Jost Werke: Banker müssen Unternehmen verstehen

Herr Terlinde, können Sie uns kurz Ihr Unternehmen vorstellen? Jost Werke ist ein weltweit tätiger Zulieferer im Bereich von kommerziellen Nutzfahrzeugen. Dies umfasst Trucks, Trailer und landwirtschaftliche Traktoren. Heute produziert Jost im Wesentlichen verbindende Teile wie Achsensysteme oder Kupplungen. Unser Umsatz betrug im vergangenen Jahr fast 1,3 Milliarden Euro, und wir hoffen, in diesem Jahr diese Marke zu übertreffen. Info Zum Zeitpunkt des Tiefeninterviews war Christian Terlinde noch CFO der Jost Werke. Seit Juli ist er in gleicher Position bei der ehemaligen Siemens-Tochter Flender. Die komplette Future Banking Skills Studie finden Sie hier zum Download. Als weltweit tätiges Unternehmen arbeiten Sie mit einer Vielzahl von Banken eng zusammen, richtig? Ja, wir haben einen Kernbankenpool, mit dem wir verschiedenste Geschäfte durchführen. Zudem gibt es in jedem einzelnen Land enge Beziehungen zu einer Bank, mit der wir den wesentlichen Zahlungsverkehr abwickeln. Die Geschäftsbeziehungen zu diesen Banken sind relativ fest, ansonsten bemühen wir uns um einen vernünftigen Wettbewerb. Nur weil eine Bank uns im Tagesgeschäft unterstützt, heißt das nicht, dass diese auch das Zusatzgeschäft mit uns abwickelt. Jost setzt auf feste Partner Wie gehen Sie vor, wenn neue Projekte außerhalb des Tagesgeschäfts anstehen? Im Kreise unserer Kernbanken besprechen wir permanent neue Projekte, die Bankenrelevanz haben. Diese Kernbanken teilen uns dann mit, ob Interesse besteht oder nicht, wobei Letzteres ehrlicherweise eher selten vorkommt. Wir prüfen dann diese Angebote, und das beste Angebot erhält den Zuschlag. Können Sie uns einen genaueren Einblick in die Zusammenarbeit mit den Banken geben? Direkten Austausch gibt es über die Person des Relationshipmanagers der Banken. Zudem informieren wir die Banken proaktiv, beispielsweise bei der Veröffentlichung des Quartalsabschlusses oder bei größeren Projekten. Wichtig ist uns ein permanenter Austausch mit unseren Banken. Ich führe regelmäßig Gespräche, zumeist mit den Vorständen, aber auch mit den Relationshipmanagern der einzelnen Häuser. Dieser Austausch findet regelmäßig statt, circa einmal pro Quartal auf meiner Ebene und im Treasury mehr als einmal pro Monat. Im Wesentlichen dienen diese Gespräche dazu, sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten. Das Anbahnen von neuen Projekten startet auf der Ebene Relationshipmanager und geht dann nach kurzer Zeit zu spezialisierten Teams über, die auch fachlich mitreden können. Relativ zügig verlassen wir damit die Ebene des klassischen Kundenbetreuers. Info Jost Werke SE ist ein deutsches Unternehmen, das sich auf die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von Systemen und Komponenten für die Nutzfahrzeugindustrie spezialisiert hat. Zu den Produkten gehören Sattelkupplungen, Anhängerachsen, Modulsysteme und zugehörige Komponenten. Mit Produktionsstätten in dreizehn Ländern auf fünf Kontinenten bedient das 1952 gegründete Unternehmen einen globalen Markt und erzielte im Geschäftsjahr 2022 einen Umsatz von fast 1,3 Milliarden Euro. Persönliche Bindungen sind essenziell Da spielt Vertrauen eine große Rolle. Wie wichtig ist Ihnen der persönliche Kontakt? Der persönliche Kontakt hat für mich eine große Bedeutung, sowohl auf der Relationshipmanager- als auch auf Vorstandsebene. Wenn ich den jeweiligen Berater oder den Vorstand kenne und einschätzen kann, ist das von Vorteil. Da helfen der persönliche Kontakt und das Vertrauen. Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Ansprechpartner in der Bank das Geschäft von Jost wirklich verstehen und auch über entsprechende Branchenkenntnisse verfügen? Ja, das ist uns sehr wichtig. Die Banken stellen sich darauf auch immer besser ein, indem sie mehr Branchenteams bilden. Dies halte ich für den richtigen Weg. Von größeren Banken erwarten wir ein tiefgreifendes Know-how hinsichtlich unserer Produkte, Ziele und unserer Branche. Dies wirkt sich positiv auf eine langfristige Kundenbeziehung aus. Ich halte es für sehr wichtig, dass die Banken verstehen, mit welchen besonderen Herausforderungen unser Unternehmen zu kämpfen hat und welche langfristigen Ziele wir verfolgen. Die Kundenbetreuer, mit denen wir zu tun haben, sind sehr bodenständig, versuchen das Geschäft zu verstehen und sich in unsere Spezialthemen hineinzudenken, um dann entsprechende Lösungen anzubieten. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht auch häufig Standardlösungen anbieten. „Auf etwas anderes als digitale Lösungen im Tagesgeschäft lassen wir uns auch gar nicht mehr ein“ Christian Terlinde, CFO der Jost Werke. Wie wichtig sind Ihnen digitale Prozesse in der Zusammenarbeit mit Banken? Es ist sehr angenehm, wenn viele Dinge digital laufen. Da ist immer noch die Menge an Papier zu bemängeln, die ich beispielsweise beim Aufsetzen eines digitalen Prozesses physisch unterschreiben muss. Wenn die Prozesse allerdings mal gestartet sind, laufen sie meistens einwandfrei und erleichtern unsere Arbeit. Besonders komplexe Projekte laufen noch nicht digital, aber viele Bestandteile des Tagesgeschäfts, wie simple Fremdwährungsgeschäfte, sind bereits komplett digitalisiert. Auf etwas anderes als digitale Lösungen lassen wir uns im Tagesgeschäft auch gar nicht mehr ein. Aber es gibt immer noch Dinge, wo ich mich frage: Kann man das nicht digital machen? Das sind aber Ausnahmen. Den persönlichen Austausch mit den handelnden Akteuren kann das allerdings nicht ersetzen. Auf diesen lege ich weiterhin Wert. Ist es Ihnen wichtig, dass Ihr Bankberater lange Erfahrung im Bankensektor hat? Ich glaube, das hängt von der einzelnen Person ab. Letztlich entscheidet nicht zwangsläufig der Bildungsweg, sondern die Leistung des Beraters. Eine gewisse Berufserfahrung ist unabdingbar, aber ob das zehn Jahre oder länger sein muss, wage ich zu bezweifeln. Auffällig ist, dass ich ganz häufig mit Personen arbeite, die „einmal Bank, immer Bank“ in ihrem Lebenslauf stehen haben. Sie haben gerade einen interessanten Satz gesagt: „Einmal Bank, immer Bank“. Könnte dies betriebsblind machen? Das kann sicherlich passieren. Ich glaube, da trennt sich die Spreu vom Weizen. Die Guten werden nicht betriebsblind und können weiterhin kreativ denken, und die nicht ganz so Guten, die fahren in ihrem gewohnten Fahrwasser. Branchenexpertise ist Pflicht Denken Sie, dass sich die Rolle von Firmenkundenbankern in Zukunft stark verändern wird? Im Firmenkundengeschäft erwarte ich keine größeren Veränderungen in naher Zukunft. Gerade bei Unternehmenskrediten und ähnlichen Themen geht es um große Summen, da kommen das persönliche Gespräch und das Vertrauen zu den handelnden Personen stark zum Tragen. Ich glaube, es ist einfach wichtig, dass die Firmenkundenbetreuer verstehen, was die Unternehmen umtreibt und was die Besonderheiten der jeweiligen Branche sind. Von daher ist es der richtige Ansatz, dass sich immer mehr branchenspezifische Firmenkundenteams bilden. In welchen Bereichen wird sich Ihr Unternehmen in den nächsten Jahren stark verändern? Jost ist glücklicherweise unabhängig von der Diskussion um den Antriebsstrang im Nutzfahrzeug. Wir stellen heute im Wesentlichen Teile her, die bei jeder Antriebsform benötigt werden. Daher sehen wir eher, dass uns das Thema autonomes Fahren beschäftigen wird. Wir erwarten viel mehr digitale Dienstleistungen, die damit zusammenhängen und in den nächsten zehn Jahren stärker vorangetrieben werden. Und natürlich wollen wir weiterhin mit dem Markt wachsen. FINANCE Köpfe Dr. Christian Terlinde Flender GmbH Mehr lesen Weiteres Wachstum benötigt meist einen größeren Finanzierungsbedarf, fühlen Sie sich hier von den Banken abgeholt? Ja, da gibt es überhaupt nichts zu beanstanden. Das haben wir auch gemerkt, als wir im Dezember vergangenen Jahres unseren neuen Schuldschein platziert haben. ESG-Pläne beim Truck-Zulieferer Welche Bedeutung hat Nachhaltigkeit im Firmenkundenbanking? Das ist eine gute Frage, ehrlicherweise sehe ich eine höhere Bedeutung bei unseren Eigenkapitalinvestoren als bei unseren Fremdkapitalinvestoren. Die Banken haben das sehr positiv aufgenommen, aber viel mehr Nachfragen nach ESG-Themen bekommen wir von den Eigenkapitalinvestoren. Können Sie uns kurz schildern, wie der Prozess der Zusammenarbeit ablief? Jost ist in einer Branche tätig, die viel Wert auf Umwelt und Umweltschutz legt. Als die Frage nach einem ESG-linked Loan aufkam, haben wir daher schnell gesagt, dass wir uns dies vorstellen können. Dabei haben wir in Zusammenarbeit mit Spezialteams der Banken die Ziele festgelegt. Bewusst wurden zwei Ziele gesetzt: ein Umweltschutzziel, das sich auf die CO2-Reduktion in unseren Produktionsprozessen bezieht, und im Bereich Social das Ziel, die Frauenquote in Führungspositionen zu steigern.

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