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Goldman Sachs: „Wollen neue Firmenkunden gewinnen“

dpa picture alliance

Ihr CEO David Solomon erklärte kürzlich bei einer Konferenz in Florida, dass er großes Wachstumspotential bei mittelgroßen Unternehmen mit einem Firmenwert von 500 Millionen bis 3 Milliarden US-Dollar sehe. Kommt jetzt die große Mittelstandsoffensive von Goldman Sachs?

Wir haben gesagt, dass wir unseren Radius erweitern und eine Beziehung zu Unternehmen aufbauen wollen, die wir traditionell nicht auf dem Radar hatten.  Das gilt  auch für Deutschland, auch wenn  diese Zahlen nicht direkt übertragbar sind. Richtig ist aber, dass wir unseren Footprint hierzulande ausbauen wollen. Deshalb bin ich vor knapp einem Jahr mit meinem achtköpfigen Team von London nach Frankfurt gekommen.

War dieser Umzug nicht vielmehr dem Brexit geschuldet? Wenn das Vereinigte Königreich die EU verlässt, können Banken einige Dienstleistungen nicht mehr aus London heraus erbringen – und verlagern deshalb Mitarbeiter und Kapital in andere EU-Staaten.

Der Umzug wird häufig im Kontext des Brexit gesehen, er spiegelt aber vor allem unseren Fokus auf die Regionen wider. Auch in den USA haben wir neben unserem Hauptsitz in New York Büros in Städten wie Seattle, Atlanta oder Dallas auf- und ausgebaut, um näher an die Kunden heranzurücken. Gleiches gilt für Frankfurt und unsere anderen Standorte in Europa: Wir wollen neue Kunden gewinnen, und dabei hilft es, vor Ort zu sein.

Inwiefern?

Früher mussten wir aus London einfliegen und haben maximal zwei Kundentermine am Tag geschafft, heute können wir mehr Meetings wahrnehmen, gerade an den – für den Mittelstand ja oft typischen – weniger zentralen Standorten. Wir haben in den vergangenen 18 Monaten mehr als 150 Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz persönlich getroffen. Einige davon sind jetzt Kunden. Und auch wenn sich nicht mit allen direkt Geschäftsbeziehungen ergeben, zahlt sich die Nähe langfristig aus.

"Wir haben in den vergangenen 18 Monaten mehr als 150 Unternehmen in der DACH-Region persönlich getroffen."

Jens Hofmann, Leiter Financing Group, Goldman Sachs

Goldman will mit Rohstoffabsicherung punkten

Wie viele Firmenkunden hat Goldman Sachs aktuell in Deutschland, und wie viele sollen es in zwei Jahren sein?

Wir veröffentlichen dazu keine Zahlen. Was ich allerdings sagen kann, ist, dass die Anzahl unterschiedlicher Kunden über die letzten Jahre stetig gewachsen ist. Das liegt auch daran, dass wir unser Portfolio an Produkten und Dienstleistungen in den vergangen Jahren immer stärker integriert und ausgeweitet haben. Ich gehe fest davon aus, dass das so weiter geht.

Das deutsche Firmenkundengeschäft ist sehr umkämpft. Zahlreiche Auslandsbanken fahren hierzulande Wachstumsinitiativen – nicht nur europäische Top-Adressen, sondern auch US-Häuser wie JP Morgan buhlen um die Gunst hiesiger Finanzchefs. Wie wollen Sie da punkten?

Wir setzen auf unsere Kernkompetenzen. Dazu zählen natürlich M&A- und IPO-Mandate oder die Finanzierung über den Kapitalmarkt. Wir werfen aber auch unsere Market-Making-Qualitäten in den Bereichen der Zins-, Währungs- und Rohstoffabsicherung in die Waagschale. Insbesondere aus dem Rohstoffhandel haben sich viele Banken zurückgezogen – dabei benötigen Unternehmen etwa aus der Energie- oder der Lebensmittelbranche solche Absicherungslösungen. Hier sehen wir eine gute Chance, ins Geschäft zu kommen.

Anfang des Jahres überraschte Ihr Haus den Markt mit der Ankündigung, ins Cash Management einzusteigen. Das Transaction Banking ist einerseits attraktiv, weil es stabile Erträge abwirft – andererseits wechseln Unternehmen ihre Cash-Management-Bank aber auch sehr selten, weil damit große interne Projekte verbunden sind. Wie wollen Sie da Ihren Fuß in die Tür bekommen?

Wir haben traditionell hervorragende Beziehungen zu den Top-Entscheidungsträgern in den Unternehmen, die wollen wir nutzen, um unseren Kunden mehr Ideen und Lösungen anzubieten – mehr Goldman Sachs, wenn Sie so wollen. Außerdem setzen wir auf die Qualität unserer hausinternen Technologie-Abteilung, die seit Mitte vergangenen Jahres eine Plattform für die Zahlungsabwicklung und Liquiditätssteuerung aufbaut. Wir selbst werden das System testen, und wenn alles nach Plan läuft, bieten wir das Cash Management nächstes Jahr unseren Kunden an.

Goldman Sachs: „Umdenken bei Krediten“

Goldman Sachs gilt als zurückhaltend, wenn es darum geht, Kredite zur Verfügung zu stellen. Die Beteiligung am syndizierten Kredit betrachten viele CFOs jedoch als Voraussetzung für eine Geschäftsbeziehung. Sind Sie bereit, Ihre Bilanz für deutsche Firmen zu öffnen?

Da hat in den vergangenen Jahren ein Umdenken in der Bank stattgefunden und wir haben gezielt die Fähigkeiten und Kapazitäten in diesem Segment ausgebaut: gerade zum Beispiel im Akquisitionsbereich oder bei niedriger gerateten Unternehmen aus dem High-Yield-Segment spielen wir mittlerweile in Kreditfinanzierungen weltweit eine führende Rolle. Hier ist die Kombination aus Beratung und Finanzierung komplexer Transaktionen oft ein echter Wettbewerbsvorteil. Nichtsdestotrotz werden wir nicht im großen Umfang Darlehen vergeben, um damit die Tür zu neuen Geschäftsbeziehungen aufzustoßen. Das ist nicht unser Geschäftsmodell.

… und wäre vermutlich auch der Profitabilität des hiesigen Geschäfts von Goldman Sachs nicht zuträglich.

Richtig. Wir wollen wachsen, aber wir machen das wie in jedem anderen Geschäft mit Bedacht.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de

Info

Nicht nur Goldman Sachs will im deutschen Firmenkundengeschäft wachsen. Auch andere US-Banken hegen hierzulande Wachstumsambitionen. Wie diese aussehen, das erfahren Sie in der aktuellen FINANCE-Printausgabe.