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Hedgefonds nehmen Air Berlin ins Visier

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Kann Air Berlin im operativen Geschäft wieder abheben? Eine Wandelanleihe bringt das Unternehmen finanziell in Bedrängnis.
Air Berlin

Die Finanzierungslage bei Air Berlin spitzt sich weiter zu. Wie FINANCE aus Marktkreisen erfuhr, nehmen Hedgefonds die angeschlagene Fluggesellschaft ins Visier. Hintergrund ist eine 140 Millionen Euro schwere Wandelanleihe, die bis 2019 läuft, aber den Investoren ein vorzeitiges Kündigungsrecht am 6. März 2017 einräumt. Das Investment verspricht eine hohe Rendite, für Air Berlin könnte es dagegen teuer werden.

Laut Anleihebedingungen steht den Investoren im kommenden Frühjahr eine Rückzahlung zu 100 Prozent des Nennwertes plus ausstehende Zinsen zu. Derzeit notiert die Anleihe mit 83 Prozent deutlich unter par. Hinzu kommt der Kupon von 6 Prozent, der vierteljährlich gezahlt wird. „Eine sensationelle Rendite“, sagt ein Distressed Investor gegenüber FINANCE. Wer lediglich monetäre Interesse verfolge, werde die Option ziehen, heißt es im Markt. Ein Tausch in Aktien macht derweil bei einem Kurs von gerade mal 58 Cent aus Investorensicht wenig Sinn.

Air-Berlin-CFO Dimitri Courtelis muss vorsorgen

Für den Fall, dass Anleiheinhaber in großem Stil ihr Kündigungsrecht ausüben, müsste CFO Dimitri Courtelis vorsorgen. Bei Air Berlin hieß es dazu lediglich, man werde sich „zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu konkreten Details der Finanzierung der Wandelanleihe nicht äußern“.

Zwar hat sich die Fluggesellschaft gemäß der Anleihebedingungen zwei Vorgehensweisen eingeräumt: Neben einer Barrückzahlung ist auch eine Kombination aus Cash- und Wandlung in Aktien möglich. Da der Aktienkurs seit Emission der Wandelanleihe aber eingebrochen ist – mit 58 Cent ist Air Berlin inzwischen ein Penny Stock – wäre selbst die zweite Variante teuer für Air Berlin. Denn bei sinkendem Aktienkurs steigt die Cash-Komponente.

Air Berlin verbrennt Cash und Finanzierungen werden fällig

Fraglich ist, welche Rolle der strategische Investor Etihad spielen wird. Der arabische Großaktionär von Air Berlin hat bei der Platzierung der Wandelanleihe 29,9 Prozent der Anteile gezeichnet, wie die Berliner damals mitteilten. Das entspricht rund 42 Millionen Euro des insgesamt 140 Millionen Euro schweren Bonds. Hintergrund: Im Falle einer Wandlung in Aktien wollten die Araber ihren Anteil an der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft nicht verwässern. Etihad erklärte auf Anfrage von FINANCE, noch immer 29,9 Prozent zu halten. Ob man den Anteil bis zum Tag der Kündigungsoption aufstocken oder reduzieren werde, sei noch nicht entschieden.

Es scheint naheliegend, dass die Scheichs die Kündigungsoption nicht ziehen werden, um die Liquidität der angeschlagene Airline nicht weiter zu belasten. Zwar verfügten die Berliner zum Halbjahr über liquide Mittel von 398 Millionen Euro. Allerdings kalkulieren Insider den Liquiditätsbedarf der Airline für die kommenden Monate allein für das operative Geschäft auf eine halbe Milliarde Euro, wie das Handelsblatt kürzlich berichtete. Im April wird zudem ein Kredit über 75 Millionen Euro fällig, mit dem Air Berlin im vergangenen Geschäftsjahr einen Teil der Verluste abdeckte.

1 Milliarde Euro negatives Eigenkapital, fast 1 Milliarde Nettoschulden

Die Zahlen zeichnen ein düsteres Bild bei Air Berlin: Zum 30. Juni stand ein Verlust von 271,5 Millionen Euro zu Buche. Gleichzeitig berichtete die Airline ein negatives Eigenkapital von fast 1 Milliarde Euro und Nettoschulden, die mit 927 Millionen Euro ebenfalls nur knapp unter der Milliardengrenze liegen. Über diverse Finanzierungsinstrumente hat Etihad insgesamt 1 Milliarde Euro bei den Berlinern im Feuer, wie FINANCE berechnete. Andere Finanzierungspartner haben sich dagegen nach und nach zurückgezogen.

Weitere Geldspritzen von Etihad sind jetzt allerdings kaum mehr denkbar: Air Berlin droht deutsche Verkehrsrechte zu verlieren, wenn nicht mehr widerlegbar ist, dass ein ausländische Investor das Unternehmen dominiert. Die größte Hoffnung von Air Berlin ruht deshalb auf der geplanten Zerschlagung, mit der auch das operative Geschäft wieder in Schwung kommen soll. Die Zeit drängt in Berlin.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de

Info

Schwer angeschlagen und am Tropf von Großaktionär Etihad: Alles Wichtige zur Finanzlage von Deutschlands zweitgrößter Airline finden Sie auf der FINANCE-Themenseite Air Berlin.

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