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Oetker-CFO Ernst F. Schröder: Der Lotse geht von Bord

Oetker-Manager von links: Unternehmenschef Richard Oetker, der scheidende CFO Ernst F. Schröder und sein Nachfolger Albert Christmann.
Oetker

Er stand für eine Generation von Finanzvorständen, die langsam ausstirbt. Ein Typus CFO, der nach außen kaum in Erscheinung tritt und nach innen höchste Wirkung entfaltet. Eine Generation von Finanzmanagern höchster Loyalität, wie verschwiegene Familiendynastien wie die Oetkers sie lieben und deshalb mit einer gehörigen Portion Einfluss ausstatteten. Finanzchef Ernst F. Schröder war die graue Eminenz am seit einigen Jahren schmuck herausgearbeiteten Firmenstammsitz in der Bielefelder Innenstadt, gleichermaßen gefürchtet und geachtet im Familienunternehmen, persönlich haftender Gesellschafter  der Dr. August Oetker KG, der Holding des Oetker-Konzerns, ohne freilich eigene Unternehmensanteile zu besitzen.

CFO Schröder: „Schreiben Sie nicht, Oetker sitzt auf Geld“

Schröder stand auch für den Typus des vorsichtigen Kaufmanns an der Spitze des Finanzressorts. „Sicherheit und Unabhängigkeit lassen wir uns manchmal auch etwas kosten“, sagte er etwa 2010 mit Blick auf das milliardenstarke Liquiditätspolster der Gruppe und die konservative Anlagestrategie. Freiheit und Unabhängigkeit kommen in Bielefeld seit jeher vor der Optimierung der Kapitalrentabilität. „Schreiben Sie nicht, Oetker sitzt auf Geld“, beschied Schröder die versammelte Presse etwa kurz nach der Finanzkrise, auch wenn gar keine Akquisitionen anstanden.

Ansonsten kommunizierte Schröder so gut wie gar nicht mit der Öffentlichkeit.  Er blieb der Mann im zweiten Glied, der einmal pro Jahr auf der Bilanzpressekonferenz ins Rampenlicht trat und selbst da mit einem Minimum an Aufwand auskam. Auch dies ist ungewöhnlich für jüngere CFOs, die die Rolle des IR-Kommunikators mit abdecken und ihren Erfolg gern daran festmachen, wie hoch sie die Eigenkapitalrentabilität treiben – manchmal auch bewusst zu Lasten der Sicherheitspolster in der Konzernbilanz.

Hohe Innenfinanzierungskraft, diskrete Kommunikation

Nicht so bei Oetker: „Ertragszahlen legen wir nur den Aufsichtsbehörden vor“, werden allzu neugierig fragende Journalisten beschieden. Das war 2004. Angaben zur Profitabilität bewegten sich im Zeitraffer der Geschäftsjahre  üblicherweise zwischen den Polen zufriedenstellend und akzeptabel – meist mit einer kleinen Nuance wie „insgesamt zufriedenstellend“ oder eher selten „gerade noch akzeptabel“ bzw. ein „ausgesprochen normales Jahr“ (2007). Dabei ist der Konzern ausgesprochen finanzstark, was sich vor allem in der hohen Innenfinanzierungskraft zeigt. So ist es der Oetker-Gruppe auch in schwierigen Jahren gelungen, das schwierige Reederei-Geschäft mit Hamburg-Süd, für das noch keine Lösung gefunden ist, aus dem Cashflow zu finanzieren.

Schröder steht auch für eine Generation höchst disziplinierter Arbeiter: Um sieben Uhr war er morgens spätestens im Büro und zumeist bis spät abends am Schreibtisch zu finden. Für den Konzernteil Bankhaus Lampe war Schröder seit einigen Jahren direkt zuständig. Die Privatbank ist auf klarem Wachstumskurs und will in der Verwaltung von Unternehmervermögen, vor allem aber im Corporate Finance-Geschäft, deutlich zulegen.

Seinem Nachfolger  Albert Christmann  hinterlässt Ernst F. Schröder nach 23 Jahren als Finanzchef nicht nur eine starke Bilanz, sondern auch tiefe Fußstapfen. Nach dem Ausstieg aus der Parfümeriekette Douglas, an der Oetker eine Minderheitsbeteiligung hielt, stehen die Zeichen auf Expansion und Zukäufen.
Indes: Für das Reedereigeschäft steht eine Lösung noch aus, die Fusionsverhandlungen mit Hapag-Lloyd liegen auf Eis. Der Wunschpartner verhandelt gerade über eine Fusion mit einem Wettbewerber aus Südamerika, während die drei Weltmarktführer in der Containerschifffahrt (Moeller-Maersk, CMA-CGM, MSC) gerade eine Allianz gebildet haben. Damit bleibt Hamburg Süd eine strategische Problemstellung, für die Schröders Nachfolger Christmann eine Lösung finden muss.

Für  die Zeit nach der aktiven Zeit wünscht sich Schröder vor allem  mehr Zeit: Wandern will er und weniger reisen. „Ich bin ja schon überall gewesen“, kokettiert der scheidende Finanzchef.

marc-christian.ollrog[at]finance-magazin.de

Info

Karriereverlauf
Ernst F. Schröder begann seine Karriere im Bielefelder Mutterhaus Oetker. Dann wechselt er an die Spitze der Töchter Henkell und Radeberger. 2004 wurde er Aufsichtsratschef bei Radeberger. Der promovierte Kaufmann war im Konzern für die Ressorts Lampe Bank, die Luxus-Hotels der Oetker-Gruppe („weitere Interessen“) und das  Finanzressort der Holding zuständig. Er ist Aufsichtsratsvorsitzender des MDax-Konzerns Gerry Weber aus dem westfälischen Halle unweit von Bielefeld. Auch nach seinem Rückzug ins Privatleben will er sich einige Mandate aufbewahren.