dagegen künftig preiswerter verkauft. Im Vertrieb setzt der Modekonzern stärker auf den Onlinehandel. Der E-Commerce-Anteil am Konzernumsatz soll von aktuell sehr schwachen 3 Prozent deutlich ausgebaut werden. Konkrete Zielmarken blieb der CEO aber auch hier schuldig. Bereits bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das dritte Quartal hatte Langer zudem angekündigt, bis Ende 2017 rund 20 Geschäfte zu schließen. Hinzu kommen noch einmal 20 Filialen in China, die Langer bereits weitestgehend dicht gemacht hat.
Mark Langer kämpft mit den langen Zyklen der Modebranche
Einen Großteil der Kosten für die Ladenschließungen habe Hugo Boss bereits im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahr verbucht, erklärte Langer. Dass sich die Investoren dennoch auf ein weiteres Übergangsjahr einstellen müssen, bevor es 2018 zurück auf den Wachstumspfad gehen soll, erklärte der Chef heute mit den Besonderheiten der Modebranche: „Kollektionen werden in der Regel mit zwölf Monaten Vorlauf geplant.“ Daher werde die vollständige Neuausrichtung des Markenportfolios erst mit der Auslieferung der Frühjahrskollektion 2018 umgesetzt.
Für die Investoren ist das ein weiterer Dämpfer. Dabei mussten die Aktionäre von Hugo Boss erst Anfang des Monats schlechte Nachrichten verdauen: In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres ging der Umsatz des MDax-Konzerns um 4 Prozent auf 1,97 Milliarden Euro zurück. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) vor Sondereffekten – die vor allem die Restrukturierungskosten umfassen – brach gar um 18 Prozent auf 346 Millionen Euro ein. Die bereinigte Ebit-Marge sieht im Branchenvergleich mit 17,6 Prozent dennoch gut aus.
Boss-Aktionäre müssen sich auf geringere Dividende einstellen
Unklarheit herrscht weiterhin bezüglich der Dividendenpolitik. Mit dem Ziel, zwischen 60 und 80 Prozent des Konzerngewinns an die Aktionäre auszuschütten, lieferte Hugo Boss seinen Anlegern in den vergangenen Jahren stets eine attraktive Quote. Langer hatte jedoch kurz nach seinem Amtsantritt eingeschränkt, dass man die Dividendenpolitik im laufenden Geschäftsjahr auch von Free Cashflow, Marktumfeld und Investitionsanforderungen abhängig mache. Diese Aussage bekräftigte der CEO heute noch einmal. Der Free Cashflow legte in den ersten neun Monaten um 5 Prozent auf 536 Millionen Euro zu.
Größter Aktionär von Hugo Boss ist die Familie um den italienischen Modemogul Gaetano Marzotto, die 10 Prozent des MDax-Konzerns hält. Marzotto hatte im Zuge des Ausstiegs von Permira im März 2015 zunächst 7 Prozent für rund 500 Millionen Euro übernommen. Damals war der Boss-Aktienkurs mit gut 100 Euro nahe an seinem Rekordwert, nach dem heutigen Absturz steht der Kurs unter 55 Euro. Die italienische Modefamilie, die bereits zwischen 1991 und 2007 Großaktionär der Metzinger war, hat also auf dem Papier schon viel Geld mit Hugo Boss verloren.
desiree.backhaus[at]finance-magazin.de
Info
Im Mai hat Mark Langer den CEO-Posten bei Hugo Boss übernommen. Den Karriereweg des Vorstands- und Finanzchefs finden Sie im FINANCE-Köpfe-Profil von Mark Langer.