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CIO und CFO: Neue beste Freunde

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CIOs müssen in Business-Mustern denken. Ihr idealer Verbündeter ist der CFO.
Thinkstock / Getty Images

Im Fußball heißt es oft, dass man sich an einen Torwart vor allem wegen seiner Fehler erinnert. Dasselbe könnte für den Chief Information Officer (CIO) gelten: Laufen die Systeme reibungslos, nimmt kaum jemand Notiz von ihm. Kommt es jedoch zu ein paar Minuten Ausfallzeit, steht der CIO sofort im Scheinwerferlicht. Damit sich das ändert, muss sich das Rollenbild des CIOs wandeln – von jemandem, der bloß die Dinge am Laufen hält, zu jemandem, der Technologie gezielt einsetzt, um das Wachstum des Unternehmens zu fördern.

Das ist bislang nicht geschehen. Eine aktuelle Umfrage von Ernst & Young (E&Y) unter 301 IT-Experten zeigt, dass mehr als 60 Prozent der CIOs lediglich die IT-Kosten kontrollieren und die Systeme am Laufen halten. 49 Prozent gaben wenig oder kein Engagement in Bezug auf wichtigere Funktionen an, zum Beispiel mit Blick auf die Diskussion der betrieblichen Leistungen und Herausforderungen oder die Entwicklung der Geschäftsstrategie. „Wenn du nur derjenige bist, der garantiert, dass das Blackberry funktioniert – warum sollten sie die Strategie mit dir diskutieren?“, kommentiert Volker Raupach, Vizepräsident IT Automotive Experience bei Johnson Controls.

Was noch größeren Schaden anrichtet, ist die Tatsache, dass Firmen oft auch nur wenig von ihrem CIO erwarten. Nur 35 Prozent der anderen befragten Experten aus der obersten Führungsetage denken, dass CIOs bei der faktenbasierten Entscheidungsfindung im Rahmen der Strategiefindung helfen können. Weniger als die Hälfte denkt, dass sich die Bedeutung des CIOs in den vergangenen Jahren erhöht hat.

Stolpersteine für CIOs

Aber derlei Studienergebnisse sind nicht wirklich neu. Seit der Posten des CIOs in den 60er-Jahren geschaffen wurde ist die Bedeutung von Technologie für betriebliche Abläufe gestiegen. Dennoch ist die Rolle des CIOs in der obersten Führungsetage zweitrangig geblieben.

Ein Teil des Problems scheint auch der mangelnde Ehrgeiz von CIOs zu sein. In einer Studie des Personaldienstleisters Harvey & Nash aus diesem Jahr gaben bemerkenswerte 82 Prozent der befragten CIOs an, zufrieden mit ihrer gegenwärtigen Rolle zu sein. Das dürfte zum Teil an ihren Karrierewegen ins Topmanagement liegen. Die meisten haben nur innerhalb der IT-Funktion gearbeitet und haben einen Abschluss in IT (49 Prozent in der E&Y-Studie, verglichen mit nur 10 Prozent, die einen MBA haben). Dies vermittelt ihnen im Hinblick auf den Umgang mit unternehmensstrategischen Themen eine etwas eingeschränkte Weltsicht.

Der CIO stolpert zudem über mangelnde Kenntnis der Fachtermini wie Nettogegenwartswert, Kundenerfahrung, Gewinn und Verlust. Außerdem können CIOs Projekte schlecht als Sprosse auf der Leiter zum Unternehmenswachstum kommunizieren. Umgekehrt sind die anderen Vorstände gelangweilt von IT-Kleinklein und Technologiesprech wie Latenzzeit, Gigahertz und Petabyte. „Der CIO wird nach wie vor als Wachhund der Organisation wahrgenommen. Er ist stets bereit, sich in ein Gespräch einzumischen und die Risiken einer Initiative aufzuzeigen, beachtet dabei aber selten die Auswirkungen auf seine Wahrnehmung durch anderen Mitarbeiter im Unternehmen“, sagt Maureen Osborne, global CIO bei E&Y.

Die größte Schwäche ist jedoch ein Mangel an Talent für politische Manöver, beziehungsweise für das Schmieden von Allianzen und Koalitionen. Rund 75 Prozent der CIOs aus der E&Y-Umfrage erkennen diese Fähigkeiten zwar als wichtig an, sehen sich aber trotzdem bislang nicht als politischen Akteur.

CIO am Scheideweg

Unabhängig von Ehrgeiz und Fähigkeiten haben zwei Ereignisse Umstände geschaffen, die über die Zukunft des CIO-Postens entscheiden könnten. Zum einen ist das die Wirtschaftskrise, die CEOs dazu zwingt, auf der Suche nach Wachstum kontinuierlich neue Märkte zu erkunden. Unternehmen haben realisiert, dass der einzige Weg zum Überleben darin besteht, sich in neue Fahrwasser vorzuwagen und Risiken einzugehen. Der zweite Umstand ist der fundamentale Wandel in der Informationstechnologie, der sich in vier Trends manifestiert:  Cloud Computing, die Nutzung mobiler Endgeräte, Social Media und Fortschritte bei der Analyse sehr großer Datensätze (Big Data).

Diese beiden Entwicklungen bedeuten, dass die traditionelle Rolle des CIOs mit Betonung auf Stabilität und Sicherheit rasch an Bedeutung verliert. Eine konstante Optimierung durch Updates für alte Computersysteme wird schwierig, wenn Firmen versuchen, im Rennen um die Wettbewerbsfähigkeit agiler zu werden. Seit dem Aufkommen von Cloud Computing betrachten Unternehmen zum Beispiel die IT als Dienstprogramm, das man anzapfen kann, und nicht als Datenzentrum im Keller. Der Höhenflug von mobilem Internet und Social Media hat zudem einen neuen Erwartungsrahmen rund um schnelle, intuitive Anwendungen geschaffen. Mitarbeiter werden ungeduldig, wenn sie an einem wenig bedienungsfreundlichen Stück Unternehmenssoftware festhalten sollen.

In heutigen Führungsetagen riskiert ein CIO für die Entscheider irrelevant zu werden wenn er keine Technologie liefern kann, die den Vorstand dabei unterstützt, schnell auf neue Optionen zu reagieren und Wachstum zu erzeugen. „Als CIO müssen Sie Ihre Prioritäten an die Prioritäten des Geschäfts anpassen. Sobald der Buchstabe C wie Chief in ihrem Titel vorkommt, sind Sie Teil des Managementteams, nicht bloß des IT-Teams“, sagt Vijay Sethi, CIO bei Hero MotoCorp.

Es ist nicht so, dass sich CIOs dieser Tatsache nicht bewusst wären. Eine Gartner-Umfrage unter CIOs aus diesem Jahr findet als oberste Prioritäten „Kunden anzuziehen und zu halten“ sowie „Business-Lösungen zu liefern“, noch vor der Reduktion von IT-Kosten. Aber dafür ist es unerlässlich, Beziehungen aufzubauen und technologische Argumente in Business-Sprache auszudrücken. In beiderlei Hinsicht ist der CFO der nützlichste Verbündete für den CIO.

Brücken bauen im Vorstand

Da der IT das Image eines Kostenzentrums anhaftet, berichtet der CIO meist dem CFO. Das versperrt dem CIO den Zugang zum restlichen Vorstand, da der CEO die Belange des IT-Budgets an den CFO delegiert. Doch der CFO kann diese Beziehung pflegen, um auch den restlichen Vorstand zu erreichen.

Dabei könnte manch ein CIO auf viele Gemeinsamkeiten mit dem CFO stoßen. Ähnlich zur Rolle des CIOs unterliegt auch die des CFOs zurzeit einem umfassenden Wandel. CFOs wurden lange als bloße Erbsenzähler angesehen. Expertise im Finanzbereich sowie ein erhöhtes Bewusstsein für Geld in Unternehmen verändern diese Rolle. Der CFO ist zum strategischen Berater des CEOs geworden, der die Firma in guten wie schlechten Zeiten beraten und anleiten kann. Es liegt im Interesse des CFOs, sein strategisches Gewicht zu erhöhen, indem er eine Reihe von Fähigkeiten im Vorstand abdeckt, die nicht alle mit Finanzen zu tun haben.

Der CFO kann dem CIO helfen, Vorschläge eher in geschäftlichen als in IT-Worten vorzubringen. Der Blickwinkel des CFOs könnte für den CIO wertvoll sein, wenn er Investitionen in IT mit Geschäftszielen verknüpfen will. Ein technischer Vorschlag des CIOs, der auf die Verbesserung des Gewinns, Kostensenkungen oder Umsatzwachstum durch verbesserte Kundenerfahrungen mit den Produkten des Unternehmens abzielt, wird die viel eher die Aufmerksamkeit des CEOs wecken, vor allem wenn der CFO dem Projekt zustimmt. Eine enge Beziehung zum  CFO kann dem CIO zudem Türen öffnen, wenn es um die Etablierung von Allianzen mit dem COO, dem CEO oder einem Gremium geht. Scheitert der CIO beim Bau dieser Brücken, bleibt er nur derjenige, der garantiert, dass das Blackberry funktioniert.

ritobaan.roy[at]cfo-insight.com