Damit sich die Krise durch das Coronavirus nicht auch noch zu einer größeren Bankenkrise ausweitet, wollen die internationalen Bankenregulierer die Geldhäuser stärker entlasten. Wie das "Basel Committee on Banking Supervision“ (BCBS) bekannt gab, sollen die Ende 2017 beschlossenen strengeren Kapitalvorschriften für Banken, im Bankenjargon unter „Basel IV“ bekannt, erst ein Jahr später scharf gestellt werden als geplant.
Banken werden bei RWA entlastet
Die neuen Regeln sollen nun erst 2023 in Kraft treten und nicht, wie ursprünglich geplant, bereits 2022. Davon betroffen sei auch der umstrittene „Output Floor“, dessen Einführung nun stufenweise bis 2028 erfolgen soll, hieß es. Er regelt, wie stark die von den Banken selbst entwickelten Modelle zur Berechnung der risikogewichteten Aktiva (RWA) von den Standardmodellen der Aufseher abweichen dürfen.
Vor allem gegen den „Output Floor“ war die europäische Banken-Lobby Sturm gelaufen, da sie durch ihn einen deutlich höheren Kapitalbedarf befürchtete. Die eigenen Modelle der Banken greifen vereinfacht gesagt auf andere, individuellere Risikoparameter zurück als der allgemeine Standard-Ansatz der Aufsicht und führen dadurch häufig zu niedrigeren RWA als der Standard-Ansatz. Basel IV soll den Abweichungsspielraum auf maximal 72,5 Prozent begrenzen.
Daneben soll auch das im Januar 2019 beschlossene neue Regelwerk zur Berechnung von Marktrisiken (Revised market risk framework) um ein Jahr verschoben werden. Die Kapitalanforderungen für Marktrisiken würden durch das neue Regelwerk schätzungsweise um rund 22 Prozent höher ausfallen, wie die internationalen Bankenaufseher Anfang 2019 berichteten.
Bankenverband begrüßt Basel-IV-Verschiebung
Durch das zusätzliche Jahr hätten die Banken und Aufseher dem Baseler Ausschuss zufolge nun mehr Freiraum. Es sei wichtig, dass man in der Lage sei, die gesamten Ressourcen nun erst einmal auf die Auswirkungen des Coronavirus auszurichten. „Die Verschiebung der Baseler Regeln ist in der jetzigen Situation richtig und hilfreich“, kommentierte Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des deutschen Bankenverbandes, die Verschiebung.
Banken würden dadurch von administrativen und organisatorischen Aufgaben entlastet, die dringend an anderen Stellen benötigt würden. „Derzeit muss unsere Hauptaufgabe darin liegen, die Wirtschaft mit Liquidität zu versorgen“, so Ossig. Die Banken sind das Nadelöhr zwischen den liquiditätsbedürftigen Unternehmen und den von der Bundesregierung beschlossenen Hilfskrediten.
EZB fordert Dividendensperre von Banken
Um das Kapitalpolster der Banken zusätzlich zu stärken, hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Institute zudem zu einer Dividendensperre angehalten. Wie die Währungshüter mitteilten, sollen die Geldhäuser bis Oktober auf Gewinnausschüttungen und eigene Aktienrückkäufe verzichten. Dadurch sollen rund 30 Milliarden Euro zusätzliches Eigenkapital freigesetzt werden.
Die EZB hatte Banken bereits mit Eigenkapitalerleichterungen unter die Arme gegriffen, damit diese Unternehmen und Haushalte weiterhin mit Krediten versorgen können. So dürfen die Banken beispielsweise ihre antizyklischen Kapitalpuffer abschmelzen und für deren Auffüllung auch Nachranganleihen einsetzen. Unter dem Strich würden die Erleichterungen der EZB zufolge Eigenkapital über 120 Milliarden Euro freisetzen, die jedoch nicht für höhere Dividenden oder Boni-Zahlungen verwendet werden sollen.