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Die Libor-Lüge und ihre Folgen

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Der Skandal um die Manipulation von Referenzzinssätzen erschüttert die Finanzwelt – einmal mehr. Bereits seit längerem brodelt die Gerüchteküche, doch mit der Strafe für Barclays und deren Ex-Chef Bob Diamond sowie den Verdächtigungen rund um die Bank of England (BoE) gewinnt der Skandal an Fahrt. Viele weitere Banken, darunter die größten europäischen, stehen jetzt im Fokus der Ermittler, Strafzahlungen für die Banken könnten sich im Milliardenbereich bewegen. Zudem droht der Skandal, sich auf den Referenzzinssatz Euribor auszuweiten.

Bei den Unternehmen und den Verbänden bleibt es auffällig ruhig – kaum jemand will sich dazu äußern. Warum? Die Antwort ist relativ simpel, glaubt man einem Treasurer: da der Referenzzinssatz nach unten manipuliert wurde, entsteht für die meisten überhaupt kein Schaden – im Gegenteil, Kreditnehmer profitieren sogar. Außerdem ist die London Interbank Offered Rate für viele Kontinentaleuropäer ohnehin nicht so relevant: Während sich Libor stärker auf den US-Dollar konzentriert, ist der Euribor das Euro-Gegenstück und damit für Kontinentaleuropa deutlich wichtiger. Ein weiterer Grund wird in der schweren Messbarkeit des Schadens liegen.

"Ich fühle mich machtlos"
Dennoch bleibt mehr als ein “ Geschmäckle“: So ehrenwert die Motive der Banken inklusive der BoE auch gewesen sein mögen, wieder einmal wird das Vertrauen in die Finanzindustrie angekratzt. „Liborgate“ reiht sich ein in eine ganze Menge von Skandalen der letzten Zeit. Und das ist schlecht: Wie zwischenmenschliche Beziehungen basieren auch die Geschäftsbeziehungen zu einem hohen Maße auf Vertrauen. „Ich fühle mich machtlos, wenn ich diese kriminelle Energie sehe“, klagt ein Treasurer. Man wird das Gefühl nicht los: Es wird nicht der letzte Skandal sein.

markus.dentz[at]finance-magazin.de

Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.