Die HSH Nordbank wirft sich für den anstehenden M&A-Prozess in Schale. Das zeigen die am gestrigen Donnerstag veröffentlichten Zahlen für das Geschäftsjahr 2016. Die Norddeutschen werben vor allem mit dem Vorsteuergewinn ihrer Kernbank. Dieser hat sich gegenüber dem Vorjahr von 204 auf 639 Millionen Euro mehr als verdreifacht, obwohl die Bank noch einmal rund 2 Milliarden Euro auf faule Schiffskredite abschreiben musste.
Da die Wertberichtigung mit den bestehenden Garantien der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein verrechnet wird, steht für die HSH unter dem Strich sogar ein Ertrag aus der Auflösung von Wertberichtigungen in Höhe von 156 Millionen Euro.
Die HSH ruht heute auf drei Säulen: Das Filetstück ist die Kernbank, wo die Geschäftsbereiche Unternehmenskunden, Immobilien, Schifffahrt sowie Treasury & Markets gebündelt werden. Daneben steht die Abbaubank („Bad Bank“) mit den nicht-strategischen und leistungsgestörten Portfolios, was im wesentlichen Altlasten und faule Schiffskredit sind. Die Bad Bank schrieb 2016 rund 300 Millionen Euro Verlust.
Die dritte Säule nennt sich „Sonstige und Konsolidierung“, wo die Bank ihre Restrukturierungsaufwendungen verbucht. Der Verlust lag hier bei 219 Millionen Euro. In der Konzernbetrachtung betrug der Vorsteuergewinn der HSH dadurch 121 Millionen Euro, nach 450 Millionen Euro im Vorjahr.
HSH: besseres Kapitalmarkt- als Firmenkundengeschäft
Die Kernbank konnte sich deshalb so gut entwickeln, da sie in der neuen Struktur frei von Altlasten arbeiten kann. Der wesentliche Ertragstreiber der Kernbank ist der Zinsüberschuss, der 2016 um 28 Prozent von 509 auf 649 Millionen Euro gestiegen ist.
Den größten vorsteuerlichen Gewinnzuwachs verbuchte das Segment Treasury & Markets, das um 54 Prozent auf rund 300 Millionen Euro wuchs. Dort bündelt die HSH den Handel mit Kapitalmarkt- und Anlageprodukten, Syndizierungen und die Betreuung der institutionellen Kunden. Hinzu kommt, dass der Bereich Schifffahrt nach einem Verlust im Vorjahr von 166 Millionen Euro 2016 einen Vorsteuergewinn von 104 Millionen Euro erzielt hat. 90 Prozent der dort verwalteten rund 7 Milliarden Euro schweren Schiffskredite seien „performant“, sprich nicht notleidend.
Die beiden Segmente Immobilien und Unternehmenskunden konnten ihre Vorsteuergewinne dagegen nur leicht von 131 auf 148 Millionen Euro beziehungsweise von 77 auf 89 Millionen Euro anheben. Hinter dem von Patrick Miljes verantworteten Bereich Unternehmenskunden verbirgt sich das klassische Firmenkundengeschäft der HSH mit gehobenen Mittelständlern, die jährlich mehr als 100 Millionen Euro umsetzen. Die Bank konzentriert sich vor allem auf vier Branchen: Energie & Entsorger, Industrie & Dienstleistung, Handel & Ernährung sowie Logistik & Infrastruktur.
Neugeschäft im HSH-Firmenkundengeschäft unter Plan
Ein Blick auf die Entwicklung des Neugeschäfts zeigt, wo die HSH im Firmenkundengeschäft ihre Zukunft sieht: 1,3 des insgesamt 3,8 Milliarden Euro schweren Neugeschäfts im Bereich Unternehmenskunden entfiel 2016 auf die Finanzierung von Windenergie-Projekten in Deutschland und Skandinavien. Die restlichen Branchen kommen auf je rund 800 Millionen Euro Neugeschäft.
Insgesamt entwickelt sich das Neugeschäft bei den Unternehmenskunden damit positiv, allerdings unter den ursprünglichen Erwartungen, die die HSH nach dem im Jahr 2015 angestoßenen Umbau gehegt hat. Firmenkundenchef Miljes strebte bereits für 2016 Neugelder über 4,9 Milliarden Euro an, erreichte 2016 allerdings nur 3,2 Milliarden Euro.
HSH-Kernbank hat Eigenkapitalrentabilität von 19,8 Prozent
Das Blatt, mit dem HSH-Chef Stefan Ermisch und die Eigentümer in den Verkaufspoker mit möglichen Interessenten gehen, könnte schlechter sein. Interessenten gäbe es bereits. Laut Ermisch seien mehr als zehn strategische Investoren sowie Finanzinvestoren aus dem europäischen und nicht-europäischen Raum interessiert. Ab April werden die Bieter ausgesucht, die dann tiefer in die HSH-Bücher blicken dürfen. Die NordLB, als einer der Favoriten für einen Kauf der HSH gehandelt, wird nicht darunter sein: Die Landesbank hat sich am heutigen Freitag offiziell aus dem M&A-Prozess zurückgezogen.
Um die verbliebenen Interessenten wirbt die HSH auch mit einer positiven Entwicklung der aufsichtsrechtlichen Kennzahlen. Die harte Eigenkapitalquote nach vollständiger Umsetzung von Basel III stieg von 11,6 auf 13,4 Prozent an. Die Leverage Ratio liegt bei 7 Prozent und damit über dem branchenweiten Durchschnitt. In der Praxis hat sich hier eine Zielmarke von mindestens 3 Prozent etabliert.
Zudem ist die Eigenkapitalrentabilität der Kernbank von 9,4 auf 19,8 Prozent gestiegen. Diesen Anstieg hat die HSH allerdings zu einem Großteil der Auslagerung nicht-performanter Geschäfte in ihre Bad Bank zu verdanken. In der Gruppe liegt die Eigenkapitalverzinsung nur bei 2,5 Prozent.
Obwohl die Verwaltungskosten der HSH mit 634 Millionen Euro konstant geblieben sind, ist die Cost-Income-Ratio der Norddeutschen im Konzern von 48 auf 65 Prozent angestiegen, da der Konzerngewinn geschrumpft ist. Die HSH muss damit 65 Cent aufwenden, um einen Euro zu verdienen.
HSH-Chef Ermisch: „Privatisierung wird kein Selbstläufer“
CEO Ermisch betonte in einer Pressemitteilung allerdings nochmal, dass die Altlasten aus den Jahren vor 2009 und die komplexe Garantiestruktur der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein eine große Bürde auf dem Weg zum 2018 angestrebten Eigentümerwechsel blieben. Immerhin konnten 2016 faule Kredite im Volumen von 1,6 Milliarden Euro verkauft werden.
Außerdem wurde im Juni 2016 ein Schiffskredit-Portfolio im Nominalwert von 5 Milliarden Euro auf die Bad Bank übertragen. Der Kaufpreis lag bei 2,4 Milliarden. Der entstandene Verlust von 2,6 Milliarden Euro wurde nach Angaben der HSH „im Rahmen der Verlustabrechnung unter der Garantie“ abgerechnet.
Zwar soll die Bank als Ganzes verkauft werden. Für einen Strategen ist jedoch nur die rentable Kernbank interessant. Die HSH als Ganzes würde ein Stratege darum wohl nur zu einem deutlichen Abschlag übernehmen. Spezialisierte Diestressed-Fonds dürften in der Lage sein, mehr Ertrag aus der Bad Bank herauszuholen und entsprechend auch einen höheren Preis zu bieten. Deshalb gilt es am Markt zunehmend als wahrscheinlich, dass am Ende ein Konsortium aus einem strategischen Käufer und einem Distressed-Investor gemeinsam den Zuschlag für die HSH Nordbank erhält und die Käufer die einzelnen Teile der Bank anschließend untereinander aufteilen.
Für 2017, das Jahr der Verkaufsverhandlungen, rechnet die HSH mit weniger Neugeschäft. Trotzdem soll der konzernweite Gesamtertrag „spürbar“ ansteigen, unter anderem dadurch, dass stille Reserven gehoben und Wertpapiere verkauft werden sollen. HSH-Ermisch hat allerdings richtig erkannt, dass die Privatisierung „alles andere als ein Selbstläufer“ wird.
Info
Die HSH setzt im Firmenkundengeschäft auf die Energie-Branche. Wie sich die anderen Banken aufgestellt haben, zeigt die FINANCE-Themenseite zum Firmenkundengeschäft. Wie sich die Banken 2016 im Firmenkundengeschäft entwickelt haben, lesen Sie im neuen FINANCE-Firmenkundenreport, den Sie hier kostenlos herunterladen können.