Die Private-Equity-Branche hat zunehmend Probleme, geeigneten Nachwuchs zu finden. Im Wettbewerb um die besten jungen Mitarbeiter schrauben die Beteiligungsgesellschaften Gehälter und Boni immer weiter in die Höhe.
„Die Einstiegsgehälter im Bereich Private Equity sind in den letzten 12 Monaten im Euroraum signifikant gestiegen“, sagt Rupert Bell, der das Deutschlandgeschäft der auf die Private-Equity-Branche spezialisierten Personalberatung PER leitet. Systematisch haben Bell und seine Kollegen die Bezahlung von Investmentmanagern zuletzt im vergangenen Herbst untersucht, seitdem sind die Summen laut Bell weiter gewachsen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung lag das durchschnittliche jährliche Grundgehalt eines Associates in einem Private-Equity-Haus – also eines Investmentmanagers mit zwei bis fünf Jahren Berufserfahrung – bei 88.000 Euro, der Bonus betrug 65.000 Euro.
Ein Senior Associate mit rund fünf bis sieben Jahren Berufserfahrung hat 110.000 Euro Gehalt plus 87.000 Euro Bonus bekommen, ein Director oder Junior Partner 212.000 Euro Gehalt plus 180.000 Euro Bonus. Allerdings seien die Unterschiede zwischen den Gehältern und Boni von Firma zu Firma hoch, sagt Bell. Zu Gehalt und Bonus kommt der so genannte Carried Interest – die Beteiligung der Investmentmanager an der Rendite des verwalteten Fonds, die im Erfolgsfall oft den größten Anteil der Bezahlung ausmacht.
Private Equity hat ein Nachwuchsproblem
In Deutschland beschäftigt die Private-Equity-Branche geschätzt 1.500 bis 2.000 Investmentmanager. In der Vergangenheit haben Finanzinvestoren den Nachwuchs in allererster Linie von Investmentbanken rekrutiert. Mindestens ein Jahr lang mussten die potentiellen Investmentmanager dort das grundlegende Handwerkszeug rund um den M&A-Prozess gelernt haben. Mittlerweile hat sich das geändert: Auf der Suche nach Talenten stellt eine steigende Anzahl von Private-Equity-Firmen auch direkt Uni-Absolventen ein und bildet diese selbst weiter.
Diese Vergrößerung der Grundgesamtheit stoppt den Gehaltsauftrieb aber nicht. Der Grund: Die Investmentteams wachsen, weil die Finanzinvestoren immer mehr Geld von institutionellen Investoren in immer größeren Fonds einsammeln. Dadurch steigt die Anzahl der Investments – und dafür braucht es mehr Köpfe. Mit anderen Worten: Die Finanzinvestoren müssen immer härter um junge Investmentmanager kämpfen.
Die erhöhte Nachfrage trifft auf eine leicht sinkende Grundgesamtheit an geeigneten Kandidaten. „Die Uni-Absolventen von heute haben andere Prioritäten als früher“, sagt Bell. „Immer mehr von ihnen fragen sich, ob sie wirklich zehn Jahre lang 70 bis 80 Stunden die Woche arbeiten wollen, bis sie an den Carry kommen.“
Manche Finanzinvestoren locken mit 60-Stunden-Woche
Neben dem Versuch, durch eine höhere Bezahlung attraktiver zu werden, drehen manche PE-Investoren darum schon an einer weiteren Stellschraube: den weichen Faktoren. „Viele Finanzinvestoren machen sich Gedanken, was sie noch tun können, um in den Augen der Kandidaten attraktiver zu werden.“ So würden manche Häuser darauf achten, den jungen Mitarbeitern trotz ihrer fehlenden Erfahrung mehr Kontakt zu Unternehmen oder institutionellen Investoren zu erlauben, statt sie nur über Excel-Sheets brüten zu lassen. Auch das Thema Weiterbildung spiele eine immer größere Rolle.
„Und selbst das Thema Work-Life-Balance und Urlaub nutzen manche Finanzinvestoren für sich als Attraktivitätsfaktor. Das ist ein Riesenunterschied zu vor zehn Jahren, als klar war, dass man sich für eine Karriere in Private Equity aufopfern muss“, sagt Bell. Wenn jetzt PE-Häuser mit dem Thema Work-Life-Balance für sich werben, müsse man das aber relativ zum Industriestandard sehen, fügt der Headhunter hinzu. In einem Feld, in dem oft bis nach Mitternacht gearbeitet wird, können sich schon Firmen hervortun, die ihre Associates mit 60-Stunden-Wochen davonkommen lassen.
Info
Nachwuchs ist nicht der einzige Engpass der Finanzinvestoren. Auch moderat bepreiste Firmen sind eine Seltenheit. Lesen Sie alles über die Branche auf der Themenseite Private Equity.