Apas ermittelt gegen BDO wegen Patrizia SE

Die Abschlussprüferaufsichtsstelle (Apas) hat berufsrechtliche Verfahren gegen Wirtschaftsprüfer von BDO eingeleitet. Anlass für die Verfahren sind die Abschlussprüfungen für die Geschäftsjahre 2022 und 2023 bei der Immobilieninvestmentgesellschaft Patrizia SE. Das teilte die Apas auf Anfrage von FINANCE mit. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hatte vorige Woche eine Fehlerbekanntmachung für den Konzernabschluss des Jahres 2023 der Kapitalverwaltungsgesellschaft veröffentlicht. Die Bafin wirft Patrizia vor, unter anderem den Geschäfts- und Firmenwert (Goodwill) um 112,4 Millionen Euro, die Kapitalrücklage um 13,2 Millionen Euro und die Verbindlichkeiten um 77,2 Millionen Euro zu hoch ausgewiesen zu haben. Außerdem seien laut Bafin in der Gewinn- und Verlustrechnung des Konzerns für das Geschäftsjahr 2023 die „Sonstigen betrieblichen Erträge“ um 7,4 Millionen Euro und die Finanzaufwendungen um 400.000 Euro zu hoch sowie die Personalaufwendungen um 4,6 Millionen Euro zu niedrig ausgewiesen. Übernahme von Whitehelm Capital falsch bilanziert Patrizia ist ein Immobilien-Investmentmanager mit Sitz in Deutschland, der weltweite Immobilien- und Infrastrukturinvestitionen für institutionelle und private Anleger, sowohl direkt als auch indirekt, verwaltet. Alles zum Thema Next Seven Der Wirtschaftsprüfermarkt ist im Umbruch – das beeinflusst auch die „Next Seven“, das Verfolgerfeld der „Big Four“ KPMG, PwC, Deloitte und EY. Alles zu Strategie, Personalien oder Mandatswechsel bei RSM Ebner Stolz, BDO, Rödl & Partner, Forvis Mazars, Baker Tilly, Grant Thornton oder DHPG können Sie hier nachlesen. Mehr lesen Gegenstand der Fehler ist laut Bafin die 2022 vorgenommene Übernahme von Whitehelm Capital. Patrizia hatte mit den veräußernden Anteilseignern vereinbart, dass diese für das erworbene Unternehmen tätig bleiben. In der Bilanz habe die Investmentgesellschaft den Wert der gekauften Unternehmensgruppe und die Kosten für die Weiterbeschäftigung des Personals laut Bafin unzulässig verbunden. Beides hätte getrennt voneinander erfasst werden müssen. Patrizia hat alle festgestellten Fehler behoben und korrigiert. Gegenüber FINANCE teilte das Unternehmen mit, Patrizia habe die von der Bafin geforderten Anpassungen am Konzernabschluss 2023 bereits vollständig vorgenommen. „Über die Auswirkungen der Fehlerkorrektur hat das Unternehmen die Öffentlichkeit bereits im Februar 2025 proaktiv informiert und die angepassten Vorjahreszahlen mit dem Geschäftsbericht 2024 (Kapitel 1.3) im April 2025 vorgelegt.“ BDO hat die Prüfung von Deloitte übernommen BDO prüft die Konzern- und Jahresabschlüsse von Patrizia seit dem Geschäftsjahr 2022. Im Jahr 2023 übernahmen zwei andere Wirtschaftsprüfer, die kurz zuvor von EY zur Next-Seven-Gesellschaft gekommen waren, die Abschlussprüfung. Sie prüften auch den Konzern- und Jahresabschluss für das Jahr 2024. Zuvor hatte Deloitte viele Jahre lang die Bilanzen der Augsburger geprüft. Mehr zum Thema Grant Thornton USA auf Konsolidierungskurs – auch in Deutschland? Nach dem PE-Einstieg vereint Grant Thornton USA immer mehr Landesgesellschaften auf seiner multinationalen Plattform. Was bedeutet das für die deutsche Netzwerkgesellschaft? Mehr lesen Im Gespräch mit FINANCE zeigt sich die Bilanzexpertin Carola Rinker verwundert über den Fehler beim Goodwill. Dieser war jeweils einer der Prüfungsschwerpunkte seitdem BDO die Abschlussprüfung bei Patrizia übernommen hat. Rinker vermutet deshalb, dass Abschlussprüfer und Bafin unterschiedliche Auffassungen zur Bilanzierung hatten. „Ich finde es bedauerlich, dass die Bafin das nicht näher erörtert. So fühlt ein Anleger sich etwas im Regen stehen gelassen: Hat der Prüfer nicht genau hingeschaut oder ist die Bafin anderer Auffassung bei einer Beurteilung als der Abschlussprüfer? Diese Info fände ich wichtig. Bei Ersterem würde ich als Anleger den Prüfer kritisieren, bei Letzterem nicht. Denn unterschiedliche Auffassungen bei Bewertungen kann es immer geben“, sagt Rinker. Unterschiedliche Auffassungen zu IFRS-Standards? Diese Interpretation lässt auch die Ad-hoc-Mitteilung vermuten, die Patrizia am 21. Februar veröffentlicht hatte. Darin heißt es: „Nach Neueinschätzung des IFRS 3 B55 (a) – (h) werden im Rahmen der Erstkonsolidierung im Jahr 2022 gebildete bilanzielle Verbindlichkeiten für ausstehende earn-out Kaufpreisbestandteile nunmehr als Personalaufwand angesehen.“ Und weiter: „Entsprechend wird dieser Personalaufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst, wodurch sich der Personalaufwand in den Jahren 2022 bis 2024 in einer Bandbreite von einem niedrigen zweistelligen bis zu einem niedrigen einstelligen Millionen Euro Betrag erhöht und das Ebitda entsprechend belastet.“ Alles zum Thema Wirtschaftsprüfer Wirtschaftsprüfer haben einen verantwortungsvollen Job, der eine lange Ausbildung erfordert und gut bezahlt ist. Skandale wie Wirecard rütteln die Branche aber derzeit durch. Alles über den Beruf, Herausforderungen und Trends gibt es auf dieser Themenseite. Mehr lesen Auswirkungen auf das operative Geschäft und die Liquidität des Unternehmens hätten sich durch die veränderte bilanzielle Behandlung „ausdrücklich nicht“ ergeben, teilte Patrizia damals mit. Die bilanziellen Kennzahlen seien nur unwesentlich verändert. Bafin darf sich nicht äußern Die Bafin darf sich nicht zu Details äußern, die über den Begleittext zur Fehlerbekanntmachung hinausgehen. Die Frage, ob es unterschiedliche Auffassungen zur Bilanzierung zwischen der Finanzaufsicht sowie Unternehmen und Abschlussprüfer gegeben habe, ließ sie deshalb unbeantwortet. Im Begleittext der Fehlerbekanntmachung ist von einem Fehler die Rede. BDO darf nach § 203 StGB keine mandats- und auftragsbezogenen Informationen weitergeben und wollte sich deshalb nicht gegenüber FINANCE äußern. Ob die Fehlerbekanntmachung Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit BDO haben wird, wollte Patrizia gegenüber FINANCE nicht kommentieren. Die Hauptversammlung der Patrizia SE war am 4. Juni der Empfehlung des Prüfungsausschusses gefolgt und hat BDO mit der Prüfung für das Geschäftsjahr 2025 sowie für etwaige Prüfungen unterjähriger Finanzinformationen bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung im Geschäftsjahr 2026 bestellt.

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