Hätte, wäre, wenn: Kaum ein Satz von CEO John Cryan kam bei der Pressekonferenz zum aktuellen Zahlenwerk der Deutschen Bank ohne Relativierungen aus. Diese sind auch nötig, denn ohne sie lasen sich die vorläufigen Geschäftszahlen der Bank für das abgelaufene Geschäftsjahr 2017 wieder einmal ernüchternd.
Unter dem Strich steht das dritte Jahr in Folge ein Verlust. Dieses Mal ist es eine halbe Milliarde Euro, nach 1,4 Milliarden Euro im Jahr 2016. Ohne die negativen Sondereinflüsse der US-Steuerreform hätte die Deutsche Bank im vergangenen Jahr allerdings 900 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet.
Aktienkurs der Deutschen Bank bricht ein
Die Erträge von Deutschlands größter Bank sind gegenüber dem Vorjahr weiter zurückgegangen, um deutliche 19 Prozent auf 26,4 Milliarden Euro. Laut Cryan wäre dies aber nicht der Fall gewesen, wenn das Zinsniveau höher, die Märkte volatiler und das Handelsgeschäft reger gewesen wären.
Die Aktionäre konnte Cryan weder mit den Zahlen noch mit seinen Relativierungen überzeugen: Die Aktie brach am Freitag zwischenzeitlich um fast 7 Prozent ein und beendete die Handelswoche schließlich mit einem Tagesverlust von 5 Prozent bei 14 Euro, dem tiefsten Stand seit Ende Oktober.
Deutsche-Bank-Aktie gibt nach
CIB-Geschäft bricht flächendeckend ein
Vor allem die Corporate und Investmentbank (CIB) unter der Leitung von Marcus Schenck musste im vergangenen Jahr auf der Ertragsseite Federn lassen. Unter dem Strich brachen dort die Erträge gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent auf rund 14,2 Milliarden Euro ein.
Die Einschnitte ziehen sich durch die gesamte Breite der Angebotspalette: Einer Präsentation für Analysten zufolge sind die Erträge im Transaction Banking um 10,8 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro gesunken. Der Handel mit Fixed-Income-Produkten büßte fast 14 Prozent ein und schrumpfte auf 4,4 Milliarden Euro. Die Erträge im Handel mit Eigenkapitalprodukten sanken um ein Fünftel auf rund 2 Milliarden Euro.
Etwas geringer fiel der Ertragsrückgang in den Bereichen Financing (minus 6 Prozent) und Origination & Advisory (minus 2,7 Prozent) aus. Beide Bereiche erwirtschafteten jeweils Erträge von rund 2 Milliarden Euro.
Das schlechte Ergebnis mit Handelsprodukten begründet die Bank vor allem mit einer geringeren Nachfrage der Kunden nach Währungsprodukten, geringeren Erträgen in den Schwellenländern, vor allem in Venezuela, Südafrika und der Türkei, sowie mit niedrigeren Währungs- und Zinserträgen in Asien.
Umbau schwächt Deutsche Bank im Transaction Banking
Die schrumpfenden Erträge im Transaction Banking sind eine Folge des Umbaus der Bank. Das Ziel, die Bank kleiner und weniger komplex zu machen, hatte 2016 dazu geführt, dass sich die Bank beispielsweise im Cash Management von zahlreichen Kunden und Produkten getrennt und aus einigen Ländern zurückgezogen hatte. Dadurch verlor sie Marktanteile. Auch, wo sie geblieben ist, fragen Firmenkunden derzeit weniger Währungsabsicherungsprodukte nach als früher, klagt die Deutsche-Bank-Führung.
CIB-Chef Marcus Schenck räumte vor Journalisten daher wenig überraschend ein, dass 2017 eines der schlechtesten Jahre für seine Division gewesen sei. Für CFOs deutscher und europäischer Unternehmen sei die Deutsche Bank aber weiterhin sehr wichtig, glaubt Schenck. Nach der Finanzkrise hätten sich viele internationale Großbanken schlagartig aus Deutschland zurückgezogen. „Das werden wir nie tun“, stellt Schenck klar. Er möchte die Bank im CIB-Geschäft als leistungsfähige Bank für Unternehmen und institutionelle Investoren positionieren, die in der EU verwurzelt sind.
Cryan und Schenck loben Anleihegeschäft
Die Stärken der Bank sehen Cryan und Schenck im Anleihegeschäft. Für Cryan ist die Deutsche Bank hier „die beste Bank auf der Welt“, und auch Schenck meinte vor den Journalisten, dass dieses Geschäftsfeld 2017 ein „spektakulär gutes Jahr“ gehabt habe.
Außerdem habe sich die Bank in der Beratung bei Fusionen und Übernahmen verbessert. Gemessen an angekündigten Transaktionen sei die Deutsche Bank global vom zehnten auf den sechsten Platz geklettert und habe bei Transaktionen im Wert von rund 400 Milliarden Euro beraten.
Deutsche Bank bezeichnet Boni als „Investition“
Aktionäre, Mitarbeiter und Firmenkunden, die gehofft haben, der Umbau der Deutschen Bank sei vorbei, müssen sich aber noch weiter gedulden. Auch in diesem Jahr rechnet die Deutsche Bank mit den gleichen Restrukturierungskosten wie im zurückliegenden Geschäftsjahr.
Die bereinigten zinsunabhängigen Kosten für 2018 beziffert Cryan mit 23 Milliarden Euro um eine Milliarde höher als ursprünglich versprochen. Das liege vor allem daran, dass einige Geschäfte nicht so schnell verkauft werden konnten wie geplant. Dadurch hätten 900 Millionen Euro an Kosten gespart werden sollen, die nun doch anfallen.
Trotz des dritten Verlustjahrs in Folge will die Bank hohe Boni auszuschütten, die zumindest umstritten sind. Laut John Cryan ist dies als wichtige Investition zu verstehen, um Schlüsselmitarbeiter zu halten. Außerdem würden die 2017 gestiegenen Aufwendungen für die variable Vergütung durch geringere Sachkosten „mehr als ausgeglichen“. Zur Höhe der Dividende, die die Bank im Frühjahr ausschütten will, äußerte sich Cryan nicht.
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