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EY rettet Siemens-Mandat

EY darf weiterhin Abschlussprüfer das Dax-Konzerns Siemens bleiben – aber nur noch für höchstens zehn Jahre.
Siemens

Im Kampf um die prominentesten Prüfmandate kann EY (Ernst & Young) einen wichtigen Erfolg verbuchen: Das WP-Haus darf aller Voraussicht nach weiterhin Abschlussprüfer des Dax-Riesen Siemens bleiben. Der Aufsichtsrat hat beschlossen, der Hauptversammlung am 30. Januar nächsten Jahres EY als Abschlussprüfer ab dem Geschäftsjahr 2019 vorzuschlagen. Die Aktionäre müssen dem Vorschlag zwar noch zustimmen, was in aller Regel aber nur Formsache ist.

Siemens hatte das Mandat im Februar ausgeschrieben. Der Grund dafür war die verpflichtende Abschlussprüferrotation, laut der kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Banken und  Versicherungen ihre Prüfmandate nach spätestens zehn Jahren neu ausschreiben müssen.

Während Banken und Versicherungen nach diesen zehn Jahren zwingend einen Prüferwechsel vornehmen müssen, dürfen andere kapitalmarktorientierte Unternehmen ihren Abschlussprüfer erneut für höchstens zehn Jahre wählen – sofern er sich in einem fairen Ausschreibungsverfahren auch tatsächlich als beste Option herauskristallisiert.

EY hat Siemens das attraktivste Angebot vorgelegt

EY durfte sich noch einmal für das Prüfmandat bewerben, da die Gesellschaft Siemens erst seit 2009 prüft. Der vorherige Prüfer KPMG war im Zuge des Siemens-Korruptionsskandals unter Beschuss geraten. Siemens hatte sich damals ganz bewusst für einen Prüferwechsel entschieden, um „ein Signal im Sinne einer bestmöglichen Corporate Governance zu setzen“, begründete das Unternehmen damals seine Entscheidung.

Dass er nun mit EY weiterarbeiten möchte, begründet der Dax-Konzern damit, dass der Wirtschaftsprüfer das attraktivste Angebot vorgelegt hätte. Gegen wen sich EY im Auswahlverfahren durchsetzen musste, ist nicht offiziell bekannt, in Frage kommen dafür aber nur die Big-Four-Konkurrenten Deloitte, PwC und KPMG.

Dass Siemens nun weiterhin EY als Prüfer beschäftigen will, ist nicht überraschend – viele Unternehmen gehen diesen Weg, da der Prüfer den Konzern bereits gut kennt und eine Einarbeitung meist teuer und aufwendig ist. Es ist allerdings auch schon vorgekommen, dass sich ein Unternehmen doch gegen die Wiederbestellung des bestehenden Prüfers entschieden hat. So war es beispielsweise bei dem Chemiekonzern Covestro, der sich nach einer Ausschreibung für KPMG entschieden hat, obwohl er den bisherigen Prüfer PwC erneut hätte mandatieren dürfen.

Darf EY auch die Siemens-Töchter behalten?

Ganz aufatmen kann EY aber noch nicht, denn Siemens hatte im Februar nicht nur das Mandat für den Mutterkonzern ausgeschrieben, sondern – wie durch die EU-Verordnung zur Abschlussprüfung vorgeschrieben – auch für andere EU-Töchter. Dazu gehören die Siemens Bank und die Risicom Rückversicherung in Deutschland, die schwedische Siemens Financial Services, die niederländische Siemens Financieringsmaatschappij und die spanische Siemens Gamesa Renewable Energy.

Im April hat außerdem der TecDax-Konzern Siemens Healthineers eine Ausschreibung veröffentlicht. All diese Auswahlverfahren dauern noch an, sagte ein Siemens-Sprecher auf FINANCE-Anfrage. Da die Töchter von der Mutter unabhängige Auswahlverfahren durchführen, ist also unklar, ob EY auch die vielfältigen Siemens-Töchter weiterhin prüfen darf.

EY prüft nur vier Dax-Konzerne

Für EY ist die Bewahrung des Mandats beim Siemens-Mutterkonzern trotzdem ein wichtiger Erfolg. EY prüft aktuell mit Siemens, Heidelberg Cement, Beiersdorf und der Commerzbank nur vier Unternehmen im Dax, die Konkurrenten PwC und KPMG bringen es auf wesentlich mehr. Das Mandat bei Heidelberg Cement wird EY zudem bald abgeben müssen, der Zementhersteller sucht für die Zeit ab 2020 nach einem neuen Prüfer.

Während Heidelberg Cement sowie Beiersdorf gemessen an der Höhe des Honorars kleinere Mandate sind (beide zahlten EY zuletzt Honorare im niedrigen bis mittleren einstelligen Millionenbereich), sind Siemens und die Commerzbank wesentlich attraktiver. So hat Siemens EY 2017 ein Honorar von rund 57 Millionen Euro gezahlt, eines der höchsten im Dax. Dieses Honorar berücksichtigte allerdings auch die Prüfung von EU-Tochterunternehmen. Sollte EY diese Mandate verlieren, dürfte die Summe sinken.

Die Commerzbank, die EY erst ab diesem Geschäftsjahr prüfen wird, hat ihrem bisherigen Prüfer PwC zuletzt 32 Millionen Euro gezahlt. Ob auch der neue Prüfer EY eine ähnlich hohe Summe erhalten wird, muss sich noch zeigen. Sollte die Commerzbank außerdem tatsächlich im Herbst in den MDax absteigen, hätte EY wieder ein Dax-Mandat weniger.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Info

Wer hat die höchsten Umsätze, wer schnappt sich die lukrativsten Mandate? Lesen Sie alles zu den neusten Entwicklungen der WP-Branche auf der Themenseite Big Four.

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.