Darum sollte Private Equity in E-Ladesäulen investieren

Lange war die E-Ladesäulen-Branche nur ein Thema für Corporates aus dem Energie- und Öl & Gas-Sektor, vereinzelt auch für Venture-Capital-Investoren: Firmen aus dem Segment waren teils noch sehr jung, schrieben oft Verluste und benötigten eher einen Vertriebs-Multiplikator sowie Risikokapital anstelle von größer angelegten Private-Equity-Finanzierungen. Das schreckte Private Equity viele Jahre ab. Doch das hat sich jetzt geändert, findet Pierre Schneider, M&A-Berater bei Proventis und Spezialist für das Thema E-Mobilität: „Die E-Ladesäulen-Branche ist zu einer möglichen Spielwiese für Private Equity geworden.“ Aus Schneiders Sicht sprechen gleich mehrere Gründe dafür, dass sich Finanzinvestoren Unternehmen aus der E-Ladesäulen-Branche jetzt genauer anschauen sollten. Und es gibt auch bereits eine Reihe konkreter möglicher Targets, die sich als Plattform-Investment eignen könnten. Der erste Grund für einen Einstieg: Viele Unternehmen haben mittlerweile einen gewissen Reifegrad erreicht, und trotzdem ist immer noch viel Potential vorhanden. „Das Umsatzpotential ist riesig, die Wachstumsraten sind hoch zweistellig, und viele Firmen schreiben zum Teil schon kleine Gewinne oder befinden sich kurz vor dem ‚Break-even‘“, so Schneider. Private-Equity-Investor Waterland kaufte Heliox „Die E-Ladesäulen-Branche ist zu einer möglichen Spielwiese für Private Equity geworden“, findet Pierre Schneider, M&A Berater bei Proventis Partners. Quelle: Proventis Partners. Zweitens treffen an der E-Ladesäulen-Branche interessierte Finanzinvestoren auf einen extrem fragmentierten Markt mit bislang wenig Wettbewerbern bei M&A-Prozessen. „Mit weit über 100 Herstellern von E-Ladesäulen alleine in Deutschland ist das Konsolidierungspotential in der Branche enorm“, meint der M&A-Berater. Das Potential für die beliebte Buy-and-Build-Strategie erkannt hat zum Beispiel der Finanzinvestor Waterland, der bereits im Jahr 2018 bei dem niederländischen Schnellladeanbieter Heliox eingestiegen war und im vergangenen Juni mit Pre Power Developers ein erstes Add-on hinzu gekauft hat. Darüber hinaus sind aber kaum Private-Equity-Investoren in dem Markt unterwegs – und auch für Strategen wie beispielsweise die großen Autohersteller stehen Investitionen in E-Ladesäulen-Unternehmen nicht auf der Agenda. Relevanter sind die Autohersteller als potentielle Kunden oder Kooperationspartner eines möglichen PE-Portfoliounternehmens. Und es gibt noch einen netten Nebeneffekt: Die Ladesäulenspezialisten erhalten politischen Rückenwind von der Bundesregierung und der EU: Bis 2030 sollen 1 Million öffentliche E-Ladesäulen allein in Deutschland gebaut werden. Zudem wird die Installation von privaten E-Ladesäulen bezuschusst. Das befeuert den Aufwind in der Branche zusätzlich. Ladesäulen-Dienstleister sind spannend für Private Equity Doch nach welchen Unternehmen sollten Private-Equity-Investoren konkret Ausschau halten? „Nicht alle Unternehmen aus dem Bereich E-Ladesäulen sind für Finanzinvestoren interessant“, warnt Schneider. Die Branche lässt sich grob in drei Subsegmente unterteilen: Erstens gibt es Charge-Point-Manufacturer (CPM), also Hersteller von E-Ladesäulen. Dazu zählen beispielsweise der im Vorjahr an die Börse gegangene Anbieter Compleo sowie dessen Wettbewerber Mennekes aus dem Sauerland. Zweitens agieren in dem Markt Charge-Point-Operator (CPO), also Betreiber der Ladestationen, wie Allego oder Innogy. Zuletzt gibt es Electro-Mobility-Service-Provider (EMSP), die ertragreiche Services wie etwa das Abrechnen der Ladevorgänge anbieten. Beispiele hierfür sind die Unternehmen New Motion oder Maingau Energie. Fast alle Subsegmente bieten spannende Investment-Möglichkeiten für Private Equity – mit einer Ausnahme: „Finanzinvestoren müssen im Bereich CPO zwischen den Betreibern und den Besitzern der Ladesäulen unterscheiden“, empfiehlt Schneider. Während die Betreiber „asset-light“ das Netzwerk managen und sich daher für ein PE-Investment eignen, müssen die Besitzer die hohen Investitionskosten für die Infrastruktur schultern. Das bedeutet lange Amortisationszeiten. FINANCE-Themenseite Private Equity In die Private-Equity-Branche fließt so viel Geld wie nie. Das heizt den Wettbewerb der Finanzinvestoren um Zielunternehmen an. Lesen Sie mehr auf der FINANCE-Themenseite. Mehr zum Thema Differenzieren sollten Finanzinvestoren zudem zwischen E-Ladesäulen-Anbietern für den privaten und für den öffentlichen oder kommerziellen Gebrauch. Hier sieht M&A-Berater Schneider Unterschiede in der Attraktivität für Private Equity: „Ein Großteil der Ladevorgänge – etwa zwei Drittel – wird künftig zuhause oder bei der Arbeit stattfinden.“ Darüber hinaus sei der kommerzielle Bereich nicht mehr so stark fragmentiert, da sich dort bereits große Unternehmen wie Shell oder Engie eingekauft haben. Diese beiden Aspekte zusammengenommen machen E-Ladesäulen-Anbieter für die private Nutzung etwas interessanter für Finanzinvestoren. Nicht alle Ladesäulenhersteller sind Cashflow-positiv Nach dem Einstieg bei einem E-Ladesäulen-Unternehmen sollte ein Private-Equity-Investor allerdings nicht sofort der Verlockung von Add-on-Akquisitionen erliegen, sondern erst einmal noch seine Management-Expertise einbringen. „Viele Gründer sind als Tüftler gestartet und finden sich jetzt an der Spitze schnell wachsender Unternehmen wieder“, berichtet Schneider. Vielen Unternehmen fehle es daher an professionellen Strukturen. „Viele Gründer sind als Tüftler gestartet und finden sich jetzt in schnell wachsenden Start-ups wieder.“ Pierre Schneider Das für Finanzinvestoren so wichtige Skalierungspotential sieht der M&A-Berater bei der Automatisierung der Herstellungsprozesse: Durch höhere Produktionsraten können die Stückkosten von E-Ladesäulen stark gesenkt werden. Es gibt allerdings einen Haken bei Investments in die E-Ladesäulen-Branche: Sie scheiden als Übernahmeziel für Finanzinvestoren aus, deren Investmentkriterium ein nachhaltig positiver Cashflow ist. „Das ist noch nicht bei allen Unternehmen der Fall und hat die Investoren bislang abgeschreckt“, gibt Schneider zu. Dieser Umstand erschwere auch die Bewertung dieser Unternehmen. Die Investment Cases sind also eher etwas für „Growth Capital“ denn für standardisierte Midmarket-Buy-outs. Stimmen Sie der Aussage zu, dass in der E-Ladesäulen-Branche spannende Investment-Cases für Private Equity zu finden sind? E-Ladesäulenhersteller bis zu 10x Umsatz wert Der M&A-Berater sieht in den Cashflow-Profilen jedoch keinen Hinderungsgrund für ein Investment – und wirbt mit den Renditechancen: „Ein Money-Multiple von 2,5x bis 3x ist mindestens machbar.“ Bei den Bewertungen könne man sich an der Peer-Group orientieren. Der börsennotierte Anbieter Compleo bringt derzeit ein Umsatz-Multiple von 9x auf die Waage und hat seinen kleineren Konkurrenten Wallbe Ende April für das 3,2-fache des Umsatzes übernommen. Grundsätzlich seien rechnerisch Umsatz-Multiples zwischen 5x bis 10x realistisch, berichtet Schneider, „wenngleich die Bewertung in der Regel auf Basis der Discounted Cashflows aus dem Business Plan erfolgt“. FINANCE-Multiples Multiples To Go Ihre Eintrittskarte in die Welt der Unternehmensbewertung Mehr erfahren Hohe Wachstumsraten, ein stark fragmentierter Markt mit viel Buy-and-Build-Potential, aber zum Teil noch negative Cashflows: Ein Investment in einen E-Ladesäulen-Anbieter ist nicht ohne Risiko. Doch Marktexperte Schneider warnt Finanzinvestoren davor, sich das Geschehen zu lange von der Seitenlinie aus anzuschauen. Schon bald könne die Deal-Opportunität vorüber ziehen, wenn die Private-Equity-Branche als Ganzes erst einmal auf das E-Ladesäulengeschäft aufmerksam geworden sei. „Wenn man mitspielen möchte, muss man jetzt einsteigen“, postuliert der M&A-Experte. eva.brendel[at]finance-magazin.de Info Infobox Pierre Schneider ist M&A-Berater bei Proventis Partners und Branchenexperte für die Sektoren Energy, Sustainability und Industrials. Schneider ist Co-Autor der 2020 erschienen Studie „Proventis Partners-Market Insights: EV Charging Infrastructure in Europe“. Info Noch mehr Hintergrundinformationen zu Finanzinvestoren finden Sie auf der FINANCE-Themenseite Private Equity. In weiteren Artikeln beleuchten wir, weshalb die Branchen Heizung, Bau, Food und Chemie für Private Equity spannend sind.

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