Warum Private Equity gerade so viele Deal Captains verliert

Deal Captains: Sie sind für Private Equity essentiell, denn sie sorgen dafür, dass sich der Dealflow auch tatsächlich in Abschlüsse verwandelt. Dementsprechend sind die Dealmaker am Recruiting-Markt stets gefragt. Allerdings ist ihre Wechselbereitschaft traditionell gering, denn die Fonds tun viel, um die wichtigen Mitarbeiter im Team zu halten – sei es mit attraktiven Gehaltsstrukturen wie dem Carry, der auch gern mal „goldene Handschelle“ genannt wird, oder mit netten Benefits abseits der Vergütung. Private-Equity-Recruiting läuft heiß Doch in den vergangenen Monaten haben ungewöhnlich viele Deal Captains den Arbeitgeber gewechselt – unter anderem, um bei neuen Fonds anzuheuern. So ist der Ex-DPE-Investment-Director Sergej Lehmann zu Icelake gewechselt, um das neueröffnete Münchener Büro zu leiten. Und nur wenige Wochen später verließ mit Franz Reiffenstuel ein weiterer DPE-Manager den Fonds in Richtung Adelis Equity. Bei der DPE war Reiffenstuel zuletzt Partner, für Adelis soll er nun die deutsche Dependance aufbauen. Mehr zum Thema Neuer Private-Equity-Investor Icelake kommt nach Deutschland Zum Jahresendspurt eröffnet mit Icelake Capital ein neuer Private-Equity-Investor sein Büro in München. Deutschlandchef wird der Ex-DPE-Mann Sergej Lehmann. Mehr lesen Die zwei Beispiele stehen für einen aktuellen Trend am Markt, wie Daniela Braemisch, Leiterin des Frankfurter Büros der auf Private Equity spezialisierten Personalberatung PER, bestätigt: „Der Private-Equity-Recruiting-Markt läuft heißt, denn die Häuser wollen auch in schwierigen Zeiten gut aufgestellt sein“. Gesucht werde laut Braemisch auf allen Ebenen, so eben auch bei den Deal Captains, wobei zwischen den unterschiedlichen Häusern unterschieden werden muss. So gebe es auch einige „Private-Equity-Fonds, die beim Recruiting etwas zurückhaltender sind. Sie stellen auch ein, doch bis zur Einstellung werden mehr Gespräche geführt“, ordnet Mario Barisic, Headhunter bei Fricke Finance & Legal, ein. Der Recruiting-Prozess dauere daher zurzeit merklich länger. „Die Finanzinvestoren wollen sich keine Schnellschüsse erlauben“, so der Personalberater. Carry-Realisierung rückt für Deal Captains in die Ferne Das hält die Deal Captains jedoch nicht davon ab, auch aktiv nach neuen Entfaltungsmöglichkeiten zu suchen. Dabei spielt ihnen in die Karten, dass derzeit weniger Uni-Absolventen eingestellt werden, da die Häuser wieder vermehrt nach Personal mit mindestens zwei Jahren Berufserfahrung suchen, berichten Headhunter im Gespräch mit FINANCE. Es herrscht also in der Hinsicht ein Kandidatenmarkt. Die neuerliche Wechselbereitschaft der Dealmaker hat dabei aus Sicht der Personalberater zwei wesentliche Gründe: neben der mangelnden Perspektive für eine Beförderung – zum Beispiel zum Partner – die fehlende Aussicht auf den (schnellen) Carry. „Die wirtschaftliche Situation ist auch für Private Equity schwierig, was im vergangenen Jahr unter anderem an dem herausfordernden Exit-Umfeld deutlich geworden ist. Und verschobene oder gar gepullte Exits lassen den Carry in weite Ferne rücken“, sagt PER-Beraterin Braemisch. „Angesichts der wirtschaftlichen Lage können die Private-Equity-Häuser ihre Versprechen nun nicht mehr (zeitnah) einlösen.“ Ein anonymer Headhunter Wenn sich die angeleierten M&A-Prozesse hinziehen, sorgt das für Unsicherheit, ob und wann man als Private-Equity-Manager in den Genuss der „kompletten finanziellen Unabhängigkeit“ kommt, wie manche Investment Professionals es beschreiben. Und nicht nur das: „Wenn der Fonds nicht performt, also die Hurdle Rate, bei der der Carry ausgelöst wird, gar nicht erreicht werden kann oder auf der Kippe steht, lässt das die Investment Professionals erst recht umdenken“, so Braemisch weiter. Ähnliches hat auch ein Personalberater beobachtet, der um Anonymität gebeten hat, um offen sprechen zu können: „Wir sehen viele Investment Manager, die vor ein, zwei Jahren mit hochtrabenden Versprechungen eingestellt worden sind. So wurde ihnen zugesichert, dass das Fondskapital schnell allokiert werden kann und somit die Realisierung des Carry in greifbare Nähe rückt“. Angesichts der wirtschaftlichen Lage könnten die Häuser ihre Versprechen nun nicht mehr (zeitnah) einlösen. Besonders ärgerlich ist dies, wenn die ersten Carry-Zahlungen nur noch vom Verkauf eines einzigen oder weniger Assets im Fonds abhängen, der sich in die Länge zieht. Private Equity ist risikoaverser – zulasten der Dealmaker Fricke-Headhunter Barisic stimmt der These grundsätzlich zu, dass Deal Captains zurzeit offener sind für einen Jobwechsel – und bringt einen weiteren Aspekt ins Spiel: das maue Fundraising-Umfeld. „Die Deal Captains fragen sich selbstverständlich, ob die neue Fonds-Generation die Zielgröße erreicht – und was das schlechte Fundraising-Umfeld in der Konsequenz für den künftigen Carry bedeutet“, sagt Barisic. Der Personalberater möchte die Wechselbewegungen allerdings differenzierter verstanden wissen. „Ich kann nicht bestätigen, dass die Bereitschaft bei Deal Captains, den Arbeitgeber zu wechseln, allein an den verminderten Aussichten auf den Carry liegt“, sagt er. Er sieht den primären Grund für die Wechselbereitschaft der Dealmaker in Änderungen der Rahmenbedingungen des Geschäfts – wie etwa in der verminderten Risikobereitschaft der Häuser – sowie vereinzelt in strukturellen Veränderungen der Private-Equity-Fonds selbst. Mehr zum Thema Neue Machtverhältnisse beim Private-Equity-Recruiting Nach Monaten des Booms spüren Headhunter erstmals Zurückhaltung beim Recruiting der Private-Equity-Fonds. Diese Kandidaten müssen sich auf rauere Bewerbungsgespräche einstellen. Mehr lesen „Die aktuellen Gegebenheiten am Markt erschweren weiterhin potentielle Transaktionen, sodass sich die Häuser auf die Portfolioarbeit konzentrieren“, sagt Barisic. Viele Investment Professionals schätzten aber die Agilität, die hohe Schlagzahl bei M&A-Deals und die kurzen Dienstwege, unter anderem bei Investitionsentscheidungen. Häuser, die den Erwartungen ihrer Mitarbeiter in dieser Hinsicht nicht mehr gerecht werden können, müssen dementsprechend mit Abgängen rechnen. Verbaut Private Equity seinen Talenten die Karriere? Und Barisic weist noch auf einen weiteren interessanten Punkt hin: „Deal Captains sollten die Carry-Perspektive nicht als Anlass für eine persönliche Umorientierung nehmen. Schließlich machen sie sich angreifbar, wenn sie es waren, die die Unternehmen an Land gezogen haben, die nun underperformen und die der Grund dafür sind, dass es mit der Realisierung des Fonds hapert.“ Es dürfte also nicht einfach sein, einen Private-Equity-Professional zu finden, der offen zugibt, aufgrund des Carry zu wechseln, wenngleich „die allermeisten das Private-Equity-Geschäft nur wegen des Carry machen“, wie ein Headhunter gegenüber FINANCE sagt, der lieber anonym bleiben möchte. „Wenn ein guter Mitarbeiter seine Ziele nachweislich erfüllt, wird man ihm keine Steine in den Weg legen.“ Mario Barisic, Personalberater bei Fricke Finance & Legal Ein weiterer Personalberater, der ebenfalls nicht namentlich genannt werden möchte, hat noch eine letzte Beobachtung gemacht, die die Wechselbereitschaft der Deal Captains erklären könnte – Stichwort Karriere. „Einige Partner sind gerade dabei, operative Verantwortung abzugeben und suchen neue Mitarbeiter, die Transaktionen vom Kick-off bis zum Abschluss begleiten können. Dafür ziehen die Häuser eine Art ‚Zwischenebene‘ ein – zwischen den Partnern und dem Mittelbau.“ Das könne für Unzufriedenheit bei einigen Mitarbeitern sorgen, denen dadurch der Karriereaufstieg im Unternehmen erschwert wird. Headhunter Barisic hält ein Stückweit dagegen: „Wenn ein guter Mitarbeiter seine Ziele nachweislich erfüllt, wird man ihm keine Steine in den Weg legen. Speziell diese High Performer will der Private-Equity-Fonds ja halten.“ Jenseits davon könne es natürlich mal passieren, dass eine weitere Hierarchiestufe entsteht. „Das hat aus meiner Sicht dann aber eher strukturelle Gründe“, ist Barisic überzeugt.

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