Eine Aufgabe steht für die Finanzverantwortlichen in Unternehmen derzeit ganz oben auf der Agenda: Die Liquidität sicherzustellen. Das unterstreicht die zentrale Rolle der Treasury-Abteilung in wirtschaftlichen Krisenzeiten. So lautete der Tenor in der heutigen Podiumsdiskussion auf der 20. Structured FINANCE in Stuttgart, auf der prominente CFOs, Treasurer und Finanzdienstleister darüber diskutierten, wie sich die Beziehungen zwischen Banken, CFOs und Treasurern angesichts aktueller Herausforderungen verändern.
CFO Alex Wachholz vom mittelständischen Spezialisten für Verbindungstechnik, Elektronik und Automation Phoenix Contact etwa sprach von einer „Renaissance“, die das Treasury aktuell durchlebt – denn was dort im Maschinenraum passiert, werde immer wichtiger.
Schließlich jagen die Nachrichten über Restrukturierungen und Insolvenzen in der Automobil- und der Zulieferindustrie einander derzeit. Ein Banker brachte die aktuelle wirtschaftliche Krise so auf den Punkt: „Es trifft alle energieintensiven Unternehmen. Die werden alle Schwierigkeiten bekommen.“ Deutschland habe jedoch eine vergleichsweise niedrige Staatsverschuldung, die Regierung könne also Maßnahmen ergreifen, um die Konjunktur anzukurbeln – im Gegensatz zu anderen Ländern in der Eurozone.
Mehr Transparenz zwischen Banken und CFOs gefordert
Diese angespannte wirtschaftliche Lage bildete den Hintergrund für die Podiumsdiskussion „Bankbeziehungen auf dem Prüfstand“. Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer, dass in den Beziehungen zwischen Unternehmen und Banken mehr Transparenz gefordert ist – von beiden Seiten.
Unternehmen müssten die Lage in ihren Geschäftsbereichen klar darstellen, die ja nicht immer einheitlich sei. Das hob Wachholz von Phoenix Contact hervor. Denn in einem Unternehmen könnten durchaus Wachstums-, Konsolidierungs-, aber auch Restrukturierungsszenarien parallel auftreten. Deshalb müssten passende Lösungen auf der Basis guter Kommunikation mit Kernbanken gemeinsam erarbeitet werden.
Auch Robert Schindler, Bereichsvorstand Firmenkunden Mittelstandsbank Süd bei der Commerzbank, riet Unternehmen zu mehreren Kernbankbeziehungen: „Ein Korrektiv ist bereichernd und anspornend, gerade wenn die Zeiten rumpeliger werden wie im Moment.“
Für die Banken gilt es, Transparenz bei den Kriterien für die Kreditvergabe und bei den Kosten an den Tag zu legen. Markus Nussbaumer, Bereichsleiter und zuständig für das Corporates-Geschäft bei der Bayern LB, definierte das Selbstverständnis im Firmenkundengeschäft klar als Dienstleister und Partner der Kunden: „Das muss das Verständnis sein, und das leben auch unsere Relationship Manager in der Kundenbeziehung. Wir wollen proaktiv Ideen und Ansätze einbringen und diese mit unseren Kunden gemeinsam umsetzen.“
Seine Bank sieht er mit dem neuen Sektoransatz, den sie im Januar um den Bereich „Life Sciences“ erweitert, gut gerüstet für die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen. Denn das tiefe Verständnis der Geschäftsmodelle unserer Kunden, über die Wertschöpfungsketten in einer Branche und dem Know-How und Kundennähe unserer Firmenkundenspezialisten ergibt sich ein rundes Bild und erlaube schnelle Entscheidungen. Das sei gerade im Moment wichtig.
Noch Luft nach oben bei Digitalisierung
Lars Mosdorf, CFO beim börsennotierten österreichischen Funkturmbetreiber Eurotelesites, bestätigte zwar, dass sich die Kommunikation mit den Instituten verbessert habe. Allerdings seien manche Produkte verschachtelt und daher schwierig. Das führe wiederum zu einem höheren Bedarf, sich abzustimmen.
Für die Zukunft wünschen sich die Panellisten, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Banken und Unternehmen stärker standardisiert. Darüber hinaus erwarten diese weitere Fortschritte in der Digitalisierung, um Unternehmen flexibler und effizienter im Datenaustausch mit Banken zu machen. Die Bankenunabhängigkeit etwa im Zahlungsverkehr wird auch in viele andere Bereiche übertragen werden, erwartet Martin Bellin, CEO der Bellin Holding.
Es ist also noch Luft nach oben, etwa in der Nachhaltigkeitsberichterstattung, bei der künstliche Intelligenz helfen könne, die Datenflut zu kanalisieren, hob Kai Eberhard, Geschäftsführer der DAL Deutsche Anlagen-Leasing, hervor. Bei größeren Finanzierungen dürften die Entscheidungen dagegen weiterhin im persönlichen Austausch mit dem Kunden zur Schaffung von Transparenz, Verbindlichkeit und Vertrauen fallen.
Raphael Arnold ist Redakteur bei FINANCE. Er studierte in Gießen und Alexandria (Ägypten) Geschichte, Geografie und Arabisch. Schon vor und während des Studiums schrieb er für verschiedene Tageszeitungen. Bei den Nürnberger Nachrichten absolvierte er ein Volontariat und arbeitete im Anschluss in deren Wirtschaftsredaktion. Danach war er über 13 Jahre für den US-Investment News Service OTR Global als Researcher und Projektmanager tätig. Beim Juve Verlag verantwortete er bis Oktober 2024 knapp acht Jahre lang die Österreich-Publikationen.
