Wie Mode-CFOs sich für ein weiteres Krisenjahr rüsten

Was läuft schief im Modehandel? Und wieso ringen so viele in der Branche mit der nachhaltigen Transformation ihrer Geschäfte? Dauerkrisenkandidaten wie Esprit oder Görtz und Gerry Weber, die innerhalb weniger Jahre mehrere Insolvenzverfahren durchlaufen haben oder gerade durchlaufen, sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Die CFOs in der deutschsprachigen Modeindustrie rechnen für 2025 mit dem vierten Krisenjahr in Folge – und sie bescheinigen ihrer Branche mittlerweile einhellig grundlegenden Restrukturierungsbedarf. Das ist ein Ergebnis der jährlichen „CFO Pulse Survey“ des Beratungsunternehmens Roland Berger, die FINANCE exklusiv vorab vorlag. Info Für die aktuelle Erhebung „CFO Pulse Survey“ von Roland Berger wurden zwischen Dezember 2024 und Januar 2025 insgesamt 35 CFOs aus Modeunternehmen in der DACH-Region zur wirtschaftlichen Lage und zu Maßnahmen im Finanzbereich befragt. Performanceprogramme haben für Mode-CFOs Top-Priorität Trotz sinkender Insolvenzzahlen und einem Ende der Kostensteigerungen ist ein Ende der Krise nicht in Sicht. „Die Bewährungsprobe hält weiter an“, fasst Studienautor Benjamin Rassler die Grundstimmung zusammen. Er ist im Münchener Büro von Roland Berger Senior Partner und Mitglied der Plattform Restrukturierung, Performance & Transaction und betont, dass die Lage differenzierter sei als noch vor einem Jahr. Nach seiner Einschätzung wird sich in den kommenden Monaten zeigen, welche Unternehmen aus den Krisen gelernt haben und welche im „Dauerkrisen-Modus“ verharren. Wenig verwunderlich, genießen Performanceprogramme bei den befragten CFOs Top-Priorität. Zwar gebe es bei einigen Unternehmen erste Zwischenerfolge, doch Roland-Berger-Experte Rassler ist überzeugt, dass das auch 2026 noch so sein wird. „In der Praxis hapert es meistens nicht an der initialen Konzeption solcher Programme, sondern vielmehr an deren stringenten Umsetzung – das ist ein langer, steiniger Weg, der sich typischerweise über mehrere Jahre erstreckt.“ CFOs sehen größere Einsparpotentiale in der Finanzabteilung Grundsätzlich sehen die von Roland Berger befragten CFOs in allen Unternehmensfunktionen Einsparpotentiale. Interessant: Mit die größten Hebel liegen für sie dabei im eigenen Verantwortungsbereich Finance, Accounting und Controlling. Dort wurde das Einsparpotential von den Befragten im Schnitt mit 9 Prozent beziffert. Gleiches gilt für die Managementebene. Höher wird das Einsparpotential nur im Marketing und Vertrieb mit im Schnitt 10 Prozent eingeschätzt. Personalabbau gehört für die meisten Befragten mit zum Instrumentenkasten: Sieben von zehn Befragten haben in ihren Unternehmen bereits Personal abgebaut oder tun dies aktuell. Weitere 15 Prozent befinden sich in der Planung. Neben den Performanceprogrammen steht zudem klassisches Finanzer-Handwerk, namentlich eine belastbare Liquiditätsplanung sowie Szenario-Rechnungen, weit oben auf der Agenda. Auch die Transformation der Finance-Organisation haben mit 38 Prozent mittlerweile deutlich mehr Mode-CFOs im Blick als noch vor einem Jahr. Externer Inhalt von Datawrapper Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen. Immer entsperren Einmalig entsperren Rassler: „CFO muss Tempomacher der Transformation sein“ Grundsätzlich bescheinigen die Mode-CFOs ihrer Branche mittlerweile auch weit mehrheitlich grundlegenden Restrukturierungsbedarf. Bei der Befragung vor einem Jahr hielt bereits die Hälfte der Befragten eine strategische Transformation mit tiefgreifenden strukturellen Maßnahmen für notwendig. Nun ist der Wert sprunghaft auf 83 Prozent angestiegen. „Eine oberflächliche Symptombekämpfung – darin ist sich die Mehrheit einig – reicht nicht mehr aus, Quick-Wins sind kaum noch zu erzielen“, heißt es dazu in der Roland-Berger-Studie. Für Studienautor Rassler führt kein Weg daran vorbei, dass die Unternehmen ihre strukturellen Probleme jetzt angehen müssen: „Löschmanöver an einzelnen Brandherden versprechen keine nachhaltige Entlastung.“ Er sieht vier Ansatzpunkte, die in der Transformation des Modehandels entscheidend sein können. Erstens: das eigene Geschäftsmodell schärfen, also das Unternehmen klarer positionieren und auf die Kernkompetenzen fokussieren. Zweitens: die Performance auf der Fläche und bei der Ware verbessern. Drittens: Kosten im Personalbereich einsparen. Und schließlich viertens: die kaufmännischen Hausaufgaben erledigen. Darunter zählt Rassler eine solide Geschäfts- und Liquiditätsplanung, Szenario-Rechnungen, Performanceprogramme sowie eine transparente Bankenkommunikation. Zudem brauche es einen „CFO, der sich im gesamten Transformationsprozess als Tempomacher einbringt“. Konjunktur- und Konsumflaute belastet die Modebranche Erschwerend kommt hinzu: All das müssen die Modeunternehmen nun inmitten der anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Gesamtlage umsetzen. Die trüben Konjunkturaussichten liegen in der CFO-Befragung mit großem Abstand auf Platz 1 der meistgenannten Herausforderungen für das laufende Jahr. Auch die geopolitischen Spannungen, die sich negativ auf die Produktion und die Lieferketten auswirken können, wirken belastend. Externer Inhalt von Datawrapper Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen. Immer entsperren Einmalig entsperren Bei der Umsatzentwicklung sind die befragten Mode-CFOs dementsprechend verhalten. Eine Mehrheit von knapp 70 Prozent erwartet für 2025 eine Stagnation auf dem oft schon schlechten Niveau von 2024. Immerhin ein Viertel rechnet für das eigene Geschäft aber auch mit einem deutlicheren Umsatzplus von 5 Prozent und mehr. Finanzierer blicken kritischer auf Mode und Handel Angespannt bleibt die Stimmung auch bei den Finanzierungspartnern – zumindest in der Wahrnehmung der CFOs. Diese hatten die Stimmung der Finanzierer bereits 2024 als schlechter eingeschätzt. Für die Hälfte der Befragten hat sich daran in den vergangenen zwölf Monaten nichts geändert. Mehr als ein Drittel rechnet sogar mit einer weiteren Verschlechterung der Stimmung bei Banken und Finanzierern. Nur eine Minderheit von 10 Prozent spürt eine Besserung gegenüber 2024. Auch Rassler beobachtet, dass Finanzierer und Warenkreditversicherer wegen des anhaltenden Ergebnis- und Liquiditätsdrucks sowie des schwierigen Ausblicks für das laufende Jahr zunehmend besorgt sind. Die klassischen Banken seien „zunehmend zögerlich“ und würden bei langfristigen Refinanzierungen für „eher altgediente Retail-Geschäftsmodelle aktuell noch genauer als sonst hinschauen“. Nur wer ein „langfristig tragfähiges Geschäftsmodell, eiserne Kostendisziplin und einen klaren Pfad zur finanziellen Gesundung“ darlegen kann, könne zu vertretbaren Kosten finanzieren. „Die leichten Zeiten im deutschen stationären Retail sind damit vorbei – die einfache Formel ‚Filialen eröffnen, mehr Umsatz machen, besseres Ergebnis und schneller Return on Invest auf der Fläche‘ überzeugt die Finanzierer nicht mehr.“ Ein weiterer Grund für CFOs, schnell Fortschritte bei der grundlegenden Transformation des Geschäfts zu machen.

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