Die meisten deutschen Banken haben noch kein probates Mittel gefunden, um ihre schrumpfenden Eigenkapitalrenditen wieder zu stärken. Das zeigt eine neue Bankenstudie, in der die Unternehmensberatung Bain & Company die Bilanzen von rund 1.700 deutschen Banken analysiert hat.
„Die Banken befinden sich in der Zwickmühle“, sagte Deutschlandchef Walter Sinn heute vor Journalisten. Sie müssten eine „Metamorphose im laufenden Betrieb“ schaffen. Trotz schwierigen Fahrwassers durch Regulatorik und Niedrigzinsen müssten sie weiter in die Digitalisierung investieren, um künftig wieder rentabler zu wirtschaften.
Laut Bain ist die Eigenkapitalrendite nach Steuern der deutschen Banken 2016 nochmal um 0,5 Prozentpunkte auf 1,8 Prozent gesunken. Die Schere innerhalb der Bankengruppen geht dabei immer weiter auseinander. Mit einer Eigenkapitalrendite von 12,6 Prozent sind die Direktbanken in Deutschland das Maß aller Dinge. Zum Vergleich: 2015 lag ihre Rendite noch bei 7,1 Prozent. ING Diba & Co. profitieren der Studie zufolge von einem hohen Zinsüberschuss und einer starken Kostendisziplin – auch weil sie keine teuren Filialen vorhalten müssen.
Drei Kernergebnisse der Studie
Zweiklassengesellschaft der Genossenschaftsbanken
Mit deutlichem Abstand folgt nach der Fusion mit der WGZ Bank die DZ Bank als Zentralinstitut der Genossenschaftsbanken. Trotz der Übernahme der WGZ Bank im Jahre 2016 erwirtschafteten die Genossen im vergangenen Geschäftsjahr eine Rendite von 7,5 Prozent auf ihr Eigenkapital. Laut der Studie leidet die DZ Bank zwar wie die gesamte Branche unter dem Niedrigzinsumfeld und dem schrumpfenden Zinsüberschuss. Doch laut Bain konnte die DZ Bank diesen Effekt durch Kostensenkungen und Konsolidierung kompensieren.
Bemerkenswert ist jedoch, dass der genossenschaftliche Bankensektor eine Zweiklassengesellschaft bleibt. Die 975 Volks- und Raiffeisenbanken stehen im Schnitt deutlich schlechter da als ihr Zentralinstitut. Ihre Eigenkapitalrendite lag 2016 mit 2,9 Prozent auf dem Vorjahresniveau. Schlechter geht es den 403 Sparkassen. Diese konnten 2015 und 2016 lediglich 1,7 Prozent Eigenkapitalrendite erwirtschaften.
Großbanken und Landesbanken bleiben Sorgenkinder
Bei den Landesbanken gibt es ein Hoch im Süden und ein Tief im Norden.
Während die Direktbanken, Genossenschaftsbanken, Sparkassen und Spezialfinanzierer ihre Eigenkapitalrenditen steigern oder zumindest auf einem niedrigen Niveau stabilisieren konnten, rutschten die Landes- und Großbanken weiter ab. Die Eigenkapitalrendite der Landesbanken sank 2016 im Schnitt von 3,8 auf 2,7 Prozent – dabei hat Bain sogar die stark unter der Schiffskrise leidende NordLB herausgerechnet: „Bei den Landesbanken gibt es ein Hoch im Süden und ein Tief im Norden“, sagte Bain-Spezialist Wilhelm Schmundt.
Insbesondere die norddeutschen Institute leiden noch stark unter faulen Schiffskrediten, deren Risikovorsorge 2016 die Milliardengrenze überschritten habe. Würde man diese Abschreibungen in die Berechnung einfließen lassen, betrüge die Eigenkapitalrendite der Landesbanken 2016 im Schnitt Minus 21,9 Prozent. Die süddeutschen Landesbanken aus Bayern, Baden-Württemberg und Hessen machen laut Bain dagegen Fortschritte.
Großbanken wie die Deutsche Bank und Commerzbank erwirtschafteten 2016 gar nur 1,1 Prozent ihrer Eigenkapitalkosten. 2015 waren es immerhin noch 1,7 Prozent gewesen. Allerdings sehen die Bain-Spezialisten bei den Preis-Buch-Werten der Banken langsam die Talsohle erreicht. Die niedrigen Aktienkurse begünstigten auch den Einstieg von Finanzinvestoren wie zuletzt Cerberus bei der Commerzbank und der Deutscher Bank.
Deutsche Banken polstern Eigenkapital auf
Positiv ist die im Vergleich zu 2015 deutlich stärkere Kapitaldecke der Banken. Der Studie zufolge ist die Eigenkapitalquote im Branchendurchschnitt 2016 im Vergleich zu 2015 um 0,3 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent gestiegen. Damit liegt sie so hoch wie noch nie seit dem Beginn der Langzeitanalysen von Bain, die bis ins Jahr 1970 zurückreichen. „Die Banken sind stabiler und sicherer geworden“, erklärt Walter Sinn, Deutschlandchef von Bain. Allerdings gehe mit gestiegenem Eigenkapital einher, dass es schwieriger werde, höhere Renditen zu erwirtschaften.
Die Banken sind stabiler und sicherer geworden.
In absoluten Zahlen ausgedrückt verfügten die deutschen Banken 2016 über 474 Milliarden Euro Eigenkapital. Die daraus resultierenden Eigenkapitalkosten beziffert die Studie auf 5 Prozent, was einem erforderlichen Jahresüberschuss von 23 Milliarden Euro entspreche. Das Problem: Nur jede zehnte deutsche Bank, konnte diese Eigenkapitalkosten 2016 erwirtschaften. 2015 waren es sogar nur 5 Prozent aller deutschen Geldhäuser. Die kürzlich beschlossenen neuen Eigenkapitalregeln, dürften den Druck auf die Banken zusätzlich verstärken.
Abschreibungen drücken auf die Eigenkapitalrendite
Die Studie zeigt aber auch, dass die schwache Eigenkapitalrentabilität nicht zwangsläufig nur dem operativen Geschäft geschuldet ist. Bain identifiziert durchaus Erfolge auf der Kostenseite und beobachtet stabile Erträge, weshalb das Teilbetriebsergebnis gemessen am Eigenkapital 2016 stabil geblieben ist. Das viel größere Problem stammt der Studie zufolge aus dem gemessen am Eigenkapital „fast doppelt so schlechten negativen Bewertungsergebnis“. Vor allem den Groß- und Landesbanken machten hohe Abschreibungen auf Schiffskredite zu schaffen.
Fortschritte hat der deutsche Bankenmarkt der Studie zufolge bei der notwendigen Konsolidierung gemacht. Seit dem Jahr 2000 seien 38 Prozent der Institute vom Markt verschwunden. Allein 2016 seien es 68 Stück gewesen.
Cost-Income-Ratio bleibt Achillesverse deutscher Banken
Ein Sorgenkind bleibt das Kosten-Ertrags-Verhältnis. Die sogenannte Cost-Income-Ratio war 2016 mit 69 Prozent weiterhin sehr hoch und schlechter als in vielen anderen europäischen Ländern. Zwar hätten deutsche Banken 2016 jede Woche im Schnitt 36 Filialen geschlossen und 440 Mitarbeiter entlassen, der kumulierte Verwaltungsaufwand bliebe jedoch gleich.
Banken werden immer mehr zu Technologieanbietern.
Das liegt daran, dass sich die Kostenstrukturen verändern. Machten Personalkosten in den 1970er-Jahren noch zwei Drittel der Aufwendungen aus, war es 2016 nur noch die Hälfte. Dafür stecken Banken mehr Geld in die Aufrüstung der IT. „Banken werden immer mehr zu Technologieanbietern“, glaubt Walter Sinn. Blockchain, Künstliche Intelligenz &. Co dürften diesen Trend in den kommenden Jahren noch beflügeln.
Die Häuser sind mit ihren Kostenprogrammen aber noch lange nicht am Ende: „Für die Banken gibt es keine Alternative zu weiteren Kostensenkungen und Konsolidierungen“, ist sich der Bain-Partner Wilhelm Schmundt sicher.
Für Firmenkunden hält die Studie schlechte Ergebnisse bereit: Da die Banken auch ihr Provisionsergebnis verbessern müssen, rechnet Bain mit höheren Gebühren für Services wie Cash Management und Kontoführung. Dies sei wichtig, um unabhängiger vom dominanten Zinsergebnis zu werden.
Für die Banken gibt es keine Alternative zu weiteren Kostensenkungen und Konsolidierungen.
Bain: Banken können noch immer Milliarden sparen
Bain hat dazu weitere Erfolgsfaktoren ausgemacht, um diesen Wandel zu vollziehen. Zunächst müssen zahlreiche Prozesse digitalisiert werden. Der Studie zufolge können deutsche Banken trotz der bisherigen Bemühungen dadurch noch immer Milliarden einsparen. Banken müssen sich außerdem als Technologieanbieter verstehen, um Daten („das Gold des 21. Jahrhunderts“) heben zu können.
Bain rät den Geldhäusern außerdem agil in kleinen, selbstorganisierten Teams zu arbeiten. Während der Transformationsphase sollten die Geldhäuser zwei parallele Geschäftsmodelle haben: das alte Kerngeschäft und eines oder mehrere Zukunftsmodelle. Das praktizieren die Großbanken wie Commerzbank und Deutsche Bank bereits in sogenannten Digitalfabriken.