Firmenkundengeschäft macht Commerzbank zum Ziel für Unicredit

Krisenjahre, Neuaufstellung und nun auch noch ein laufender Übernahmeversuch durch die italienische Großbank Unicredit – die Commerzbank und ihre Mitarbeitenden kommen einfach nicht zur Ruhe. Gerade erst hat Bankchef Manfred Knof den kräftezehrenden Umbau, den er seinem Haus mit seinem Antritt 2019 verordnet hatte, für erfolgreich abgeschlossen erklärt, da landet die Commerzbank bereits wieder auf den Titelseiten. Innerhalb weniger Stunden wurde am vergangenen Mittwoch nicht nur bekannt, dass die Commerzbank und ihr CEO Knof mit dessen Vertragsende Ende 2025 getrennte Wege gehen, sondern auch, dass sich Unicredit-Chef Andrea Orcel mit seinem Haus im Handstreich 9 Prozent der Anteile an Deutschlands zweitgrößter Geschäftsbank gesichert hat – Übernahmeversuch nicht ausgeschlossen. So war bereits in der Vergangenheit darüber diskutiert worden, Commerzbank und Unicredits deutsche Tochter Hypovereinsbank (HVB) zu fusionieren und die Börsennotierung in Deutschland beizubehalten. Mehr zum Thema Was die Commerzbank für Mailand attraktiv macht Der überraschende Einstieg der Unicredit bei der Commerzbank hat Spekulationen über eine Übernahme der Frankfurter neu entfacht. Für die Mailänder könnte sich ein Griff nach der Mittelstandsbank lohnen. Mehr lesen Commerzbank wappnet sich für Übernahmeversuch Dazu passen dürfte auch die Tatsache, dass Unicredit die HVB Ende vergangenen Jahres von einer AG zur GmbH heruntergestuft hat und seitdem ebenfalls zahlreiche personelle Veränderungen bis hin zum Topmanagement kommunizierte. Zudem hatte Orcel gegenüber dem Bund bereits mehrfach Interesse an dessen Commerzbank-Anteilen signalisiert. Ein Zug, der Berichten zufolge im Commerzbank-Tower am Frankfurter Kaiserplatz nicht unbedingt mit Freude zur Kenntnis genommen wurde. So wappnet man sich dort bereits für einen möglichen Griff der Italiener nach der Commerzbank. Aus Sicht der Mailänder dürfte eine Fusion mit den Frankfurtern aus mehreren Gründen Sinn ergeben und die Schlagkraft beider Häuser im Geschäft mit heimischen Unternehmen deutlich stärken. Das zeigt auch der Blick auf die Ergebnisse des FINANCE-Banken-Survey 2024. In Sachen Produktexpertise zeichnet sich die Commerzbank durch starke Konstanz bei den Platzierungen aus und wiederholt in sechs Kategorien ihr Vorjahresergebnis, wozu auch drei Siege gehören – auch wenn sie beim Gesamtsieg der Deutschen Bank den Vortritt lassen muss. Empfohlener externer Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Datawrapper, der von der Redaktion empfohlen wird. Sie können den Inhalt mit einem Klick aktivieren. Inhalt entsperren Immer entsperren Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte von Datawrapper angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu erfahren Sie bei Datawrapper und unserer Datenschutzerklärung. Commerzbank und HVB tief im Firmenkundengeschäft verankert So sind sowohl die Commerzbank als auch die Unicredit über ihre deutsche Tochter HVB tief im Geschäft mit den hiesigen Unternehmen verankert und zählen gemeinsam mit dem erneuten Gesamtsieger Deutsche Bank seit Jahren zu den drei führenden Banken im deutschen Firmenkundengeschäft. Auch in diesem Jahr belegt die Commerzbank wieder Platz 2 vor der drittplatzierten HVB. Unter den befragten CFOs und Treasurern nennen sie 54 Prozent als führend, was einem Rückgang von 10 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht. Damit fallen die „Gelben“ im Wettstreit mit der Deutschen Bank etwas zurück, sichern sich aber dennoch souverän den zweiten Platz mit deutlichem Abstand zur drittplatzierten HVB/Unicredit. Diese büßt ebenfalls etwas ein und bringt es auf einen Stimmanteil von 37 Prozent. Würden beide Häuser ihre Kräfte im Fall einer Fusion bündeln, entstünde damit ein extrem schlagkräftiger Player, vor dem sich auch eine Deutsche Bank in Acht nehmen müsste. Alles zum Thema Inside Corporate Banking Schauen Sie mit uns auf das Schachbrett des Corporate Banking:Wie bewerten die wichtigsten Kunden ihre Banken? Welche Institute führen mit ihrer Strategie das Ranking an? Jede Woche neue Insights – von Juli bis Oktober. Mehr lesen Das gilt vor allem im Geschäft mit Unternehmen aus dem Mittelstand. In diesem Kundensegment ist die Commerzbank als Mittelstandsbank schlechthin seit Jahren deutscher Marktführer. 60 Prozent der befragten Finanzentscheider sehen die Frankfurter in diesem Segment als führend. Auf 31 Prozent kommt die HVB/Unicredit, die sich damit im Ranking auf Platz drei hinter der LBBW (34 Prozent) einreiht. Ein Punkt, den auch Unicredit-Chef Orcel im Blick hat. In einem am Montag erschienenen Interview mit dem „Handelsblatt“ betonte Orcel, dass Commerzbank und HVB gemeinsam den Mittelstand besser mit Finanzierungen stärken und international umfassender begleiten könnten als bislang. Während die Commerzbank vor allem hierzulande stark aufgestellt ist, könnten Mittelständler im Ausland stärker vom internationalen Netzwerk der italienischen Großbank profitieren. Etwas Sorgen bereitet das potentielle Zusammengehen aber denjenigen Unternehmen, die sowohl Unicredit als auch die Unicredit-Tochter HVB als wichtige Kreditgeber haben. Sie müssten sich in absehbarer Zeit neue Hausbanken suchen. Fusion würde Kunden Vorteile bieten Die starke Position im Mittelstand zeigt sich beim Blick auf das Engagement der Commerzbank in der klassischen Unternehmensfinanzierung, ein Feld, in dem die Banken vor dem Hintergrund der zahlreichen Krisen der vergangenen Jahre zuletzt deutlich zurückhaltender agierten. Im Kreditgeschäft bleibt wie bereits in den vorherigen Jahren die „Gelbe Bank“ mit 46 Prozent der Stimmen führend und setzt sich damit gegenüber der Deutschen Bank (42 Prozent) durch, die trotz eines großen Zugewinns von 7 Prozentpunkten nicht ganz aufschließen kann. Direkt dahinter folgt die HVB, die sich punktgleich mit 31 Prozent mit der schwäbischen LBBW Rang 3 teilt. Eine fusionierte Bank könnte an dieser Stelle den Marktanteil im Firmenkundengeschäft vergrößern, „indem sie die Commerzbank erheblich stärkt und ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöht, ohne dabei eine dominante Marktposition einzunehmen“, wie Orcel betont. Spannend dürfte dabei allerdings sein, inwieweit sich die Geschäfte der beiden Banken bereits jetzt überschneiden und in welchen Umfang sich durch einen Zusammenschluss noch tatsächliches Neugeschäft generieren ließe. So gehören beide Banken bereits jetzt zu den Kernbanken vieler Finanzentscheider. Rund zwei von drei befragten CFOs und Treasurern (59 Prozent) zählen die Commerzbank zur Liste ihrer Hausbanken, im Fall der HVB sind es mit 56 Prozent nur knapp weniger. Mehr Zustimmung erntet mit 63 Prozent nur die in dieser Kategorie erstplatzierte Deutsche Bank. Empfohlener externer Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Datawrapper, der von der Redaktion empfohlen wird. Sie können den Inhalt mit einem Klick aktivieren. Inhalt entsperren Immer entsperren Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte von Datawrapper angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu erfahren Sie bei Datawrapper und unserer Datenschutzerklärung. Commerzbank stärkt Position in der M&A-Beratung Weiter verbessert hat die Commerzbank ihr Standing aus Sicht ihrer Kunden vor allem in der M&A-Beratung. 10 Prozent der Finanzentscheider zählen sie zu den führenden Häusern in dieser Kategorie. Damit schieben sich die Frankfurter von Platz 9 nach vorne auf Rang 5 – der größte Zugewinn der Bank im Survey. Ein Grund für den gewachsenen Zuspruch dürfte nicht zuletzt die in den vergangenen Jahren gestiegene Zahl an Nachfolge-Deals im Small- und Midcap-Segment sein, in dem die Commerzbank als Mittelstandsbank traditionell stark vertreten ist. Gleiches gilt für das Eigenkapitalgeschäft und die Begleitung bei Börsengängen. Hier positioniert sich die „Gelbe Bank“ auf Rang 5 hinter der Deutschen Bank sowie den US-Großbanken Goldman Sachs, JP Morgan und Morgan Stanley. Profitieren könnten die Kunden der Commerzbank im Falle einer Fusion mit Unicredit im Kapitalmarktgeschäft, wo die Mailänder vor allem außerhalb Deutschlands über ein breites Netzwerk verfügen, während die Stärken der Frankfurter eher im Heimatmarkt liegen. Während die Commerzbank hier mit 10 Prozent der Stimmen auf Platz 6 rangiert, teilen sich HVB/Unicredit und JP Morgan mit je 13 Prozent Platz 4 hinter Deutscher Bank, LBBW und der französischen BNP Paribas. Alles zum Thema FINANCE-Banken-Survey 2024 Produkte, Hausbanken und Servicelevel in unsicheren Zeiten: das große Banken-Ranking von Deutschlands Finanzentscheidern. Mehr lesen Commerzbank und HVB bei Digitalisierung führend Wertvolle Synergien könnten Commerzbank und HVB/Unicredit darüber hinaus in den Bereichen ESG und Digitalisierung heben, wo beide aus Sicht der Firmenkunden zu den Topadressen hierzulande zählen. So sehen jeweils 16 Prozent der Befragten die beiden Geldhäuser in der Beratung bei nachhaltigen Finanzierungen als führend an. Nur der Deutschen Bank trauen CFOs und Treasurer an dieser Stelle noch mehr zu. Genau andersherum sieht es bei der Digitalisierung des Firmenkundengeschäfts aus, wo sich beide mit jeweils 22 Prozent der Stimmen Platz 1 vor der Deutschen Bank (20 Prozent) teilen, die von Rang 1 im Vorjahr auf Platz 3 zurückfällt. Kritisch bei einem Zusammenschluss dürfte allerdings eine mögliche Fusion der IT-Infrastruktur sein. Nicht zuletzt diese sorgte beim Zusammengehen von Deutscher Bank und Postbank für erheblich Ärger, wie auch aus dem aktuellen Banken-Survey hervorgeht. Das Beispiel zeigt zudem, wie schwierig es für Banken vor dem Hintergrund der Mammutaufgabe Digitalisierung ist, zusätzlich noch verschiedene IT-Strukturen zu verschmelzen. Ein mögliches Risiko, das im Falle einer Fusion auch Commerzbank und HVB nicht unterschätzen dürfen. Gelingt dies jedoch, wäre der Vorteil für die Firmenkunden groß: Nicht umsonst fordern diese von ihren Banken seit Jahren mehr Schnittstellenkompetenz und einheitlichere Standards. Empfohlener externer Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Datawrapper, der von der Redaktion empfohlen wird. Sie können den Inhalt mit einem Klick aktivieren. Inhalt entsperren Immer entsperren Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte von Datawrapper angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu erfahren Sie bei Datawrapper und unserer Datenschutzerklärung. Commerzbank muss Knof-Nachfolge regeln Ob es jedoch tatsächlich zur von Unicredit-Chef Orcel erhofften Übernahme der Commerzbank kommt und wie eine fusionierte Bank sich im Firmenkundengeschäft der Zukunft positionieren würde, ist derweil noch nicht ersichtlich. So formiert sich bereits Widerstand gegen die Pläne der Mailänder. Spannend dürfte in den kommenden Monaten zudem die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger für CEO Knof bei der Commerzbank werden und wie diese die Zusammenarbeit im Vorstand der Bank beeinflusst, dem auch Firmenkundenchef Michael Kotzbauer angehört. Dessen Aufgabe in den kommenden Monaten liegt mit Blick auf einen möglichen Übernahmeversuch vor allem darin, eventuelle Ängste und Unsicherheiten auf Kundenseite zu adressieren. So bewerten nach einer Linkedin-Umfrage von FINANCE und der Schwesterpublikation DerTreasurer immerhin 47 Prozent der FINANCE-Teilnehmer und sogar 57 Prozent der Treasurer-Teilnehmer eine mögliche Fusion beider Banken aus Firmenkundensicht negativ. Info Am FINANCE-Banken-Survey 2024 haben 206 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Finanzabteilungen von Unternehmen in Deutschland teilgenommen. Die Befragung fand im Mai statt. Rund ein Drittel der Teilnehmer sind CFOs, 40 Prozent Treasurer und ein Viertel Leiter Finanzen. Die meisten Befragten arbeiten für Großunternehmen: Etwa 70 Prozent kommen aus Firmen mit einem Jahresumsatz ab 250 Millionen Euro. Die detaillierten Ergebnisse des FINANCE-Banken-Survey finden Sie hier. Alle Teile unserer Serie „Inside Corporate Banking“ lesen Sie hier.

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