Die deutsche Automobilbranche kommt nicht zur Ruhe. Mit Kiekert, einem Spezialisten für Auto-Schließsysteme, hat ein weiterer deutscher Zulieferer Insolvenz angemeldet. Zuerst berichtete die Wirtschaftswoche. Konkret geht es um die Kerngesellschaften Kiekert Holding GmbH und Kiekert AG des Autozulieferers, die am heutigen Dienstag beim Amtsgericht Wuppertal einen Insolvenzantrag stellten.
Als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde laut Insolvenzbekanntmachung Joachim Exner von der Kanzlei Dr. Beck & Partner eingesetzt. Exner hat bereits mehrere Insolvenzfälle in der Automobilindustrie übernommen. Im vergangenen Jahr war er etwa bei dem Zulieferer WKW Automotive als Insolvenzverwalter tätig.
Chinesischer Gesellschafter Schuld an Insolvenz?
Wie der Branchendienst Autohaus unter Verweis auf Aussagen des Unternehmens berichtet, habe Kiekert die geordnete Fortführung des Geschäftsbetriebs unter dem Schutz des Insolvenzrechts und eine anschließende Restrukturierung zum Ziel. Der operative Geschäftsbetrieb an allen deutschen Standorten solle demnach regulär weiterlaufen. Die Löhne und Gehälter der rund 700 Mitarbeitenden seien bis einschließlich November gesichert. Internationale Kiekert-Standorte und -Werke bleiben laut dem Bericht des Branchendienstes vom Verfahren unberührt.
„Die Insolvenz ist die Konsequenz daraus, dass der chinesische Gesellschafter keine weiteren Mittel bereitgestellt und seine finanziellen Verpflichtungen im dreistelligen Millionenbereich nicht erfüllt hat“, wird Kiekert-Vorstandschef Jérôme Debreu in dem Bericht zitiert.
Kiekert steht beispielhaft für Automobilindustrie
Kiekert mit Hauptsitz im nordrhein-westfälischen Heiligenhaus gilt als einer der weltweit führenden Anbieter für Kfz-Schließsysteme und wurde 2012 vom chinesischen Zulieferer Lingyun übernommen. Zuvor war das Unternehmen in Private-Equity-Hand und steckte zeitweise in einer existenziellen Krise.
Zur Jahrtausendwende hatte der britische Private-Equity-Investor Permira den Türschlosshersteller gekauft. Permira bürdete Kiekert hohe Schulden auf, das Unternehmen konnte nach Verlusten die Zinsen nicht mehr bedienen. Schließlich verkaufte Permira das Unternehmen an eine Gläubigergruppe um Bluebay, Silver Point und Morgan Stanley. Im Jahr 2012 folgte der Verkauf der Aktienmehrheit an den börsennotierten chinesischen Autozulieferer Hebei Lingyun Industrial Group Corporation.
Mit der nun eingetretenen Zahlungsunfähigkeit steht Kiekert beispielhaft für die aktuellen Probleme in der deutschen Automobilbranche unter denen insbesondere die Zulieferer leiden. Neben größeren Konzernen wie ZF Friedrichshafen, machte in den vergangenen Monaten vor allem der Fall Webasto von sich Reden. Nach monatelangen Verhandlungen scheint das Rettungspaket bei dem kriselnden Autozulieferer Webasto nun endlich zu stehen. Wie eine entsprechende Lösung für Kiekert aussehen könnte, bleibt abzuwarten.
Lea Teckentrup ist Redakteurin bei DerTreasurer und FINANCE. Zuvor arbeitete sie als Wirtschaftsjuristin im Bereich Debt Capital Markets in einer internationalen Großkanzlei. Sie hat Wirtschaftsrecht im Bachelor und im Master an der Universität Osnabrück sowie an der Universität Siegen studiert.
