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Oetker: Designierter CFO Christmann muss Gas geben

Das Oetker-Topmanagement (von links): Richard Oetker, CFO Ernst F. Schröder und sein designierter Nachfolger Albert Christmann.
Oetker

Der designierte Oetker-CFO Albert Christmann tritt ein schweres Erbe an. Der 49-jährige, der am Jahresende das Finanzressort von Ernst F. Schröder übernehmen wird,  muss in seiner zukünftigen Funktion in der Bielefelder Holding, der Dr. August Oetker KG, in den nächsten Jahren das Wachstum ankurbeln, damit das ausgegebene, ambitionierte Unternehmensziel gelingt, den Gruppenumsatz von 11 Milliarden Euro in den nächsten Jahren zu verdoppeln.

Christmann ist ein Oetker-Eigengewächs und durchläuft eine typische Oetker-Karriere: d.h. komplett in der Gruppe. 1991 begann der promovierte Wirtschaftsingenieur in der Bielefelder Zentrale in der Abteilung Finanzen und Controlling. Anschließend ging er an die Spitze der Tochtergesellschaften Henkell und 2009 als Sprecher der Geschäftsführung zur Brausparte des Konzerns, der Radeberger-Gruppe.  Dort hat er nicht mit größeren Zukäufen von sich reden gemacht, sondern sich vielmehr mit weitgehend erfolgreichem Kosten- und Markenmanagement im schrumpfenden Biermarkt bei hohem Preisdruck bewährt.

Schwächelndes Sektgeschäft

Wenn Oetker den Umsatz wirklich verdoppeln soll, sind alle Sparten gefordert. In der Biersparte, die Christmann am besten kennt, erscheinen Zukäufe denkbar, um über Synergien im Einkauf und Vertrieb sowie die bessere Verhandlungsposition gegenüber den großen Handelsketten zu punkten. Ähnliches dürfte für das schwächelnde Sekt- und Alkoholikageschäft gelten, das seit längerem Marktanteile verliert. Doch auch unter Christmanns Führung waren die Oetker-Getränkesparten am M&A-Markt in den vergangenen Jahren sehr zurückhaltend. Die wichtigste Übernahme, der Kauf der Szene-Limonademarke Bionade im Jahr 2009, hat sich zudem als Fehlschlag erwiesen, das Geschäft kommt nicht in Gang.

Im  Lebensmittelgeschäft wird es vor allem darum gehen,  die starke Stellung im Markt für Tiefkühlpizzen zu behaupten. Dafür will Oetker jetzt in den USA Marktanteile gewinnen. Hier erscheinen größere Zukäufe wahrscheinlicher als im Getränkegeschäft.

Bankhaus Lampe will im Corporate Finance wachsen

Und Oetker will nicht nur im Lebensmittelgeschäft wachsen. Auch das Bankhaus Lampe, um das sich Ernst F. Schröder stets persönlich gekümmert  hat, soll deutlich wachsen und im Geschäft mit der Vermögensverwaltung sowie im Corporate-Finance-Geschäft mit Mittelstandskunden deutlich zulegen. Personelle Weichen wurden dabei schon mit der Verpflichtung der früheren Kapitalmarktexpertin der Commerzbank, Ute Gerbaulet, gestellt, ein neuer Marktauftritt wird vorbereitet.

Fraglos die größte Baustelle für Neu-CFO Christmann ist aber die Reederei Hamburg Süd, die annähernd 50 Prozent des Konzernumsatzes von 11 Milliarden Euro beisteuert. Das Problem der Überkapazitäten und niedrigen Frachtraten ist noch immer ungelöst. Zwar schlug sich Hamburg Süd meist besser als Hapag-Lloyd und schrieb auch im schwierigen Schiffahrtsjahr 2012  nach eigenen Angaben schwarze Zahlen. Jedoch könnten die beiden großen deutschen Reedereien gemeinsam eine Menge Synergien  heben und schlecht gebuchte Routen streichen. Die Fusionsgespräche sind jedoch wieder auf Eis gelegt worden. Knackpunkt war der Widerstand des Hapag-Lloyd-Miteigentümers Klaus-Michael Kühne. Dieser lief Sturm gegen eine Verringerung seines Einflusses zugunsten von Oetker in einem möglichen Gemeinschaftsunternehmen.

Diesen Stillstand bei den Fusionsverhandlungen zu überwinden und die Margen im Reedereigeschäft zu verbessern, dürfte eine der Kernaufgaben  für Christmann werden. Liquide Mittel stehen ihm dafür traditionell reichlich zur Verfügung. Der scheidende CFO Schröder bezifferte die Liquidität zuletzt auf rund 1 Milliarde Euro. Der Verkauf der 25,8-Prozent-Beteiligung an Douglas an den PE-Investor Advent International hat nochmal fast 400 Millionen Euro freigesetzt.

Mindestens dieser Betrag dürfte nun für Zukäufe zur Verfügung stehen, die Frage ist, wie viel genau die konservativ wirtschaftenden Familiengesellschafter für die M&A-Agenda freigeben – und zu welchen Bewertungen. Bislang bieten sich den Ostwestfalen jedoch kaum Gelegenheiten: „Der Markt ist fast zum Erliegen gekommen“, klagte Oetker-CFO Ernst F. Schröder unlängst. Christmann wird sich ins Zeug legen müssen, um die Schlagzahl der M&A-Abteilung von Oetker wieder zu erhöhen. Sonst droht er der CFO zu werden, der die Erwartungen des Familienunternehmens bremsen muss.

marc-christian.ollrog[at]finance-magazin.de