Paukenschlag bei Gigaset: Die Vorstandsmitglieder Kai Dorn (CFO) und Charles Fränkl (CEO) sind freigestellt worden. Sie werden durch Hans-Henning Doerr (CFO) und Klaus Weßing als neuem Firmenchef ersetzt. Das hat der Aufsichtsrat von Gigaset entschieden. Gründe für die Abberufung nannte Gigaset nicht.
Der neue Finanzchef Hans-Henning Doerr begleitet zuletzt als CFO des Start-up-Investors Triangle Venture Capital neu gegründete Unternehmen bei ihrer Strategieausrichtung und Markteinführung. Der neue CEO Klaus Weßing kommt FINANCE-Recherchen zufolge aus dem eigenen Haus und leitete zuletzt eine Tochtergesellschaft von Gigaset und die konzerneigene Fertigung am Standort Bocholt.
Kai Dorn war weniger als ein Jahr lang CFO von Gigaset
Die persönlichen Hintergründe der beiden Managerablösungen sind ganz unterschiedlich. Für Dorn war es ein kurzes Intermezzo, er wurde erst im Januar dieses Jahres zum Finanzchef bestellt, sein Vorgänger war Alexander Blum. Tiefe Spuren bei Gigaset dürfte Dorn nicht hinterlassen haben. Völlig anders ist die Sachlage bei Charles Fränkl. Er war das Gesicht von Gigaset und verantwortete nicht nur die tiefen Einschnitte in die Kostenbasis, sondern trieb auch die Vision voran, Gigaset ein anderes Kerngeschäft zu geben. Fränkls Vertrag lief ursprünglich noch bis Ende März 2017.
Der Grund für die Abberufungen könnte die angestrebte Neuausrichtung der ehemaligen Siemens-Tochter sein. Da das Geschäft mit Schnurlostelefonen (DECT) nicht mehr profitabel ist, plante Fränkl eine Umorientierung auf gewinnbringendere Geschäftsbereiche: Bereits 2012 schlug der Vorstand in seinem Entwurf „Strategie 2015“ eine stärkere Konzentration auf Wachstumsbereiche wie zum Beispiel Smart Home und moderne Geschäftstelefonie-Lösungen vor. Zudem stieg 2013 der chinesische Multimillionär Pan Sutong als Anteilseigner ins Unternehmen ein, dessen erklärtes Ziel das Erschließen des Smartphone-Geschäfts ist.
Charles Fränkl hat Gigaset tiefe Personaleinschnitte verordnet
Dass allein die stärkere Fokussierung auf die eben genannten Wachstumsbereich nicht genügt, belegen die Umsatzzahlen von Gigaset: Während sich der Konzernumsatz 2012 noch auf rund 420 Millionen Euro belief, waren es 2013 nur noch 371 Millionen. 2014 ging es weiter hinab auf nur noch 326 Millionen Euro, ein Minus von 12 Prozent. Auch der Aktienkurs des kriselnden Telefonherstellers spricht für sich: In den vergangen fünf Jahren sank das Wertpapier um 80 Prozent. Der Führungswechsel kostet Gigaset weitere 5 Prozent seines Börsenwerts.
Und das Unternehmen verliert viel Geld, ohne Sondereffekte aus den Bereichen Finanzierung und M&A ist Gigaset defizitär. Erst kürzlich kündigte der Konzern tiefe Einschnitte in die Personaldecke an: 550 der weltweit 1.250 Mitarbeiter sollen schrittweise bis Ende 2018 entlassen werden, 300 davon alleine in Deutschland. Nur mit dem Personalabbau in Verbindung mit den neuen Geschäftsbereichen könne der marktbedingte Umsatzrückgang kompensiert werden, erklärte Ex-CEO Fränkl.
Gleichzeitig fädelte Fränkl aber auch einen großen Werbevertrag mit dem Fußballklub Bayern München ein. Die damit verbundenen Kosten dürften erheblich sein. Angesichts der zahlreichen Entlassungen und hohen Verluste wurde dieser Schachzug innerhalb und außerhalb des Unternehmens nicht nur positiv gesehen.
Adrian Pehl, Gigaset-Analyst bei der Equinet Bank, zeigte sich von dem Führungswechsel „überrascht“. Pehl hofft, dass „Gigaset an den geplanten Kostensenkungen festhalten wird“. Begründung: „Signifikant geringere Kosten sind überlebenskritisch für Gigaset“.