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Ein Scheich als Retter von RWE?

RWE steckt tief in der Krise - rettet jetzt ein Scheich den Konzern?
dpa/picture alliance

RWE prüft den Verkauf von Anteilen an einen arabischen Investor. Der Interessent „ist schon vor einigen Monaten auf uns zugekommen“, sagte eine Konzernsprecherin zu FINANCE. „Wir prüfen verschiedene Möglichkeiten der Zusammenarbeit“, so die Sprecherin weiter. Damit könnte eine Kooperation gemeint sein – oder eine Beteiligung des Investors an dem zweitgrößten deutschen Versorger.

Bloomberg hatte berichtet, dass eine Gruppe um Abu Dhabis Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan überlege, sich zu 10 Prozent an RWE zu beteiligen. Nachdem die RWE-Aktie am Mittwoch zwischenzeitlich um mehr als 5 Prozent in die Höhe geschossen war, hatte Sprecherin Jeschke die Gerüchte erstmals kommentiert. Ob der Scheich von Abu Dhabi tatsächlich der fragliche Investor ist, ließ sie dabei offen. Er selbst gab bisher keinen Kommentar zu den Vermutungen ab – auch gegenüber FINANCE reagierte er nicht auf Anfragen.

RWE kann frisches Eigenkapital gut gebrauchen

Das Investment wäre nach der aktuellen Marktkapitalisierung von RWE 1,5 Milliarden Euro wert, und es ist offensichtlich, dass  der kriselnde Energieriese eine Kapitalspritze gut gebrauchen könnte – die Nettoschulden haben sich im vergangenen Jahr auf 8,5 Milliarden Euro belaufen.

RWE ächzt, wie auch Deutschlands größter Stromversorger Eon, unter den Folgen der Energiewende: Der Betrieb von Kohle- und Gaskraftwerken lohnt sich kaum noch, weil der Ausbau erneuerbarer Energien den Strompreis im Großhandel in den Keller gedrückt hat. Gleichzeitig treiben die immer weiter fallenden Rechnungszinsen die immensen Rückstelllungen für Pensionen und nukleare Altlasten in die Höhe. Während die Nettofinanzschulden 2014 um 1,8 Milliarden Euro zurückgingen, nahmen die Pensions- und Nuklearrückstellungen von RWE um 1,6 Milliarden auf 18,2 Milliarden Euro zu. Alles zusammengerechnet stiegen 2014 die Nettoschulden des RWE-Konzerns sogar leicht von 30,7 auf 31,0 Milliarden Euro an, obwohl der Energieriese 1 Milliarde Euro aus Asset-Verkäufen erlöste und 5,6 Milliarden Euro Cashflow erwirtschaftete.

RWE-Chef Terium will den Konzern nicht zerschlagen

RWE-Konkurrent Eon begegnet der Krise mit einer Konzernaufspaltung: Die Düsseldorfer wollen ihre Atom-, Gas- und Kohlekraftwerke im Rahmen eines Spin-offs 2016 an die Börse bringen. Analysten haben sich zum Teil skeptisch angesichts dieses radikalen Schrittes gezeigt – eine Art „Bad Bank“ für konventionelle Energieaufzeichnung wolle Eon erzeugen, hieß es.

RWE hat diese Möglichkeit laut CEO Peter Terium auch zwischenzeitlich erwogen, stattdessen aber einen anderen Weg eingeschlagen: Gerade ist der Konzern dabei, seine Öl- und Gasfördertochter Dea an den russischen Milliardär Michail Fridman loszuwerden  und dafür gut 5 Milliarden Euro  einzustreichen. Hinzu kommt ein striktes Spar- und Stellenstreichungsprogramm.  Doch die Trendwende bleibt im Kerngeschäft bisher aus: Von 2013 auf 2014 sank das betriebliche Ergebnis von 5,4 auf 4,0 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr rechnen die Essener mit einem weiteren Rückgang auf 3,6 bis 3,9 Milliarden Euro.

Blockieren die Kommunen eine Kapitalerhöhung?

Wichtig für die weitere Entwicklung der Kapitalstruktur dürfte auch die Haltung der Kommunen sein. Die kommunalen Anteilseigner –  Städte, Kreise, Stadtwerke und Sparkassen – halten zusammen einen Anteil von rund 24 Prozent an RWE und haben die Meldungen über den möglichen Einstieg eines neuen Investors zunächst nicht kommentiert. Ihrem Einfluss würde ein neuer starker Anteilseigner in jedem Fall schaden: Eine Kapitalerhöhung würde nicht nur ihre Anteile verwässern, sondern hätte womöglich auch Folgen für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Dort  haben die Kommunen zurzeit vier von 20 Sitzen, um ihre Interessen durchzusetzen.

So kommentiert der Verband der kommunalen RWE-Aktionäre, er sehe das Interesse aus dem arabische Raum zwar „als positives Zeichen“. Eine mögliche Kapitalerhöhung halten die Kommunen jedoch für „höchst problematisch“, so eine Vertreterin des Verbands gegenüber FINANCE. „Da die Kommunen als dezentrale, regionale Partner die Energiewende zusammen mit RWE vorantreiben wollen, wollen sie bei RWE geschlossen ‚an Bord‘ bleiben“.

Ohne die Kommunen kann RWE-CFO Bernhard Günther nicht viel unternehmen, um die Bilanzrelationen zu verbessern. Zwar hat RWE sich im vergangenen Jahr von der Hauptversammlung das Recht geben lassen, bis zu 123 Millionen neue Aktien auszugeben und so das Kapital um rund 20 Prozent zu erhöhen. Aber dies würde die Zustimmung des Aufsichtsrats erfordern.

Diese Gemengelage weckt Zweifel an einer Kapitalerhöhung. Wahrscheinlicher erscheint, dass die Essener ein Joint Venture mit Abu Dhabi bilden, um in den arabischen Raum vorzudringen – ein erklärtes strategisches Ziel von RWE-Chef Terium. Ohne Kapitalspritze würde das an der finanziellen Misere von RWE kurzfristig aber nichts ändern.

florian.bamberg[at]finance-magazin.de