Lichtmiete-Käufer Günther: „Sehe keinen Interessenskonflikt“

Anfang September hat die Restrukturierungsberatung One Square den insolventen Leuchtmittelverleiher Deutsche Lichtmiete gekauft. Der Fall ist ungewöhnlich, weil das Beratungshaus im Sanierungsverfahren gleichzeitig die Anleihegläubiger vertreten hat. Ein Interessenskonflikt? One-Square-Geschäftsführer Frank Günther sieht das anders. Wie er seine Strategie verteidigt und warum ein Kauf durch One Square die beste Lösung für alle Gläubiger gewesen sei, lesen Sie im Interview. Herr Günther, Ihre Restrukturierungsberatung One Square tritt in der Regel als Gläubigervertreter auf. So auch bei dem Fall der insolventen Deutsche Lichtmiete. Nun hat One Square aber auch das Unternehmen gekauft. Wie kam es dazu? Wir hatten folgende Situation: Der erste Insolvenzantrag im Dezember 2021 der Deutschen Lichtmiete wurde durch Alexander Hahn, den Eigentümer und damaligen Vorstand des Unternehmens, nach zwei Monaten zurückgenommen. Daraufhin scheiterte der erste M&A-Prozess, weil sich sämtliche Interessenten nach der Rücknahme des Insolvenzantrags zurückzogen. Ursprünglich gab es eine hohe zweistellige Zahl von Interessenten, darunter waren große Strategen und Private-Equity-Fonds. Im März 2022 wurde erneut ein Insolvenzantrag gestellt und wieder ein Käufer für das Unternehmen gesucht. Gab es im zweiten M&A-Prozess keine anderen Bieter mehr? Der damalige Lichtmiete-Vorstand Gerd Sieger reichte den zweiten Insolvenzantrag wenige Tage nach der Rücknahme des ersten Antrags ein. Im zweiten M&A-Prozess waren dann nur noch sehr, sehr wenige Bieter übrig. Einer der Bieter war Herr Sieger mit seinem neu gegründeten Unternehmen Light Now, das als unentgeltlichen Berater Herrn Hahn an Bord hat. Daneben gab es noch ein, zwei weitere Bieter. Diese wollten das Unternehmen weit unter dem Zerschlagungswert kaufen. Das war aus Sicht der Gläubiger nicht machbar. Irgendwann wurde klar, dass es keine Lösung geben wird, die alle beteiligten Parteien gutheißen. Im Optimalfall fließen 175 Millionen Euro an die Gläubiger Dann sind Sie mit One Square als Käufer aufgetreten und haben die Deutsche Lichtmiete über das neu gegründete Unternehmen Deutsche Leuchtmittel erworben. Wie haben Sie die Übernahme finanziert? One Square ist auf Wunsch der Gläubiger und in enger Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss in den M&A Prozess eingestiegen. Wir haben den Kaufpreis zunächst mit einer Anleihe in Höhe von 45 Millionen Euro bezahlt. Diese 45 Millionen Euro entsprechen circa dem Buchwert des Vermögens der Deutschen Lichtmiete. An diese Anleihe wurde ein Besserungsschein von 130 Millionen Euro angehängt. Insgesamt würden bei einem Weiterverkauf also bis zu 175 Millionen Euro an die Gläubiger fließen. Halten Sie das für realistisch? Das Produkt ist sehr gut, die bestehenden Kunden loyal und der Markt läuft in unsere Richtung. Aber dennoch, um den Wert des Besserungsscheins zu erreichen, müsste es schon extrem gut laufen. Wenn Sie gewinnbringend verkaufen sollten, fließen dann auch Gewinne aus dem Verkauf an One Square? Unser Modell ist eine sogenannte gläubigergeführte RIVA. Das heißt, One Square bekommt als Eigentümer der ehemaligen Deutschen Lichtmiete dann Geld, wenn der Verkaufspreis beim Exit auf über 175 Millionen Euro steigt und Eigenkapitalwert entsteht. Mehr zum Thema Trotz Ermittlungen: Deutsche Lichtmiete findet kuriosen Käufer Neues im Fall Deutsche Lichtmiete: Nachdem das Unternehmen zweimal innerhalb weniger Wochen in die Insolvenz rutschte, finden die Oldenburger nun einen für das Unternehmen nicht unbekannten Käufer. Damit sind die Probleme aber nicht vom Tisch. Mehr lesen One Square hat die Lichtmiete über ein von Ihnen erdachtes Finanzierungsvehikel, eine sogenannte RIVA, gekauft. Die Abkürzung steht für Rescue Investment Vehicle Alternative. Wie funktioniert das RIVA-Modell? Die RIVA agiert wie ein treuhänderischer Eigentümer. Wir stellen das Modell Stakeholdern zur Verfügung, wenn diese der Meinung sind, dass der derzeitige Eigentümer des Unternehmens aus Sicht der Gläubiger nicht mehr der beste ist. Da kein Kaufinteressent mit einem attraktiven Angebot gefunden wurde, baten die Gläubiger uns, die Deutsche Lichtmiete zu übernehmen. Haben Sie das RIVA-Modell schon häufiger eingesetzt? Wir haben das Modell bereits in über 50 Fällen umgesetzt, und das immer recht erfolgreich. Vor acht Wochen haben wir das belgische Geschäft der Metro übernommen, weil die Metro sich von dem Geschäft trennen wollte und einen neuen Eigentümer gesucht hat. Das restrukturieren wir jetzt. Ein anderer Fall war der Automobilzulieferer Neue Halberg Guss, den wir 2018 übernommen haben. Hier sind wie aber nicht als Vertreter der Anleihegläubiger aufgetreten, sondern im Interesse der Kunden, für die wir die Belieferung sichergestellt haben. Günther sieht keinen Interessenskonflikt bei Deutscher Lichtmiete Der Fall der Lichtmiete war komplex, Sie hatten mehrere Rollen inne – als Vertreter der Anleihegläubiger, als Mitglied im Gläubigerausschuss und schlussendlich auch als Käufer. Eine im Prozess involvierte Person sieht einen Interessenskonflikt darin, dass sie sowohl als Gläubigervertreter als auch als Käufer auftreten. Wie entgegen Sie dem? Ich sehe hier keinen Interessenskonflikt, aber das ist nicht entscheidend. Entscheidend ist die Sicht der Gläubiger und die haben entschieden. Die Gläubigerausschüsse waren einstimmig der Meinung, dass die jetzige Lösung die beste ist. Jede andere Lösung wäre dramatisch schlechter gewesen. Ich habe mich bei der Abstimmung übrigens enthalten. Konkret ging es um den Vorwurf, dass Sie als Gläubigervertreter und -ausschussmitglied im Prozess involviert waren und so einen Wissensvorsprung gegenüber anderen Bietern hatten – zum Beispiel über einen möglichen Kaufpreis. Wenn ich nicht im Gläubigerausschuss gewesen wäre, hätte ich auch nicht gewusst, dass wir eine Auffanglösung brauchen. Und hätte es ein vernünftiges Angebot gegeben, dann wäre es ebenfalls nicht zu unserer Lösung gekommen. Um es ganz deutlich zu sagen: Kein anderer Bieter, auch Herr Sieger nicht, hatte ein ernstzunehmendes Angebot mit belastbarem Finanzplan vorgelegt. Gleiche Behandlung von Anleihegläubigern und restlichen Gläubigern Haben denn die Anleihegläubiger, die von Ihnen vertreten werden, einen Vorteil gegenüber den anderen Gläubigern? Nach der aktuellen Rechtsmeinung des Insolvenzverwalters sind die Anleihen der Deutschen Lichtmiete wahrscheinlich unbesichert. Das bedeutet, dass die Anleihegläubiger genauso behandelt werden wie die restlichen Gläubiger beziehungsweise gleichrangig mit den anderen Gläubigern sind. Haben Sie in dem Prozess denn versucht, besonders transparent vorzugehen, weil Sie geahnt haben, dass solche Vorwürfe kommen könnten? Nachdem wir den Auftrag des Gläubigerausschusses bekommen hatten, uns mit dem Thema zu beschäftigen, haben wir einen Business-Plan erarbeitet. Dieser Plan wurde von dem Berater des Insolvenzverwalters Rüdiger Weiß, der Kanzlei Görg, sowie einer externen Auditor- und Beratungsgesellschaft auf Herz und Nieren geprüft. Deren Fazit lautete, dass der Plan in sich schlüssig sei und eine hohe Insolvenzquote in Aussicht stelle. Daher unterstützen sie die Pläne. Das war ein sehr offener und sehr transparenter Prozess. „Wir sind immer der Käufer of last Resort“Frank Günther, One Square Unverständnis herrschte auch mit Blick auf die Tatsache, dass Sie nicht von Ihrer Rolle als Gläubigervertreter zurückgetreten sind, sobald klar war, dass Sie die Deutsche Lichtmiete übernehmen wollen. Warum? Als gemeinsamer Vertreter vertrete ich die Anleihegläubiger mit dem Ziel, die Insolvenzquote zu maximieren. Was würden mir diese sagen, wenn ich für das Unternehmen bieten möchte und deswegen meine Vertretungsfunktion nicht mehr wahrnehme? Diese Forderung ist doch absurd. Wenn es einen Käufer gibt, der einen angemessenen Preis zahlt, dann kommen wir als Käufer nicht in Frage. Wir sind immer der „Käufer of last Resort“. Für die Deutsche Lichtmiete gab es keinen anderen Käufer mit einem ernsthaften Angebot, das Unternehmen wäre zerschlagen worden.

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